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Jura für Kids - eine etwas andere Einführung in das Recht

Jura für Kids - eine etwas andere Einführung in das Recht

Titel: Jura für Kids - eine etwas andere Einführung in das Recht
Autoren: C.H.Beck
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Rechtsanwalts, eines Strafverteidigers.
    Die Hauptverhandlung beginnt damit, dass der Staatsanwalt die Anklageschrift vorliest. Das ist wichtig, damit der Angeklagte weiß, was ihm vorgeworfen wird. Wann er wen womit verletzt haben soll. Manchmal werden noch Zeugen gehört, die sagen, was sie gesehen haben. Ein Zeuge kann eine völlig unbeteiligte Person sein, die zufälligerweise gesehen hat, was passiert ist. Oft wird auch das Opfer als Zeuge gehört. Der Richter prüft dann, ob die Zeugen glaubwürdig sind oder nicht. Aber meistens ergeben sich bei den Zeugenvernehmungen keine besonderen Überraschungen. Die Zeugen sagen vor Gericht meist das Gleiche aus wie vorher bei der Polizei.
    Jetzt könnte man sich fragen, warum die Zeugen vor Gericht noch einmal gehört werden, sie haben doch schon alles bei der Polizei gesagt. Das stimmt zwar, aber der Richter war ja bei der Polizei nicht dabei. Und der Richter muss hinterher entscheiden, ob er den Angeklagten für schuldig hält oder nicht. Also muss sich der Richter ein Bild davon machen, was geschehen ist. Daher können ihm nur die Zeugen sagen, was geschehen ist.
    Der Zeuge Heiner Breit kann sich noch sehr gut an den Vorfall erinnern, schließlich war er das Opfer. Er erzählt, was passiert war. Der Staatsanwalt und der Verteidiger von Achmed Ökur stellen ihm einige Fragen, und dann bittet der Richter den Staatsanwalt um sein Schlusswort. Dieses Schlusswort nennt man Plädoyer. Der Staatsanwalt steht auf und sagt: «Die Hauptverhandlung hat den Tatvorwurf bestätigt. Der Angeklagte hat dem Zeugen Breit die Gabel in den Bauch gerammt. Dies ganz ohne Grund. Dass der Zeuge Breit dumm geguckt haben soll, ist jedenfalls kein Grund. Strafmildernd ist, dass der Angeklagte die Tat gestanden hat und dass er nicht vorbestraft ist. Ich beantrage, ihn zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 20 Euro zu bestrafen.» Dann hält der Verteidiger sein Plädoyer: «Der Angeklagte hat gezeigt, dass er die Tat bereut. Er war geständig. Ich beantrage ihn mit einer Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu je 15 Euro zu bestrafen.» Dann erteilt der Richter dem Angeklagten das letzte Wort. Achmed Ökur sagt: «Es tut mir leid, das mache ich nicht nochmal.»
    In einer strafrechtlichen Gerichtsverhandlung hat immer der Angeklagte das letzte Wort. Er muss nichts sagen, aber er hat die Möglichkeit, etwas zu sagen. Meistens sagt er, dass ihm leid tue, was passiert ist. Wenn der Richter vergessen hat, dem Angeklagten das letzte Wort zu erteilen, ist das so schlimm, dass das Urteil bereits aus diesem Grund falsch ist. Nachdem der Angeklagte das letzte Wort gesprochen hat, verlässt der Richter den Gerichtssaal und überlegt, ob er den Angeklagten verurteilen soll und wenn ja, wie. Um den Angeklagten zu verurteilen, muss der Richter davon überzeugt sein, dass er die Tat auch begangen hat. Überzeugt sein heißt, der Richter muss sich sicher sein, dass der Angeklagte die Tat begangen hat. Es reicht nicht aus, dass er dies für «höchstwahrscheinlich» hält, oder aber, dass er «vielleicht» davon ausgeht. Nein, der Richter muss sich sicher sein und keine Restzweifel haben. Und so sagt der Lateiner: In dubio pro reo – Im Zweifel für den Angeklagten. Wenn sich der Richter nicht sicher ist, dann spricht er den Angeklagten frei. Ein vielleicht Unschuldiger gehört nicht ins Gefängnis.
    Der Richter schreibt auf ein Blatt Papier, ob und wenn ja, wie er den Angeklagten bestrafen wird. Dann betritt er wieder den Gerichtssaal und verkündet das Urteil: «Im Namen des Volkes ergeht folgendes Urteil. Der Angeklagte ist der gefährlichen Körperverletzung schuldig. Er wird zu 25 Tagessätzen zu je 20 Euro verurteilt.» Danach erklärt der Richter, warum er davon überzeugt ist, dass der Angeklagte die Tat begangen hat und warum er mit einer Geldstrafe bestraft wird. Und dann sagt der Richter noch etwas ganz Wichtiges: «Wenn Sie mit diesem Urteil nicht einverstanden sind, dann können Sie dies innerhalb von einer Woche von heute an mitteilen.»
    Wer also das Urteil von einem höheren Gericht überprüfen lassen möchte, muss sich dies innerhalb einer Woche überlegen. Danach ist es zu spät und das Urteil gilt.
    Der Richter hat dann fünf Wochen Zeit, das Urteil ordentlich aufzuschreiben. Er schreibt in sein Urteil, was der Angeklagte für ein Mensch ist, wann er geboren wurde, wo er arbeitet, ob er Familie hat und ob er schon einmal bestraft worden ist. Dann beschreibt der Richter, warum der Angeklagte
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