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Kann denn Fado fade sein?

Kann denn Fado fade sein?

Titel: Kann denn Fado fade sein?
Autoren: Christina Zacker
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taugen und welche gewohnten Markenwaren man in Portugal nicht kaufen kann. Und immer wieder: »Die haben doch keine Ahnung hier, die sollten mal nach Deutschland kommen!«
    Es gibt jene, die vor Jahrzehnten als Kinder oder Jugendliche hier gelebt haben, vielleicht die deutsche Schule in Lissabon besucht haben, und deshalb genau wissen, dass es selbst fünfundzwanzig, dreißig, vierzig oder mehr Jahre später genauso zugeht wie in der guten alten Zeit. Wehe, man widerspricht ihnen. Wehe, man hat etwas anderes gelernt oder gar persönlich erlebt. Das kann nicht sein, weil es nicht sein darf.
    Es gibt aber auch solche, die seit vielen Jahren nach Portugal reisen, sich überall im Land umgeschaut haben, die Sprache beherrschen und wie ich vom »Portugalvirus« befallen sind. Die sich in Land und Leute verliebt haben, die Menschen so akzeptieren, wie sie sind, mit allen liebenswerten und weniger angenehmen Seiten. Die neugierig auf Neues sind und die auch beim hundertsten Besuch in Lissabon noch Unbekanntes entdecken. Selbst in Vierteln oder Gassen, durch die sie schon so viele Male gestreift sind. Sie freuen sich darüber und lassen andere gern an ihren Kenntnissen teilhaben. Von denen stammt dann so mancher Geheimtipp, den nicht einmal António kennt.
    Es gibt die »alten Hasen«, die eingesessenen Residenten, die schon Jahre, oft Jahrzehnte im Land leben, und deshalb natürlich ihre Erfahrungen gemacht haben: Sie wissen, wo es langgeht. Sie kennen alle Tricks, mit denen man dem portugiesischen Amtsschimmel aus dem Weg geht, mit denen man seine gewachsenen Beziehungen, die hier cunhas heißen, nutzt, um sich das Leben zu erleichtern. Sie sehen manchmal ein bisschen von oben herab auf die Neuankömmlinge, die (noch) von allem so begeistert sind. Sie sagen: »Erst wenn du einen Winter in Portugal erlebt und überlebt hast, kannst du mitreden! Erst dann bist du ein echter residente !«
    Was sie nur immer mit ihrem Winter haben? Ich begreife es nicht.
    Der Gegenpart der »alten Hasen« sind die »Träumerlis«: Sie glauben, das Leben in Portugal sei wie im Paradies. Sie weisen darauf hin, dass eine bica nur 50 Cent kostet, das Glas Wein für 70 Cent und ein imperial für unter einem Euro zu haben sind und das Tagesgericht in so manchem Restaurant schon für fünf Euro. Und erst die Zigaretten! Viel billiger als in Deutschland. Leider vergessen sie, dass man von Kaffee, Wein und Zigaretten nicht unbedingt leben kann. Dass man ein Dach überm Kopf braucht, für das man das ganze Jahr Miete bezahlen muss – nicht nur in den Sommermonaten, in denen man sich sein Geld möglicherweise leicht mit Touristen und am Strand verdienen kann. Dass man vielleicht ein Auto braucht, tanken muss. Überhaupt ein bisschen mehr als nur am Existenzminimum leben will.
    Bin ich ein »Träumerli«?
    Ich konnte mir nicht vorstellen, dass es in Cascais und Umgebung ganz normale Häuser zu mieten gibt, die wenig Besonderes zu bieten haben und dennoch mehr als 3000 Euro Miete kosten. Ohne Nebenkosten. Ich dachte, da hätte sich jemand verschrieben und vielleicht noch DM statt Euro gemeint. Und selbst das hätte ich ziemlich teuer gefunden für so manche eher heruntergekommene Behausung, die zur Miete angeboten wird.
    Natürlich habe ich genauso wenig geglaubt, dass der Winter in Portugal kalt ist. Dass es in Wohnung oder Haus kälter sein wird als draußen. Ich hielt das für abschreckende Äußerungen von Leuten, die den »Träumerlis« eben ihre Träume austreiben wollten.
    Eines allerdings macht mich dann doch stutzig: Warum laufen die Portugiesen spätestens ab São Martinho, dem Martinstag, also dem 11. November, in Winterkleidung herum? Völlig unabhängig davon, wie das Wetter ist. Da kann die Sonne vom Himmel brennen und sich kein Wölkchen am blauschimmernden Horizont zeigen – die Damen zerren den edlen Pelzmantel aus dem Schrank, die Herren ziehen dicke Anoraks an, die Kinder tragen Winterstiefel, Schal und Mütze. Alles nur, weil jetzt »offiziell« Winter ist?
    Richtig kalt wird es, zumindest tagsüber, doch fast nie. Es sollen wohl in den vergangenen Jahrzehnten mal ein paar Schneeflocken in der Stadt gefallen sein. Die Temperatur sinkt im Großraum Lissabon jedoch kaum unter zehn Grad (plus, wohlgemerkt!). Auch nachts nicht. Aber richtig Schnee gibt es doch wohl nur in der Serra da Estrela.
    Es soll – so berichten António und der portugiesische Wetterdienst – allerdings Regionen in Portugal geben, die durchaus Null- oder sogar
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