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Kannst du mir verzeihen

Kannst du mir verzeihen

Titel: Kannst du mir verzeihen
Autoren: Sarah Harvey
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Zwischenzeit nach der Wasserwaage zu gucken, weil du ein paar ziemlich schiefe Regale hättest ... Ich weiß, ich weiß, jetzt, wo ich es dir erzähle, merke ich selbst, dass ich Volltrottel auf ihn hereingefallen bin. Aber ich stehe auch noch ein bisschen unter Schock von der Sache mit deiner Großmutter ... und davon, dass ich dich wiedersehe ... Aber ... Es ist schön, dich wiederzusehen, Hanny. Ich freue mich.«
    Sie antwortete nicht. Er hatte so gehofft, etwas von seiner eigenen Wiedersehensfreude auch in ihrem Blick zu finden, aber sie sah ihn einfach nur weiter an und biss sich so fest auf die Unterlippe, dass diese ganz weiß wurde.
    Â»Sieht also ganz so aus, als würden wir hier festsitzen, bis wir wieder miteinander reden.«
    Â»Wenigstens sind wir nicht an die Stühle gefesselt«, brachte sie schließlich hervor. »Aber Heizung und Kuchen kämen jetzt eigentlich nicht schlecht.«
    Das verstand er natürlich überhaupt nicht.
    Verwirrt sah er sie an.
    Â»Wie bitte?«
    Â»Nichts. Gar nichts ...« Sie senkte den Blick.
    Mit einem Mal war ihr, als würde sie gleich in Ohnmacht fallen wie eine in einem eng geschnürten Korsett steckende Heldin aus einem viktorianischen Roman. Schnell setzte sie sich auf den Drehstuhl.
    Drehte von links nach rechts, von rechts nach links, den Blick zu Boden gerichtet. Dann auf einmal sah sie wieder zu ihm auf, und zwar mit so festem, forschendem Blick, wie sie es bisher nicht fertiggebracht hatte.
    Er erwiderte ihren Blick, ihre plötzliche offenkundige Musterung ließ ihn verstummen.
    Sie sah ihn heute nicht zum ersten Mal seit jenem verhängnisvollen Abend. Sie hatte ihn mehrfach dabei beobachtet, wie er sich mit einem Geschenk in der Hand zu ihrer Haustür schlich. Zuletzt an diesem Morgen, mit Nancy auf dem Schoß. Aus der Nähe brach es ihr fast das Herz, ihn zu sehen.
    Sie sahen einander eine gefühlte Ewigkeit in die Augen, versuchten, im Blick des anderen das zu lesen, was er nicht aussprach.
    Als er es nicht mehr aushielt, senkte er den Blick und seufzte:
    Â»Ach, Hanny, was machen wir denn für einen Blödsinn?«
    Â»Wir sitzen in einer kalten Garage«, antwortete sie schlagfertig.
    Â»Du weißt genau, was ich meine ... Was ist mit uns passiert?«
    Â»Wir haben uns übertölpeln lassen und sind jetzt eingesperrt.«
    Er schüttelte den Kopf.
    Â»Du bist doch sonst nicht so spitzfindig ...«
    Â»Ich bin insgesamt nicht mehr wie sonst.«
    Er sah wieder zu ihr auf.
    Â»Alles ist anders.« Sie sagte das mit einem Nachdruck, als würde sie ihm einen Räumungsbefehl an die Brust nageln.
    Er wusste nicht, was er sagen sollte. Ihm war klar, ein falsches Wort konnte jetzt alles zerstören. Und wenn er darauf warten würde, dass sie wieder etwas sagte, würden sie womöglich noch an Silvester hier sitzen.
    Als er vorhin in die Garage gekommen und Magnus nicht da gewesen war, als Jai ihn bat, nach irgendetwas zu suchen, nur damit er blieb, wo er war, war ihm natürlich der Gedanke gekommen, dass Jai etwas in dieser Art vorhatte.
    Und er hatte es sogar gehofft. Und sich deshalb Zeit gelassen, die Wasserwaage zu suchen, von der er genau wusste, dass sie gar nicht gebraucht wurde. Und er war dankbar für Jais kriminelle Energie.
    Statt ihr nun nochmals seine Version zu präsentieren, beschloss er, sich ihre anzuhören.
    Â»Warum willst du nicht mit mir reden, Hanny? Bitte, Hanny, rede mit mir!« Dann schwieg er und wartete, voll und ganz darauf eingestellt, nichts zu sagen und nur zuzuhören.
    Aber sie hatte immer noch keine Antwort.
    Â»Du redest also immer noch nicht mit mir.« Er lachte kurz und bitter auf. Seine Stimme klang brüchig. »Und ich hätte dir so viel zu sagen ...«
    Erst da fiel ihr ein, was sie antworten musste. Es ging nicht darum, dass sie nicht mit ihm reden wollte. Die ganze letzte Woche war das Problem vielmehr gewesen, dass sie nicht wusste, was sie sagen sollte. Oder vielmehr, wie sie es ihm sagen sollte ...
    Und ihr fehlten immer noch die Worte.
    Jetzt sah sie zu ihm auf, lächelte und schüttelte ein klein wenig vorwurfsvoll den Kopf, als ihr wieder etwas einfiel.
    Â»Du hast ein Gemälde gestohlen ...«
    Das war zwar nicht die Antwort, die er sich erhofft hatte, aber immerhin sprach sie endlich.
    Er lachte, ließ den Kopf hängen, zuckte die Achseln.
    Â»Was tut man nicht
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