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Kalle Blomquist

Kalle Blomquist

Titel: Kalle Blomquist
Autoren: Astrid Lindgren
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Punkt in einem blauen Meer, das mit vielen ähnlichen Punkten angefüllt ist. Irgendwo, weit fort, ist gerade jetzt ein Flugzeug gestartet, um die kleine Insel, die dort zwischen vielen ähnlichen im Meer liegt, zu erreichen. Das Flugzeug hat starke Motoren und braucht nur wenige Stunden, um sein Ziel zu erreichen. Sie brummen unaufhörlich und eintönig, die Motoren, und bald kann man auf Kalvö
    das gleichmäßig mahlende Geräusch hören, das an Stärke zu-nimmt und zu einem betäubenden Donnern wird, als die Maschine auf dem Sund niedergeht. Der Sturm hat sich gelegt, und in der Bucht gleiten die Wellen friedlich dahin, als die Maschine mit einem letzten, erschreckenden Gedröhne über die Wasserfläche dahinrast und dann ruhig vor der Anlegestelle liegenbleibt.
    Da erwacht Kalle endlich. Und im selben Moment begreift er, daß das Gedröhne nicht vom geträumten Niagarafall her-stammt, sondern von dem Flugzeug, das Rasmus und den Professor holen soll.
    »Anders! Eva-Lotte! Wacht auf!«
    Es klingt wie ein Jammerruf und schreckt die anderen augenblicklich aus dem Schlaf.
    Sie erkennen sofort die ganze Größe des Unglücks. Jetzt müßten sie zaubern, um noch rechtzeitig verschwinden zu können. Kalle wirft einen Blick auf die Uhr und weckt Rasmus. Es ist erst fünf. Was ist das nun wieder für eine neue Mode, zwei Stunden vor der festgesetzten Zeit zu kommen! Selbst auf Flug-zeuge kann man sich nicht verlassen.
    Rasmus ist müde und will nicht aufstehen, aber sie kümmern sich nicht um seine Proteste. Eva-Lotte streift ihm wenig zart den Overall über, und Rasmus zischt wie ein wütendes Kätz-chen. Anders und Kalle sehen mit ungeduldigen Augen zu.
    Rasmus wehrt sich kräftig und fängt an zu heulen, bis ihn Anders schließlich am Genick packt und flüstert:
    »Bilde dir nur nicht ein, daß so ein Heulaugust wie du jemals eine Weiße Rose wird!«
    Das hilft. Rasmus wird still, und Eva-Lotte zieht ihm schnell und geistesgegenwärtig seine Turnschuhe an. Kalle beugt sich zu ihm und sagt schmeichelnd: »Rasmus, wir wollen doch schön fliehen! Vielleicht sind wir bald wieder in der kleinen hübschen Hütte – du weißt doch noch. Und jetzt mußt du laufen, so schnell du nur kannst!«
    Sie sind fertig. Kalle springt zur Tür und horcht gespannt.
    Aber alles ist ruhig. Es sieht aus, als sei der Weg frei. Er sucht in der Hosentasche nach dem Schlüssel. Sucht und sucht …
    »Nein, nein, nein«, jammert Eva-Lotte, »komm mir jetzt nur nicht damit, daß du den Schlüssel verloren hast!«
    »Er muß hier sein«, sagt Kalle und ist so aufgeregt, daß seine Hände fliegen. »Er muß hier sein.«
    Aber soviel er auch wühlt, seine Hosentasche bleibt leer. Er hat nie etwas Leereres gefühlt als diese Hosentasche. Anders und Eva-Lotte schweigen. Sie beißen auf ihren Fingern herum und warten. Die Sekunden gehen. Diese kostbaren Sekunden.
    Fieberhaft suchen sie den Fußboden ab.
    »Vielleicht ist er herausgefallen, als man mich gestern abend hierhergetragen hat«, meint Kalle.
    »Ja, warum sollte er nicht herausgefallen sein«, sagt Eva-Lotte verbittert. »Diese Insel sollte ›Insel der Zufälle‹ heißen.
    Was soll man hier schon anderes erwarten, als daß ein Schlüssel, den man dringend braucht, so einfach zufällig herausfällt!«
    Sie suchen weiter. Nur Rasmus sucht nicht mit. Er hat angefangen, mit seinen Borkenbooten zu spielen. Sie fahren über Kalles Bank, und diese Bank ist jetzt der »Große Stille Ozean«. Im Großen Stillen Ozean schwimmt ein Schlüssel, und Rasmus nimmt ihn heraus und läßt ihn Kapitän auf einem Schiff werden, das »Hilda von Göteborg« heißt. Nicke hat dem Boot diesen wundervollen Namen gegeben. So hieß nämlich auch das Schiff, auf dem Nicke vor langer, langer Zeit einmal Leichtmatrose war.
    Die Sekunden gehen dahin. Kalle, Anders und Eva-Lotte suchen verzweifelt und sind so fertig, daß sie vor Nervosität schreien möchten. Aber Rasmus und der Kapitän auf der »Hilda von Göteborg« sind nicht ein bißchen nervös. Sie segeln über den Großen Stillen Ozean und finden alles herrlich, bis Eva-Lotte mit einem Aufschrei den Kapitän von der Kommando-brücke reißt und die »Hilda von Göteborg« herrenlos ihrem Schicksal in der schweren Brandung überläßt.
    »Schnell, weg!« ruft Eva-Lotte und gibt Kalle den Schlüssel.
    Bevor er ihn in das Schloß stecken kann, hört er etwas und wirft einen entsetzten Blick auf die anderen.
    »Es ist zu spät, sie kommen«, sagt er nur.
    Eigentlich
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