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John Sincalir - 0973 - Der verhexte Blutwald (1 of 2)

John Sincalir - 0973 - Der verhexte Blutwald (1 of 2)

Titel: John Sincalir - 0973 - Der verhexte Blutwald (1 of 2)
Autoren: Jason Dark
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heftiger mit ihren Flügeln schlugen, und manchmal drangen auch die geheimnisvollen Stimmen zu ihr, als hätte sich ihr die Welt der alten Erdgötter geöffnet.
    Greta mochte die Götter. Sie lebten schon seit Urzeiten hier und hielten sich im Wald versteckt. Ihr Blut pulsierte überall, tränkte den Boden und steckte in jeder Pflanze, jedem Busch und jedem Baum.
    Greta mochte die Götter, und die Götter mochten sie.
    In der Küche stellte Ginette das Radio ab. Als die Frau auf der Veranda dies mitbekam, da wußte sie, daß die Freundin sie bald verlassen würde.
    Es war jeden Abend das gleiche Ritual. Sie kam, um sich zu verabschieden und stieg wenig später in ihren kleinen Wagen, um nach Hause zu fahren.
    Das Dorf lag hinter einem kleinen Hügel und war nur von wenigen Menschen bewohnt. Wenn der Wind günstig stand, hörte Greta das Läuten der Kirchenglocken, was sie so liebte, denn sie war zugleich eine gläubige Frau.
    Hinter ihr hörte sie die Schritte; auch daran hatte sich Greta längst gewöhnt. Hätte sie das Knarren der Holzbohlen nicht gehört, es hätte ihr mittlerweile schon etwas gefehlt.
    Sie drehte den Kopf nach links, als Ginette die Veranda betrat. Neben Greta blieb die Freundin stehen und legte ihr eine Hand auf die Schulter.
    »Geht es dir gut, Greta?«
    »Ja, mir geht es gut.«
    Ginette holte durch die Nase Luft, als wollte sie den besonderen Duft des frühen Abends tief einatmen. »Weißt du, Greta, ich verstehe dich manchmal nicht. Du hast ein schweres Los zu tragen, und da kann ich nicht begreifen, daß du sagst, daß es dir gutgeht, obwohl du im Rollstuhl sitzt.«
    »Ich bin eben zufrieden mit meinem Leben.«
    »Das so einsam ist.«
    Greta schüttelte den Kopf. »Nein, du irrst dich, Ginette. Wir haben oft darüber gesprochen. Es ist nicht einsam, und ich fühle mich auch nicht einsam, denn ich bin von zahlreichen Freunden umgeben. Schau nach vorn, dort siehst du den Wald. Er ist mein Freund. Jeder Baum, jeder Strauch und jeder Halm zählt dazu. Von den Tieren möchte ich gar nicht reden, aber das kannst du leider nicht begreifen.«
    »Stimmt.«
    »Spürst du denn nichts?«
    »Was?«
    »Daß der Wald ein gewaltiges Lebewesen ist. Ein Biotop, ein Kreislauf für sich, ein Stück Leben, eine Welt, in der geboren und auch gestorben wird.«
    Ginette starrte für einen Moment gegen die düstere Wand und bekam einen Schauer. Unter einem glücklichen Leben verstand sie etwas anderes. Sie erinnerte der Wald mehr an ein gewaltiges Grab, in dem sich Unheimliches verborgen hielt.
    Greta mußte lachen, weil sie keine Antwort bekam. »Ich kann dich verstehen, Ginette. Nicht jeder kann so denken wie ich. Die Menschen sind einfach zu unterschiedlich. Vergiß es. Lebe du dein Leben, ich genieße meines.«
    Sie versuchte es trotzdem. »Soll ich dich nicht mal mit in den Ort nehmen?«
    »Warum?«
    »Es gibt dort Abwechslung, obwohl das Dorf so klein ist. Wir feiern Feste, wir haben unseren Spaß. Wir singen und …«
    »Auch tanzen, nicht?«
    »Ja, auch das.«
    »Ich würde es nicht können, Ginette.«
    »Stimmt. Nur wärst du dabei und gehörtest zu uns. Das ist es, was ich damit meine.«
    »Möchte ich das denn?«
    Die Freundin seufzte. »Genau das ist das Problem, Greta. Du möchtest es nicht. Und wahrscheinlich wirst du hier auch versauern und zu einer menschenscheuen Person werden.«
    »Das bin ich schon.«
    »Um so schlimmer – in deinen jungen Jahren.«
    Greta Kinny schüttelte den Kopf. »Ach, Ginette, das siehst du nur so, aber nicht ich. Bei mir ist es was anderes. Ich mag und liebe dieses Leben. Ich brauche niemanden, ich habe alles, was ich brauche.«
    Das wollte Ginette nicht akzeptieren. Sie kannte die Diskussionen und wußte auch, wie wenig fruchtbar sie letztendlich waren, aber sie versuchte es immer wieder. Da war sie wie eine Klette, die sich kaum lösen ließ. Sie verließ ihren Platz, holte sich einen Korbstuhl heran und setzte sich Greta gegenüber. »Ich verstehe dich nicht. Du hast doch Gefühle, du bist nicht frigid. Du brauchst hin und wieder einen Partner oder meinetwegen auch eine Partnerin. Das alles ist in dieser Einsamkeit nicht gegeben.«
    »Für dich nicht, Ginette.«
    »Auch für …«
    »Nein, Ginette, nein, ich sehe das anders.«
    »Das weiß ich leider.« Die Antwort klang traurig.
    Greta Kinny lächelte und schaute die Freundin an. Ginette war hellblond, so blond, daß die Haare schon aussahen wie gefärbt. Im Gegensatz dazu standen die dunklen Augen, die dem Gesicht
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