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Joe Kurtz 01 - Eiskalt erwischt

Joe Kurtz 01 - Eiskalt erwischt

Titel: Joe Kurtz 01 - Eiskalt erwischt
Autoren: Dan Simmons
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eine echte Buchhandlung war, wurde hier unten in der Science-Fiction-Abteilung mit Heroin gedealt. Da war es gut, immer einen Fluchtweg parat zu haben.«
    Kurtz sah sich um und nickte. »Telefonanschlüsse?«
    »Fünf. Ich vermute, es gab eine Menge Anfragen zu bestimmten Büchern.« Sie grinste schief.
    »Wir brauchen keine fünf, aber drei wären ganz sinnvoll.« Er sah sich die Steckdosen im Boden und an den Wänden an. »Ja, sag Tommy, das entspricht unseren Vorstellungen.«
    »Es gibt kein Tageslicht.«
    »Das ist mir egal.«
    »Dir vielleicht«, sagte Arlene. »Wenn es so wie früher ist, bist du nicht allzu oft da. Aber ich muss neun Stunden am Tag diese Kellermauern anstarren. Ich kriege nicht mal mit, welche Jahreszeit wir gerade haben.«
    »Wir sind hier in Buffalo«, versetzte Kurtz trocken. »Da kannst du immer davon ausgehen, dass Winter ist.«
    Er fuhr sie zu ihrem Haus und half ihr, die Pappkartons mit ihren Sachen hineinzutragen, die sie aus den Anwaltsbüros im Einkaufszentrum abgeholt hatte. Es war nicht viel. Ein gerahmtes Foto von ihr und Alan. Ein anderes Foto von ihrem toten Sohn. Eine Haarbürste und noch ein bisschen Kleinkram.
    »Morgen leasen wir die Computer und kaufen ein paar Telefone«, kündigte Kurtz an.
    »Ach? Und mit welchem Geld?«
    Kurtz zog den weißen Umschlag aus der Tasche und gab ihr 300 Dollar in Fünfzigern.
    »Wow«, sagte Arlene. »Das reicht gerade für die Endgeräte der TK-Anlage. Wenn überhaupt.«
    »Du musst doch was gespart haben«, meinte Kurtz.
    »Machst du mich etwa zur Teilhaberin?«
    »Nein, aber ich zahle die üblichen Zinsen auf den Kredit.«
    Arlene seufzte und nickte.
    »Aber ich brauche heute Abend dein Auto.«
    Arlene holte sich ein Bier aus dem Kühlschrank. Sie bot ihm keins an. Sie goss einen Schluck in ein sauberes Glas und steckte sich eine Zigarette an. »Joe, ist dir eigentlich bewusst, welche Auswirkungen dieses ständige Autoausleihen auf mein Sozialleben hat?«
    »Nein. Welche denn?«
    »Gar keine.«

KAPITEL 5
    Als Rechtsanwalt Leonard Miles zusah, wie Millionen Tonnen Wasser hypnotisierend über den blaugrünen Rand der Unendlichkeit strömten, dachte er darüber nach, was Oscar Wilde über die Niagarafälle gesagt hatte: »Für die meisten Menschen ist es die zweitgrößte Enttäuschung in ihren Flitterwochen.« Jedenfalls so ähnlich. Miles war kein Wilde-Experte.
    Miles bekam die Wasserfälle von der amerikanischen Seite zu Gesicht – die konnte zwar definitiv nicht mit der Aussicht von Kanada aus mithalten, aber es gab keine Alternative, weil die beiden Männer, mit denen er sich hier traf, wahrscheinlich nicht legal nach Kanada einreisen durften. Wie die meisten, die in Buffalo geboren waren, interessierten Miles die Niagarafälle nicht besonders. Aber das hier war ein öffentlicher Ort, wo es schon mal vorkommen konnte, dass ein Anwalt zufällig einen seiner Klienten traf – Malcolm Kibunte war einer seiner Klienten gewesen –, und die Aussichtsplattform war nicht allzu weit von Miles’ Haus auf Grand Island entfernt. Außerdem musste Miles hier nicht befürchten, dass er jemandem aus dem Farino-Klan begegnete, oder, was fast noch wichtiger war, sich einer seiner Kollegen oder Freunde unter der Woche nachmittags hier herumtrieb.
    »Überlegst du, ob du springen sollst, Herr Anwalt?«, erklang eine tiefe Stimme hinter ihm und eine schwere Pranke fiel auf seine Schulter.
    Miles zuckte zusammen. Er drehte sich langsam um und blickte in das grinsende Gesicht und den blinkenden Diamantzahn von Malcolm Kibunte. Malcolm hielt Miles’ Schulter immer noch in einem festen Griff, als überlegte er, ob er den Anwalt hochheben und über das Geländer werfen sollte.
    Dazu wäre er ohne Weiteres in der Lage, das wusste Miles. Bei Malcolm Kibunte bekam er eine Gänsehaut und dessen Kumpel Cutter jagte ihm wirklich Angst ein. Da Leonard Miles den größten Teil der letzten drei Jahrzehnte mit stinkreichen Freaks, Profikillern und psychotischen Drogendealern zugebracht hatte, hörte er auf solche Ängste. Als er die zwei Männer betrachtete, konnte Miles nicht sagen, wer von den beiden merkwürdiger aussah – Malcolm, der athletische, schwarze 190-Zentimeter-Mann mit dem kahl rasierten Schädel, dem Körper eines Ringers, acht Goldringen, sechs diamantenen Ohrringen, einem diamantgespickten Schneidezahn und seinem allgegenwärtigen schwarzen Lederoutfit; oder vielleicht doch Cutter, der schweigsame, magersüchtige Beinahe-Albino mit den
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