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Julia Festival Band 86

Julia Festival Band 86

Titel: Julia Festival Band 86
Autoren: Sandra Marton
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Menschen wird die Liebe nie zuteil, uns dagegen ist sie sogar zweimal begegnet.“
    Chase starrte die Unbekannte an, die einmal seine Frau gewesen war. Ihn überkam das Verlangen, sie in seine Arme zu ziehen und so lange zu küssen, bis dieses Lächeln für Milton Hoffman von ihren Lippen verschwunden war. Ja, so lange, bis sie nur noch an ihn, Chase, denken konnte.
    „Das stimmt“, sagte er jedoch stattdessen. Er erwiderte Annies Lächeln und berührte dabei leicht ihr Haar. „Wir beide haben großes Glück gehabt.“
    Er ließ sie los, wandte sich ab und griff blindlings nach einer weiteren Zwiebel. Mit wehem Herzen beobachtete Annie, wie er diese in Scheiben schnitt. Sie spürte, wie ihr erneut die Tränen kamen, und rieb sich heftig mit dem Handrücken über die Augen.
    „Verdammte Zwiebeln“, meinte sie mit einem halb erstickten Lachen. „Du schneidest sie, aber ich muss darunter leiden. Ist das nicht albern?“
    Chase nickte gedankenverloren. „Ja.“
    „Also“, erkundigte Annie sich daraufhin in vorgetäuschter Munterkeit. „Was gibt es zum Essen? Kartoffel-Zwiebel-Auflauf?“
    Energisch riss Chase sich zusammen, legte das Messer fort, wischte sich die Hände ab und öffnete den Schrank über der Spüle.
    „ Voilà !“ Damit wirbelte er zu Annie herum und hielt ihr theatralisch eine kleine runde Dose entgegen wie ein Weinkellner, der einen besonders guten Wein präsentierte.
    „Thunfisch? Das ist alles, was du in dieser Küche gefunden hast?“
    „Es gibt noch mehr davon, ungefähr ein halbes Dutzend.“
    „Ich fasse es nicht. Bist du sicher, dass nichts anderes da ist?“
    „Einige Dosen Milchpulver, eine Flasche Maisöl, etwas Suppe …“, zählte Chase auf.
    „Pilzcreme-Suppe?“, fragte sie hoffnungsvoll.
    „Ja, ich glaub’ schon.“
    Annie seufzte. „Bring mir die Suppe und das Milchpulver, Cooper. Und dann tritt zur Seite und lass eine Expertin ans Werk.“
    „Soll das heißen, du kannst mit diesem Zeug etwas Vernünftiges anfangen?“
    „Ich kann’s zumindest probieren. Was hältst du von Thunfisch-Überraschung heute Abend?“
    „Was ist die Überraschung daran?“
    „Dass ich es schaffe, dieses Durcheinander in irgendetwas Essbares zu verwandeln“, entgegnete Annie lachend. „Hier, fang schon mal an, die Kartoffeln zu würfeln. Ich schneide die restlichen Zwiebeln und brate sie an.“
    „Wir könnten es doch so machen, dass du die Aufsicht führst, und ich mache die Arbeit“, schlug Chase vor. „Schließlich ist es meine Schuld, dass wir hier in der Wildnis festsitzen. Es wäre daher nur fair, wenn ich das Essen koche.“
    „Sehen wir den Tatsachen ins Auge, Cooper. Wir sind gefangen an einem Ort, für den die meisten Leute sterben würden. Hör also auf, dich zu entschuldigen, und fang an, die Kartoffeln in Würfel zu schneiden.“
    Annie briet Zwiebeln, kochte die Kartoffelstücke ein wenig vor und schichtete sorgfältig alles zusammen mit dem Thunfisch in eine Auflaufform, die sie dann in den Ofen schob.
    Chase machte den Kaffee und öffnete dazu ein Paket Cracker sowie eine Schachtel Kekse.
    Als alles fertig war, trugen sie ihr Mahl zum Wohnzimmer, arrangierten es hübsch auf dem niedrigen Lacktisch und nahmen einander gegenüber auf den schwarzweißen Seidenkissen Platz.
    Sie aßen, ohne viel zu reden, und hinterher räumten sie gemeinsam auf.
    Danach ließ Annie sich mit einer Zeitschrift, die sie in einem Stapel in der Küche gefunden hatte, im Wohnzimmer zum Lesen nieder. Chase hingegen wollte lieber noch einen Spaziergang machen.
    Doch es gelang Annie nicht, sich aufs Lesen zu konzentrieren. Erstens waren die Kissen nicht sonderlich bequem, und zweitens schweiften ihre Gedanken ständig ab zu den nächtlichen Stunden, die noch vor ihnen lagen.
    Eine ganze Nacht, in der sie und Chase sich dieses Haus und – noch schlimmer – dieses Schlafzimmer teilen mussten.
    Wie soll ich das nur schaffen?
    Sie zuckte zusammen, als Chase das Wohnzimmer betrat.
    „Entschuldige“, meinte er. „Ich wollte dich nicht erschrecken.“
    „Schon gut.“ Die Finger über der zugeklappten Zeitschrift eng ineinander verschränkt, sagte Annie vorsichtig: „Ich habe nachgedacht. Na ja … Ich meine, dass wir hier alleine sind, hat durchaus auch einen Vorteil.“
    Chase sah sie an. Seine Augen schienen wie glühende Kohlen. „Allerdings, das finde ich auch.“
    Die Andeutung war unmissverständlich, und Annie spürte, wie ihr das Herz anschwoll, bis es beinahe zu zerspringen
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