Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kalla vom Loewenclan - Abenteuer in der Steinzeit

Kalla vom Loewenclan - Abenteuer in der Steinzeit

Titel: Kalla vom Loewenclan - Abenteuer in der Steinzeit
Autoren: Laura Feuerland
Vom Netzwerk:
»So groß ist das Große Wasser. Die Wellen sind hoch wie Bäume, und auf ihren Rändern liegen weiße Schaumflügel. Wenn ein Sturm aufkommt, bäumen sie sich auf und können so hoch wie Hügel werden. Alles ist groß am Großen Wasser. Auch die Fische und die Muscheln.«
    Kalla nickte vor sich hin. Die Händler brachten oft solche Muscheln mit: schimmernde gedrehte Hörner, glänzende flache Schalen, weiße Sterne, Boten aus einer fremden Welt.
    Sie verschränkte die Arme unter dem Kopf und blinzelte schläfrig in den Himmel, wo die Sonne jetzt den höchsten Punkt ihrer Tagesreise erreicht hatte. War der mächtige Lichtball dort oben wirklich einmal auf die Erde gefallen, so wie es der Händler vom Steinbockclan erzählt hatte, als sie im Sommer am Blauen See gelagert hatten?
     
    ICH,
Karai vom Steinbockclan, Schutzbefohlener des Schwalbengeistes, der ich über die hohen Berge ins Südland gereist bin und hinüber ins weite Westland bis zum Großen Wasser, erzähle euch die Geschichte, wie einst die Sonne auf die Erde fiel.
    Es war ein Frühlingstag, und die Sonne strahlte am Himmel. Die Pflanzen sprossen, die Tiere wärmten sich und die Menschen tanzten und sangen: »Großer Sonnengein st, du schenkst uns Licht und Wärme, wir danken dir, wir danken dir.«
    »Was singen sie da?«, fragte die Sonne. Neugierig beugte sie sich hinab, um das Lied besser hören zu können. Dabei verlor sie das Gleichgewicht und fiel auf die Erde. Da lag sie nun als glühender Lichtball: so helll, dass Tiere und Menschen die Augen schließen mussten, und so heiß, dass die Gräser welkten.
    »Wir danken dir für dein Licht und deine Wärme, großer Sonnengein st«, sagten die Menschen. »Und nun, da du hier bist, würden wir dich auch gerne als Gast aufnehmen. Doch du bist zu heiß, deine Glut verbrennt alles, du musst schnell zurück zum Himmel.«
    Sie beschlossen, die Heimreise für die Sonne besonders würdig und ehrenvoll zu gestalten, und riefen den Löwen.
    »Du hast einen breiten weichen Rücken, bitte bring doch die Sonne zum Himmel zurück«, baten sie ihn. Der Löwe war einverstanden, und die Sonne setzte sich auf seinen Rücken. Dann wurde das Pferd gerufen und gebeten, die Sonne auf der Reise zu begleiten. So wurde sie mit allen Ehren zum Himmel zurückgeleitett, wie es sich für einen Herrsr cher geziemt.
    »Das war wirklich sehr bequem«, sagte die Sonne zufrieden, als sie wieder am Himmel stand. Und als Zeichen
ihres Dankes übergoss sie das Fell des Löwen mit leuchtender Sonnenfarbe. Dann nahm sie ein paar Strahlen aus ihrem Kranz und warf sie dem Löwen und auch dem Pferd um den Hals. Seither tragen der Löwe und das Pferd ihre herrlichen Mähnen und sind sehr stolz darauf. Und bis heute werden diese beiden Tiere als besondere Freunde der Sonne verehrt.
     
    Das Knurren des eigenen Magens holte Kalla aus einem kurzen Schlaf. Sie richtete sich auf und sah in den Bach, wo unverändert die glitzernden Fische durchs Wasser schossen. Wäre Tomo hier, hätte er im Nu mit flinken Händen einen gefangen. Und wie oft hatte er versucht, auch seiner Freundin das Fischefangen beizubringen.
    »Achte auf die Zeichen, die das Wasser dir gibt«, hatte er gesagt. Ein solches Zeichen konnte ein kleiner Wellenring an der Wasseroberfläche sein oder die Bewegung eines Mückenschwarms oder der flüchtige Schatten einer winzigen Schwanzflosse, der verriet, dass sich ein Fisch hinter einem Stein verbarg. Wenn man diese Zeichen verstand, musste man nur den richtigen Moment abwarten und blitzschnell zugreifen.
    Kalla holte ein Vogelei aus dem Beutel, stieß ein Loch hinein und schlürfte es aus. Dabei wanderten ihre Gedanken wieder zu Tomo. Obwohl er einige Sommer älter war als sie, war er ihr bester Freund, und sie waren fast jeden Tag zusammen gewesen. Verglichen mit Gleichaltrigen war er ungewöhnlich ernsthaft, und er hatte ihr viele Fertigkeiten beigebracht, etwa das Feuermachen und den Umgang mit dem Flintmesser. Seit dem Winter jedoch hatten sie immer weniger Zeit zusammen verbracht, offenbar hatte Tomo wichtigere Dinge zu tun. Kalla hatte ihnnicht danach gefragt. Sie wusste, wenn die Knaben älter wurden, blieben sie unter sich und wurden von den Männern auf die Mannbarkeitsriten vorbereitet. Kalla hatte Tomo aber auch nicht mit den anderen jungen Männern des Clans zusammen gesehen. Vielmehr schien es, als gehe er ganz eigene, geheime Wege, und seit der Rückkehr ins Winterlager war er wie vom Erdboden verschluckt. Kalla
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher