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Kantaki 03 - Der Zeitkrieg

Kantaki 03 - Der Zeitkrieg

Titel: Kantaki 03 - Der Zeitkrieg
Autoren: Andreas Brandhorst
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Kerberos verlassen hatte und in die Vergangenheit gesprungen war, zum Null, um die Temporalen – beziehungsweise die Eternen, wie sie sich selbst nannten – aus ihrem Zeitkerker zu befreien. Agoron, der Temporale, der ihn zwar verjüngt, aber auch benutzt hatte, von Anfang an … Der freie Rest Valdorians hasste ihn fast ebenso sehr wie Lidia.
    Erste Formen bildeten sich in der Dunkelheit: Stangen, Quadrate, Rechtecke, Pyramiden, Polyeder … Ihre unterschiedlichen Farben drängten die Finsternis zurück und wiesen wie zuvor auf Kompatibilitäten und Unvereinbarkeiten hin. Anschlusspunkte glühten und blinkten wie Positionslichter, warteten darauf, miteinander verbunden zu werden.
    Ein neues Spiel beginnt. Olkins leise Stimme kam aus einer anderen Sphäre, aus dem Makrokosmos jenseits des Spiels. Mit Händen, die Valdorian nicht sehen konnte, stellte er erste Verbindungen her. Die einzelnen Komponenten setzten sich zu einem Navigationsgerüst zusammen, das die Bewegungen bestimmte, nicht nur die des Omnivors – der jetzt viel größer zu sein schien als während der letzten wachen Phase Valdorians –, sondern auch die Bewegungsmuster der anderen Spieler. Valdorian wusste nicht, wie viele es waren. Jeder von ihnen kam einem Zahnrad im großen Mechanismus des Omnivors gleich, der ihm Mobilität verlieh.
    Valdorians Aufmerksamkeit blieb auf die bunten Formen beschränkt, und während er sie immer schneller zusammensetzte, bemerkte er einen Unterschied. Wie zuvor gaben die Farben über Realitätsdichte Auskunft, aber seine Aufgabe als Wegfinder, als Pilot für den Omnivor, galt nicht mehr einem Ort in Raum und Zeit, sondern unterschiedlichen … Wirklichkeitsschichten. Etwas schien durcheinander geraten zu sein. Wo er auf dem Weg zum Null Zeitschächte und Kapillaren gesehen hatte, erstreckten sich jetzt zerfetzte Gespinste, deren bunte Vielfalt dem Chaos eine zusätzliche Dimension gab.
    »Was ist geschehen?«
    Finde das Zentrum des Widerstands, wies Olkin ihn an.
    »Welchen Widerstands?«
    Das fremde Etwas in Valdorian dehnte sich aus, gewann dabei die falsche Vertrautheit eigener Gedanken und Gefühle. Es teilte sein Ich: Die eine Hälfte blieb im Navigationsgerüst und erweiterte es; die andere schwebte inmitten der Gespinste, außerhalb des Omnivors.
    Die zweite Hälfte von Valdorians Selbst enthielt jenes Fragment, das sich bisher der geistigen Versklavung entzogen hatte. Es schöpfte neue Hoffnung und begann damit, Kraft aufzunehmen, ganz vorsichtig, um keine Aufmerksamkeit zu erregen.
    Valdorian bekam keine Antwort auf seine Frage. Er wusste noch immer nicht, was es mit dem »Zentrum des Widerstands« auf sich hatte, aber etwas in ihm wurde trotzdem aktiv und berührte die Fäden der Gespinste, nahm Aroma und Textur der Farben auf. Raue Bitterkeit an einer Stelle, glatte Süße an einer anderen … Die Sinneseindrücke vermischten sich zu einem sensorischen Amalgam, das trotz seiner Absurdität Sinn ergab: Irgendwie verstand er es, die auf ihn einströmenden Informationen zu deuten, und er lernte schnell, Wichtiges von Unwichtigem zu trennen. Um braune Fäden kümmerte er sich nicht mehr, denn sie waren für seine Suche irrelevant. Gelben und orangefarbenen schenkte er nach einigen ersten Kontakten ebenfalls keine Beachtung mehr, denn sie erwiesen sich als verändert … Ein lavendelfarbener Strang weckte sein Interesse, und Valdorian befühlte ihn mit geistigen Fingern. Zwar war er dünn, doch lichtjahrtief in seinem Inneren steckte etwas Unverändertes …
    Verschiedene Welten. Die Fäden der vielen Gespinste enthielten Realitäten, die sich durch ihr Ausmaß an Manipulation unterschieden, und die Farben boten einen Hinweis darauf. Wer hatte die Wirklichkeiten manipuliert?, fragte sich Valdorian. Und wo entstanden die Gespinste? Sie hatten vorher nicht existiert.
    Vorher …
    In Valdorians freiem Selbst reifte eine intuitive Erkenntnis heran. Der Zeitkrieg, dachte er. Der zweite Zeitkrieg … Er ist verloren. Er hat stattgefunden und die Temporalen haben ihn gewonnen.
    Was sind das für Gedanken?, flüsterte Olkin, und in seiner Stimme hörte Valdorian die Gehorsam verlangende Schärfe. Woher kommen sie?
    Die immateriellen Hände des Suchenden berührten einen blauen Strang und fühlten … korrigierte Veränderung. Der Sieg war nicht vollständig. Es gab jemanden, der den Zeitmanipulationen trotzte und nach wie vor Widerstand leistete.
    Valdorian spürte noch etwas anderes. Von manchen Stellen bestimmter
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