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Junge rettet Freund aus Teich (German Edition)

Junge rettet Freund aus Teich (German Edition)

Titel: Junge rettet Freund aus Teich (German Edition)
Autoren: Heinz Strunk
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hat in der Stadt ein Riesengeschäft mit Gartengeräten, er liefert seine Sachen überallhin. Meistens hören wir schon von weitem die Motorengeräusche von seinem dicken BMW und verstecken uns, aber manchmal erwischt er uns, und dann gibt’s Ausmecker. Dass wir seinen Platz benutzen, hat er mit der Zeit zähneknirschend hingenommen, aber nicht, dass wir aufs Dach klettern. Er sagt, dass es vom dauernden Hochklettern kaputtgeht, und irgendwann muss es neu gemacht werden, und unsere Eltern müssten das dann bezahlen, und das geht ins Geld. Wir könnten doch genauso unten auf dem Langenbeker Feld spielen oder auf dem Fußballplatz in der nächsten Siedlung. Das ist aber nicht so einfach, wie er das denkt, denn das Langenbeker Feld ist viel zu huckelig zum Fußballspielen, und die andere Siedlung ist so weit entfernt, dass man schon den halben Nachmittag braucht, um hin- und wieder zurückzukommen. Wir hören uns seine Standpauke an und warten einfach, bis er wieder weg ist. Dann spielen wir weiter.
    Ich verschieße den Ball und muss in Frau Rusches Garten klettern. Die Katzen huschen um meine Beine herum, und ich zerkratze mir die Arme am dornigen Gestrüpp. Zum Glück ist Frau Rusche nicht da. Manchmal taucht sie auf wie ein Geist oder Gespenst, und man hat gar nicht mitgekriegt, wo sie überhaupt herkommt. Sie schimpft nicht, sondern guckt einen an, dass man ein schlechtes Gewissen kriegt. Ich verstehe nicht, was Frau Rusche mit ihrem Garten hat, denn der ist schließlich wie ein Urwald, und man kann eigentlich gar nichts kaputt machen oder zertreten. Man kann nur von Glück sagen, dass Frau Rusche keinen normalen Garten hat, in dem man wirklich etwas zertreten könnte.

    Um sechs müssen alle zu Hause sein zum Abendbrot. Wir sind die Einzigsten, bei denen es erst um sieben Abendbrot gibt, weil Mutter dann vom Unterricht zurückkommt. Um sechs gibt es bei Oma Kaffee und Kuchen, sie bäckt jeden Tag einen Kuchen oder eine Torte. Ich klingele, und während sie zur Tür kommt, überlege ich schon, welche Kuchensorte sie heute wohl gebacken hat. Wenn sie endlich aufmacht, rufe ich «Apfelkuchen, Apfelkuchen» oder eine andere Kuchensorte, die sie gebacken hat. Doch heute habe ich mich getäuscht, denn als sie mich in den Arm nimmt, rieche ich es schon: Johannisbeertorte! Johannisbeertorte ist etwas Besonderes, das sie eigentlich nur sonn- oder feiertags backt. Die Johannisbeeren sind oft so sauer, dass man den Mund verziehen muss, dafür ist zum Ausgleich der Teig schön süß. Dazu hat sie eine Schüssel Schlagobers geschlagen. Das Wort Schlagobers stammt aus dem Harz, normalerweise heißt es Schlagsahne. Ich verdrücke drei Stücke, Oma eins und Opa zwei, sodass die Hälfte übrig bleibt, weil meine Mutter nichts von der Torte isst, damit sie ihre Figur behält. Morgen gibt es schon wieder eine neue Torte. Ich wüsste nur zu gern, was Oma mit dem restlichen Kuchen anstellt, denn wegschmeißen würde sie niemals auch nur einen Krumen. Die Großeltern haben zwei Weltkriege mitgemacht und würden nie im Leben Lebensmittel wegschmeißen. Wenn ich danach frage, lächelt sie nur und gibt keine richtige Antwort.
    Um halb sieben lässt mir Oma Badewasser ein. Ich bade noch immer in meiner Plastikkinderwanne in der Küche. Mein Lieblingsbadewannentier ist Mecki der Igel aus der Hörzu. Heute ist große Wäsche mit Haarewaschen. Dann ab in den Schlafanzug und den Bademantel über. Schlag sieben steckt jemand den Schlüssel ins Haustürschloss. Wie von der Tarantel gestochen springe ich auf und öffne. Mutter sieht wieder mal ganz erschöpft aus, sie nimmt mich aber auf den Arm und drückt mich fest. Abendbrot essen wir im Wohnzimmer, wo Oma schon alles vorbereitet hat. Es gibt hartgekochte Eier, Gerstenbrot, Käse. Zu trinken gibt es nichts. Mutter trinkt nie was zum Essen, außer am Wochenende einen Schluck Weißwein. Sie sagt, dass man beim Essen nichts trinken soll, weil das die Magensäure verdünnt. Morgens trinkt sie Kaffee. Ohne Kaffee ist sie zu nichts zu gebrauchen, sagt sie dann immer, und dass sie Kaffeedurst hat.
    Mutter arbeitet drei Nachmittage in der Woche im Musikpavillon der Schule Hanhoopsfeld. Die Privatschüler sind auf die restliche Woche verteilt, und am Wochenende ist ganz frei. Mutter verdient sehr wenig. Wenn Opa nicht seine Rente von 2700 Mark hätte, müsste sie Sozialhilfe beantragen, hat sie mal gesagt. Deshalb musste sie nach meiner Geburt auch wieder zu ihren Eltern ziehen, denn alleine hätte
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