Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Joanna Bourne

Joanna Bourne

Titel: Joanna Bourne
Autoren: Die Geliebte des Meisterspions
Vom Netzwerk:
Bericht erstattete oder Befehle entgegennahm. »Ihr habt es sicher längst erraten. Die Albion-Pläne sind nur noch Asche. Vauban hat sie in jener Nacht lieber im Kamin der Schenke verbrannt, als sie Leblanc zu geben.«
    »Du hast genug gesagt.«
    »Doch zuvor hat er sie mir gegeben, damit ich sie auswendig lerne.«
    Soulier bedeutete ihr mit einem unwirschen und entschiedenen Kopfschütteln, dass es notwendig sei, die Diskretion zu wahren.
    »Die Briten wissen über mein Gedächtnis Bescheid. In tagelanger Arbeit habe ich die Pläne in der Meeks Street Seite für Seite wieder zu Papier gebracht.« Sie stellte sich diesen Ablauf so lebhaft und genau vor, dass es sich nicht einmal gelogen anfühlte. »Sie sind jetzt in ihrem Besitz.«
    Geschafft. Frankreich würde nicht einmarschieren, und England war nicht mehr in Gefahr. Nun musste sie sich dem stellen, was sie erwartete.
    Soulier starrte auf seine Hände, die übereinander auf dem Knauf seines Gehstocks ruhten. »Du hast das für Vauban getan.«
    »Er hat mich darum gebeten … in Brügge.«
    »Dann hat er dich zum Tode verurteilt.« Soulier lehnte sich zurück und schloss die Augen. »Nicht einmal ich kann dich mehr retten.«
    Ihr standen die Haare im Nacken zu Berge. Es war schon ein Unterschied, ob man wusste, dass man starb, oder ob einem das Todesurteil verkündet wurde. »Ich habe die Folgen meines Handelns akzeptiert. Lange Zeit habe ich meinen Aufbruch nach England hinausgezögert, weil ich hoffte, dass Napoleon doch noch von einer Invasion absehen würde und die Pläne auf diese Weise hinfällig wären, doch das geschah leider nicht. Ich hatte nämlich nicht vor zu sterben. Und dann wurde ich auch noch verletzt und erblindete.« Ihr Mund war ganz trocken. »Was die ganze Sache noch schwieriger gestaltete. Außerdem war Leblanc eine arge Herausforderung.«
    »Annique«, bat Soulier freundlich.
    »Ja?«
    »Sei still. Ich muss nachdenken.« Er öffnete die Augen und sah sie tadelnd an. »Und steh nicht wie angewurzelt da. Wegen der Leute, die du mitgebracht hast, damit sie um dich streiten, sieht dieser Raum aus wie ein Schlachtfeld. Mach dich ein bisschen nützlich.« Er schloss die Augen wieder.
    Das tat gut. Vielleicht dachte Soulier ja darüber nach, wie er sie vor Fouché retten konnte. Es war nicht unmöglich.
    Grey sagte rein gar nichts, wofür sie ihm sehr dankbar war. Er wusste, besser als jeder andere, dass die Briten nicht im Besitz der Pläne waren. Im Moment spielte er einfach mit.
    Sie stellte den kleinen Tisch wieder auf die Beine, legte das silberne Tablett darauf und kniete sich hin, um die Scherben des Lampenglases einzusammeln. Welch profane Beschäftigung. Spionage bedeutete ein Leben voller langweiliger, alltäglicher Aufgaben, die erledigt wurden, während der Tod ans Fenster kratzte. Sie war sieben gewesen, als Soulier ihr das gesagt hatte.
    Die Dinge standen gar nicht so schlecht. Leblanc hatte sie am Ende doch nicht erschossen. Die Öllampe hatte nach ihrem Sturz vom Tisch nicht alles in Brand gesetzt und ihr damit einen feurigen Tod erspart. Sie hatte Soulier, dem Meister im Aufdecken von Unwahrheiten, eine überzeugende Lüge aufgetischt. Soulier hatte sich noch nicht gezwungen gesehen, sie zu töten. Und sie hatte eventuell den Einmarsch in England verhindert. Alles in allem hatte sie also jeden Grund, sich auf die Schulter zu klopfen.
    Soulier öffnete die Augen. »Du hast dem britischen Geheimdienst die Pläne nicht übergeben.«
    Ihr Magen krampfte sich zusammen. Man glaubte ihr letzten Endes doch nicht. Diabl e. »Soulier, ich habe … «
    »Plappere nicht dazwischen. Es ist Leblanc, der den Briten die Pläne verkauft hat.«
    »Leblanc?«
    »Genau. Ich bin völlig schockiert. Genau in diesem Moment informiert mich Monsieur Grey über Leblancs Vergehen. Er tut dies, weil er auf Rache sinnt, da Leblanc – wie er gerade herausgefunden hat – der Schuldige in der Gold- und Mordsache in Brügge ist.«
    Sie blickte Grey nicht an, dessen Miene zweifellos undurchdringlich war. »Ich verstehe.«
    »Du, mein Kind, warst nie in Brügge, sondern ganz woanders. In Dijon vielleicht.«
    »Was für eine langweilige Stadt. Ich bin begeistert, dort gewesen zu sein.« Sie legte die gesammelten Scherben auf das Tablett. »Es kommt sehr gelegen, dass Leblanc so schuldig ist.«
    »Nicht wahr? Er wird alles abstreiten und sich in ein Dutzend Lügen verstricken, sodass man ihm keinen Glauben schenkt. Fouché ist entzückt, wenn alles ganz einfach
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher