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Kanonenfutter

Kanonenfutter

Titel: Kanonenfutter
Autoren: Alexander Kent
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Seine Stimme klang vor Anstrengung rauh.
    Dumaresq sagte zu Palliser: »Gott strafe ihn.«
    Palliser antwortete ruhig: »Vielleicht will er Sie nur wütend machen, Sir?«
    »Mich provozieren?« Dumaresqs Ärger verflog. »Sie könnten recht haben. Himmel und Hölle, Mr. Palliser, Sie gehören ins Parlament und nicht in die Marine.«
    Seekadett Jury stand, die Hände auf dem Rücken, und beobachtete das ferne Schiff. Den Hut hatte er so schief über die Augen gezogen, wie er es bei Bolitho gesehen hatte.
    Er fragte plötzlich: »Werden sie versuchen, uns anzugreifen, Sir?«
    »Wahrscheinlich. Sie sind uns zahlenmäßig überlegen. Nach dem, was wir auf der Insel gesehen haben, schätze ich, daß es zehn zu eins für sie steht.« Er sah Jurys Bestürzung und setzte leichthin hinzu: »Aber der Kommandant wird sie sich vom Leibe halten und sie langsam zermürben.«
    Jury wandte ein: »Die beiden anderen Schiffe könnten gefährlich werden.«
    »Der Toppsegelschoner vielleicht. Der andere ist zu leicht gebaut, um ein Nahgefecht mit uns zu riskieren.«
    Bolitho überlegte, wie es jetzt ohne ihre verzweifelte Aktion auf der Insel um sie stünde. War das erst gestern gewesen? Es wären sechs Schoner gewesen statt zwei, und die vierundvierzig Kanonen tragende S an Augustin hätte Zeit gehabt, noch zusätzliche Kanonen an Bord zu montieren, zum Beispiel die von der Hügelbatterie. Aber wie es auch ausging, der gekaperte Schoner würde Dumaresqs Bericht zum Admiral nach Antigua bringen. Für sie vielleicht zu spät, aber Garrick wü rde für den Rest seines Lebens ein gejagter Mann bleiben. Wie klar der Himmel war. Und es war noch nicht zu heiß. Die See sah sanft und einladend aus. Bolitho versuchte, nicht an damals zu denken, als er sich ausgemalt hatte, wie er mit Aurora im Wasser herumtollen und sie beide für immer glücklich miteinander leben würden.
    Dumaresq sagte sehr laut: »Sie werden versuchen, uns zu entmasten und uns dann zu entern. Außerdem ist anzunehmen, daß der größte Schoner mit einigen schweren Kanonen bestückt ist. Darum muß jede unserer Kugeln sitzen. Denkt daran, daß drüben viele Kanoniere und Matrosen gefangene Spanier sind. Sie sind zwar von Garrick eingeschüchtert, werden aber kaum Lust haben, von uns zu Brei zerstampft zu werden.«
    Seine Worte riefen zustimmendes Gemurmel bei den halbnackten Geschützbedienungen hervor.
    Plötzlich hörten sie abgehacktes Geschützfeuer. Als Bolitho sich umwandte, sah er, wie die Steuerbordkanonen der San Augustin lange, orangefarbene Zungen ausspien, während Pulverqualm über das Schiff hinwegzog und die Insel dahinter teilweise verdeckte.
    Die See schäumte und schoß himmelwärts, als ob sie vulkanisch aus der Tiefe hochgetrieben würde und nicht durch die Kanonenkugeln des stolzen Schiffes mit den roten Kreuzen auf seinen Großsegeln. Stockdale sagte: »Ungenau.«
    Einige Seeleute drohten dem Feind mit den Fäusten, obwohl das niemand auf die weite Entfernung sehen konnte.
    Rhodes schlenderte nach achtern. Sein schöner Säbel paßte schlecht zu seiner abgetragenen Borduniform. Er meinte: »Er will sie wohl nur beschäftigen, was, Dick?«
    Bolitho nickte. Rhodes hatte sicher recht, aber trotzdem ging von dem spanischen Schiff etwas sehr Bedrohliches aus, vielleicht wegen seiner ausgefallenen Schönheit, der Pracht seines vergoldeten Schnitzwe rks, das selbst auf diese Entfernung zu erkennen war.
    Er sagte: »Wenn bloß Wind aufkommen wollte!«
    Rhodes zuckte die Achseln. »Wenn wir bloß in Plymouth wären!« Der spanische Koloß spie eine weitere Breitseite aus, und einige Kugeln sprangen – scheinbar endlos lange – über die Wasseroberfläche.
    Das Hohngeschrei war diesmal noch lauter, aber Bolitho bemerkte, daß einige der älteren Geschützführer besorgt dreinschauten. Das Eisen des Feindes fiel kurz und war auch seitlich nicht gut gerichtet, aber da beide Schiffe sich auf konvergierenden Kursen langsam aufeinander zubewegten, würde jede Salve gefährlicher werden.
    Er dachte an Bulkley und seine Gehilfen, wie sie im halbdunklen Orlopdeck standen, die blanken Instrumente vor sich, dazu die Branntweinflasche, die den Schmerz betäuben, und den Lederknebel, der verhindern sollte, daß der Patient sich die Zunge durchbiß, wenn die Säge des Chirurgen ihre Arbeit tat.
    Und er dachte an Spillane in der Arrestzelle unterhalb der Wasserlinie. Was mochte er empfinden, wenn der Geschützdonner gegen die Bordwände anrollte?
    »Batteriedeck, Achtung!«
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