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John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes

John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes

Titel: John Wells Bd. 1 - Kurier des Todes
Autoren: Alex Berenson
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Mannschaft würde ihn wohl gern über Bord werfen?«
    »Wir ziehen schon Hölzchen, wer es tun darf«, gab er gut gelaunt zurück. »Da sind wir.«
    Exley zeigte den zwei vor Keifers Kabine postierten Matrosen ihren CIA-Ausweis und den Sonderpass der Marine.
Nachdem die Männer die beiden Dokumente sorgfältig geprüft hatten, salutierten sie. Dann zog der Marinesoldat einen dicken Metallschlüssel aus der Tasche und steckte ihn in das schwere Schloss an der Tür. Sobald er die Tür langsam aufgeschoben hatte, trat sie in den fensterlosen Raum.
    »Lassen Sie sich so viel Zeit, wie Sie wollen, Ma’am«, sagte der Marinesoldat, während er hinter ihr die Tür schloss. »Mohammed geht sowieso nirgendwohin.«
    Keifer lag auf einer schmalen Krankenhausliege. Seine Hände und Füße waren seitlich an den Rahmen gekettet, und eine intravenöse Tropflösung floss in seinen Arm. Man hatte ihm den Bart grob abrasiert und das Haar kurz gestutzt. Um sein linkes Auge zeichnete sich eine kreisförmige, bereits gelblich verfärbte Prellung ab. Er war mager und klein und sah wie ein ehemaliger Philosophiestudent oder ein ähnlich nutzloser Zeitgenosse aus. Obwohl das Fluchtrisiko gering war, hing in einer Ecke des Raums eine auf das Bett gerichtete Kamera – nur zur Sicherheit. Zusätzlich standen zwei weitere Matrosen vor der Tür, von denen jeder Keifer mühelos mit einer Hand in den Atlantik stoßen könnte. Einen Augenblick lang tat der Mann Exley leid. Doch im nächsten Augenblick war es schon wieder vorüber.
     
    Unter normalen Umständen hätte Exley nie mit Keifer gesprochen. Immerhin war sie Führungsoffizier und nicht Vernehmerin. Außerdem hatten die CIA und DIA – die Defense Intelligence Agency, Rumsfelds Burschen – Keifer bereits wochenlang in die Mangel genommen. Nachdem Exley und ihr Vorgesetzter Ellis Shafer die Abschrift von Keifers Verhören gelesen hatten, beschlossen sie jedoch, dass Exley selbst mit Keifer sprechen solle.
    Exley nahm sich vor, wie seine Mutter aufzutreten. Einerseits
war sie alt genug dazu, andererseits hatte er vermutlich seit Langem keine Frau mehr gesehen. Sobald er blinzelnd die von den Medikamenten verschleierten Augen öffnete, schrak er zurück und zog die Schultern hoch. Erst als sie ihm zulächelte, entspannte er sich wieder ein wenig.
    »Tim, ich bin Jen Exley.«
    Er blinzelte, ohne etwas zu sagen.
    »Geht es Ihnen gut?«
    »Sehe ich so aus, als würde es mir gut gehen?«
    Unglaublich. Dieser dumme Junge mit einem Gewicht von kaum siebzig Kilo wollte noch immer den starken Mann spielen. Zum Glück hielten ihn das Natriumpentothal und das Morphium, die durch seine Adern flossen, ein wenig in Zaum. Amnesty International hätte wohl protestiert, aber niemand gab ihnen hier Stimmrecht. Exley versuchte, die Verachtung, die sie fühlte, aus ihrem Gesicht zu verbannen und stattdessen Mitgefühl auszudrücken. »Darf ich mich setzen? «
    Er zuckte nur mit den Schultern, sodass die Handschellen klirrend gegen die Liege schlugen, während sie einen Stuhl heranzog.
    »Sind Sie Rechtsanwältin?«
    »Nein, aber ich kann Ihnen einen Anwalt besorgen.« Das war eine kleine Lüge.
    »Ich will einen Rechtsanwalt«, forderte Keifer mit undeutlicher Stimme. Dann schloss er wieder die Augen und bewegte den Kopf langsam hin und her, wie ein Metronom. Anscheinend tat ihm die Bewegung gut. »Sie haben gesagt: kein Anwalt. Aber ich kenne meine Rechte.«
    Das wirst du mit einem der hohen Tiere ausmachen müssen, dachte sie. »Ich kann Ihnen helfen. Aber dafür müssen Sie mir helfen.«

    Wieder schüttelte er den Kopf, diesmal mürrisch. »Was wollen Sie von mir?«
    »Erzählen Sie mir von dem anderen Amerikaner drüben. Nicht von John Walker Lindh, sondern von dem dritten, dem älteren.«
    »Das habe ich schon.«
    Vorsichtig berührte sie sein Gesicht und drehte seinen Kopf so, dass er in ihre blauen Augen sehen konnte – immerhin hatte man ihr oft genug gesagt, welch außergewöhnliche Wirkung sie hätten, obwohl sie mittlerweile von kleinen Fältchen umringt waren. »Sehen Sie mich an, Tim. Das haben Sie anderen erzählt, aber nicht mir.«
    Sie konnte genau erkennen, wie der Kampfgeist aus seinen Augen verschwand und er – oder der Medikamentencocktail in ihm – zu der Entscheidung gelangte, dass es keinen Sinn hatte, sich aufzulehnen. »Man nannte ihn Jalal. Ein paar von den Männern behaupteten, dass sein richtiger Name John ist.«
    »John?«
    »Vielleicht haben sie ihn aber auch nur mit John
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