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Junge rettet Freund aus Teich (German Edition)

Junge rettet Freund aus Teich (German Edition)

Titel: Junge rettet Freund aus Teich (German Edition)
Autoren: Heinz Strunk
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werden wie Mäuse, die man mit Speck fängt. Mich überfällt ein wohliger Schauer. Ich weiß gar nicht genau, was dort gearbeitet wird, kein Mensch weiß das oder vielleicht einer. Die Arbeiter machen und feilen und schrauben in ihren Hallen oder Räumen vor sich hin, ohne zu ahnen, was am Ende dabei herauskommt. Ich würde zu gern mal die Fabrik von innen sehen, aber ich habe auch Angst.
    Bald darauf lässt mich Herr Marek bei der französischen Kinderschule raus. Das ist kein normaler Kindergarten, sondern kostet Geld und hat den Sinn und Zweck, dass man hier schon vor der Schulzeit Französisch lernt. Der Leiter heißt Monsieur Durand und trägt tagaus, tagein einen blauen Kittel. Er hat einen dicken Bauch wie Herr Marek und riecht aus dem Mund. Es ist ein ganz fauliger Geruch, gegen den Zähneputzen nicht hilft, weil er aus dem Magen kommt und gegen den man deshalb nichts machen kann, sagt Mutter. Er ist sehr streng und ungerecht. Fast alle Kinder haben Angst vor ihm, bis auf Karsten Sunkel. Seine eigenen drei Kinder Mathieu und Aurélie und Simone behandelt er bevorzugt. Sie haben schon deswegen nichts auszustehen, weil sie sein eigen Fleisch und Blut sind und perfekt Französisch können. Seine Frau Madame Durand arbeitet mit, indem sie sauber macht und kocht und alles Mögliche. Sie ist das ganze Gegenteil von ihrem Mann, klein und dünn, und wird von ihrem Ehemann ebenfalls nicht gut behandelt. Aber leid tut sie mir deswegen nicht, denn sie ist zu uns Kindern genauso unfreundlich wie Monsieur Durand. Wenn der mal nicht in der Nähe ist, ist sie sogar noch unfreundlicher. Die anderen Kinder kenne ich sonst nicht weiter, weil sie in der ganzen Stadt verstreut wohnen. Ich finde auch schlimm, dass es in sämtlichen Räumen schlecht riecht. Ich war der Einzigste, der sich getraut hat, das mal zu sagen, und jetzt hat Monsieur Durand mich auf dem Kieker. «Na, Sportsfreund», sagt er zu mir, aber die anderen nennt er bei ihren Namen. Nur wenn meine Mutter mich manchmal abholt, sagt er «Mathias» und tut so, als ob er ein netter Mann wäre. Wie soll ich das noch ein geschlagenes Jahr aushalten? Wenn ich Mutter darauf anspreche, sagt sie, dass die französische Kinderschule einen sehr guten Ruf hat und ich mir mal Mühe geben soll. Ich würde mich schon daran gewöhnen, und in der richtigen Schule wäre ich den anderen Kindern dann haushoch überlegen. Ich habe schon überlegt, ob ich sage, dass Monsieur Durand mich schlägt, aber das stimmt ja nicht, und wenn rauskommt, dass ich gelogen habe, geht’s mir hinterher umso schlechter. Also tu ich immer ganz niedergeschlagen, wenn ich aus der französischen Kinderschule komme, aber den Großeltern fällt das nicht auf, oder sie kommen nicht darauf, dass es wegen der Kinderschule ist. Ich halte es sowieso nicht durch, bis zum Abend traurig zu sein, außerdem denkt Mutter dann, es wäre wegen etwas anderem. Also muss ich wohl noch ein Jahr die Zähne zusammenbeißen. Um halb eins bringt uns Monsieur Durand mit seinem VW-Bus nach Hause. Ich habe das Glück, dass ich immer der Erste bin, den er abliefert, denn vom Autofahren wird mir schlecht. Wenn ich ausgestiegen bin und Richtung Haus stapfe, winkt Monsieur Durand mir freundlich hinterher, und niemand schöpft Verdacht.

    Heute gibt es Gehacktes mit Gewürzgurken und Pellkartoffeln. Gehacktes ist Hackfleisch mit Zwiebeln und Mehlschwitze. Das Rezept hat Oma aus dem Harz mitgebracht. Meine Großeltern sind nach dem Ersten Weltkrieg aus dem Harz hergezogen. Oma hängt noch sehr an ihrer alten Heimat und erzählt stundenlang Geschichten vom Brocken und von der Stadt Wernigerode und dem Dorf Ilsenburg, wo sie einst aufgewachsen ist.
    Wenn wir Kinder uns nach dem Essen zum Spielen treffen, erzählen wir, was es zum Mittagessen gegeben hat. Bei allen gibt es Tag für Tag ein unterschiedliches Gericht, bis auf Thorwardts. Die kann man fragen, wann man will, es gibt bei denen immer nur Kartoffeln mit Soße. Nichts anderes, Kartoffeln mit Soße. Uwe Thorwardt ist der Größte und Kräftigste von uns allen, aber sehr gutmütig und sein Bruder Wolfgang zwei Jahre jünger und dünn. Weil er als Einzigster von uns Kindern eine Brille trägt, nennen wir ihn Professor.
    Zum Nachtisch gibt es Dr.-Oetker-Vanillepudding mit selbstgemachter Kirschsoße. Fast immer ist es Oma, die kocht. Es hat sich so eingebürgert, dass Mutter dafür die Besorgungen macht. Nach dem Essen klingele ich bei Axel. Nach einer Ewigkeit öffnet seine Mutter. Sie
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