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Jung im Kopf: Erstaunliche Einsichten der Gehirnforschung in das Älterwerden (German Edition)

Jung im Kopf: Erstaunliche Einsichten der Gehirnforschung in das Älterwerden (German Edition)

Titel: Jung im Kopf: Erstaunliche Einsichten der Gehirnforschung in das Älterwerden (German Edition)
Autoren: Martin Korte
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langer Gesundheit und mit einer hohen Wahrscheinlichkeit, bis in das hohe Alter hinein jung im Kopf zu sein. Der bis dahin unbekannte Arthur Winston ging übrigens erst an seinem 100. Geburtstag nach stolzen 76 Arbeitsjahren bei den Los-Angeles-Verkehrsbetrieben in Rente. Ohne dass man dies als Modell zur Nachahmung ansehen sollte, zeigt es, was Menschen möglich ist, wenn sie es wollen und körperlich und geistig fit sind!
    Eine neue Herausforderung wird außerdem sein, Mehrgenerationenhäuser zu konzipieren, die einerseits den Bedürfnissen aller Altersklassen genügen und andererseits als Begegnungsstätten für Menschen unterschiedlicher Generationen funktionieren, und Städte so zu gestalten, dass die Alten zusammen mit den Jungen ihren Platz darin haben und sich in ihren unterschiedlichen Erfahrungshorizonten gegenseitig bereichern. Auch Pflegeheime werden sich verändern müssen hin zu Institutionen, die stärker an die Achtsamkeit, das Verantwortungsbewusstsein und die Selbständigkeit ihrer Bewohner appellieren müssen, als sie dies heute tun.
    In diesen Kontext der Überlegungen gehört aber noch etwas: Ältere Menschen sollten sich nicht selbst stigmatisieren, denn es sind gerade die älteren Menschen, die den Begriff »Senior« gerne meiden und niemals in ein Seniorenhotel gehen würden.
    Bleiben Sie also neugierig. Trauen Sie sich zu, was Ihnen Freude macht. Engagieren Sie sich, übernehmen Sie früh Aufgaben, die Sie auch im Alter noch genießen können. Denken Sie daran, dass Freunde, Familie und emotionale Bindungen Ihrem Gehirn wie Ihrer Seele zugutekommen. Diese Dinge wollen zu jeder Lebenszeit gepflegt werden, vor allem aber ab 50 aufwärts. Das Wichtigste scheint mir jedoch unser gesellschaftlicher kollektiver Mut, eine radikale Neubewertung des Alters einzuleiten. Wagen wir es doch – jeder Einzelne und wir alle gemeinsam –, unsere Sichtweise, Einstellung und Erwartungshaltung an uns und andere Ältere zu ändern. Nur so halten wir uns und allen anderen die Chance offen, dass wir jung im Kopf bleiben.
    Postkarte aus dem Leben
    Antonia Winnemöller war eine resolute Frau, die vor bzw. während des Zweiten Weltkriegs vier ihrer fünf Kinder bekommen hat und deren Mann starb, als sie 50 Jahre alt war. Sie hat nicht wieder geheiratet. Ihr Mann hatte ein mittelständisches Unternehmen, das an den einzigen Sohn vererbt wurde, für ein Grundauskommen war also gesorgt, aber Frau Winnemöller arbeitete in verschiedenen Berufen immer mal wieder bis zu ihrem 65. Lebensjahr. Vor allem ab dem 60. Lebensjahr nutzte sie das ihr verbliebene Geld und ihre Zeit für Reisen, meistens Gruppenreisen, die ihr mehr Sicherheit und soziale Kontakte garantierten. Mit ihrer ältesten Tochter bereiste sie die USA und besuchte dort einen ihrer Enkel, sie reiste mit einer Gruppe nach Griechenland und an viele andere Plätze und Orte in Europa. Bis zum Alter von 83 Jahren fuhr sie noch Fahrrad, dann wurde das Auf- und Absteigen zu gefährlich (fanden jedenfalls ihre Kinder). Sie las die Diplom- und Magisterarbeiten ihrer Enkel, ohne je eine höhere Schule besucht zu haben, und war an allem interessiert, was die Kinder (mittlerweile selbst zwischen 60 und 70 Jahren alt), Enkelkinder und Urenkel machten. Ab dem 87. Lebensjahr waren deutliche Symptome einer Altersdemenz vorhanden: Der Tag verlor seinen Rhythmus, die sie aufopferungsvoll pflegende älteste Tochter und deren Mann mussten viel aushalten, wurden aber bis zuletzt noch erkannt. Die Haustürklingel ging in ihrem Kopf mehrfach täglich und auch des Nachts, ohne dass die Klingel betätigt worden wäre. Sie verstarb kurz vor ihrem 93. Geburtstag bei einer Routineoperation – zu der Zeit hatte sie bereits 15 Urenkel. Diese Frau hat nach dem Krieg geholfen, Deutschland wieder mit aufzubauen, hat nach dem Tod ihres Mannes ihr Leben selbst in die Hand genommen, neue Interessen entwickelt und alte, wie die Gartenarbeit, kultiviert. Es gibt hier nichts zu heroisieren, denn sie wurde keineswegs von allen gemocht, war in ihren Urteilen manchmal recht hart und im Umgang oft rau, aber sie zeigte auf vielfältige Weise, wie man sein Leben gestaltet, sozial aktiv (ihr Kegelverein löste sich erst in ihrem 85. Lebensjahr auf) und beweglich bleibt und dabei ein hohes Alter erreichen kann. Nur eines hat sie kategorisch nie gewollt: zum Altenverein zu gehen, da seien ja nur »olle Lüde«.
    Sicher könnte man dieses Leben genauso als eines des Verlustes beschreiben, vor allem wenn man
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