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Kalle Blomquist

Kalle Blomquist

Titel: Kalle Blomquist
Autoren: Astrid Lindgren
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wahr«, sagte Eva-Lotte hitzig. »Dieses Land ist das beste von allen.«
    Onkel Einar legte den Kopf auf die Seite und schaute Eva-Lotte an.
    »Wie du gewachsen bist, kleine Eva-Lotte«, sagte er und ließ gleich darauf wieder sein wieherndes Gelächter hören. Eva-Lotte fing bereits an, es herzlich zu verabscheuen.
    »Die Jungen können dir damit helfen«, sagte Frau Lisander mit einem Nicken zum Reisekoffer hin.
    »Nee, nee, den trage ich lieber selbst«, sagte Onkel Einar.
    In dieser Nacht wurde Kalle durch eine Mücke geweckt, die ihn in die Stirn gestochen hatte. Und da er nun ohnehin wach war, hielt er es für klug, nachzusehen, ob vielleicht einige Schurken und Banditen ihr verbrecherisches Spiel in der Nähe trieben.
    Zuerst sah er durch das Fenster auf die Hauptstraße hinaus. Da war alles öde und leer. Dann ging er ans andere Fenster und guckte durch die Gardine in Bäckermeisters Garten. Das Haus lag dunkel und schlafend zwischen blühenden Apfelbäumen.
    Nur im Giebelzimmer war Licht. Und gegen die Rollgardine zeichnete sich der dunkle Schatten eines Mannes ab.
    »Onkel Einar, ph, wie blöd der ist«, sagte Kalle für sich.
    Der dunkle Schatten wanderte hin und her, hin und her ohne Unterbrechung. Er war sicher eine unruhige Natur, der Onkel Einar! »Warum trabt er bloß so herum?« dachte Kalle, und im nächsten Augenblick schoß er wieder in sein eigenes schönes Bett hinein.
    Schon um acht Uhr am Montagmorgen hörte er Anders’
    Pfeifen vor dem Fenster. Sie hatten ein gemeinsames Signal, Anders und er und Eva-Lotte. Kalle schlüpfte schnell in seine Sachen. Ein neuer, herrlicher Ferientag lag vor ihm, ohne Sorgen, ohne Schule und ohne andere Pflichten, als die Erdbeeren zu gießen und ein Auge auf eventuelle Mörder in der Umgebung zu haben. Nichts davon war besonders anstrengend.
    Das Wetter war strahlend. Kalle trank ein Glas Milch und aß ein Butterbrot und stürzte zur Tür, bevor seine Mutter dazu kam, auch nur die Hälfte der Ermahnungen vorzubringen, die sie ihm gleichzeitig mit dem Frühstück zu servieren beabsichtigt hatte.

    Jetzt galt es nur, Eva-Lotte herauszubekommen. Aus irgendeinem Anlaß fanden Kalle und Anders es nicht ganz passend, hineinzugehen und direkt nach ihr zu fragen. Strenggenommen war es ja nicht einmal passend, daß sie mit einem Mädchen spielten. Aber da war nichts zu machen. Alles war viel lustiger, wenn Eva-Lotte mit dabei war. Sie war übrigens nicht diejenige, die vor einem Spaß zurückscheute. Sie ging ebenso drauflos und war ebenso flink wie irgendein Junge. Als der Wasserturm um-gebaut wurde, war sie auf das Holzgerüst ebenso hoch raufge-klettert wie Anders und Kalle, und als Schutzmann Björk sie bei ihrem Unternehmen entdeckte und ihnen zurief, daß es wohl am sichersten wäre, augenblicklich herunterzukommen, setzte sie sich ruhig ganz vorn auf ein Brett, wo jeder andere schwind-lig geworden wäre, und sagte lachend:
    »Kommen Sie rauf und holen Sie uns!«
    Sie hatte wohl nicht gedacht, daß Schutzmann Björk sie beim Wort nehmen würde. Aber Schutzmann Björk war der Beste im Sportklub, und es kostete ihn nicht viele Sekunden, zu Eva-Lotte heraufzukommen.
    »Bitte deinen Vater, daß er dir ein Trapez kauft, an dem du herumklettern kannst«, sagte er. »Denn wenn du von dem runterfällst, hast du wenigstens einigermaßen Aussicht, dir nicht den Hals zu brechen.«
    Dann nahm er sie kräftig um den Leib und kletterte mit ihr hinunter. Anders und Kalle hatten sich schon mit bemerkenswerter Geschwindigkeit hinunterbegeben. Seitdem mochten sie Schutzmann Björk gern. Und – wie gesagt – sie mochten Eva-Lotte auch gern, ganz abgesehen davon, daß sie beide sich mit ihr verheiraten wollten.
    »Denn das war ja wirklich mutig von ihr«, sagte Anders, »so etwas zu einem Polizisten zu sagen. Das hätten nicht viele Mädels getan. Viele Jungens übrigens auch nicht!«
    Und an dem dunklen Herbstabend, als sie vor dem Haus des giftigen Kontorchefs, der immer so böse zu seinem Hund war, auf der Harzgeige spielten, da war Eva-Lotte vor seinem Fenster stehengeblieben und hatte mit ihrem Harzstück auf dem Draht gerieben, bis der Kontorchef herausgelaufen kam und sie beinahe auf frischer Tat ertappt hätte. Aber Eva-Lotte war schnell über den Zaun geschossen und in die Bootsgasse verschwunden, wo Anders und Kalle auf sie warteten. Nein, an Eva-Lotte war nichts auszusetzen, darüber waren sich Anders und Kalle einig.
    Anders ließ einen neuen Pfiff ertönen in der
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