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Jimmy, Jimmy

Jimmy, Jimmy

Titel: Jimmy, Jimmy
Autoren: Mark O'Sullivan
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machen und wie ich mich für ihn aufopfern würde. Stattdessen macht jetzt Sean die ganze Arbeit. Und Brian, was mir am meisten gegen den Strich geht.
    Jeden Nachmittag kommt Seans Kumpel durchs Tor am Ende des Gartens und geht direkt in Dads Zimmer, das einen eigenen Ausgang zum Garten hat. Wenigstens muss ich ihm so nicht aus dem Weg gehen. Sie spielen Computerspiele, und es hat ganz eindeutig einen Effekt auf Dads Fähigkeit, das Zusammenspiel zwischen Augen und Händen zu koordinieren, und auf seine Reaktionsschnelligkeit. Wir sehen es beim Abendessen. Dad zögert immer noch, wenn er nach einem Glas oder sonst was auf dem Tisch greift, aber er verschüttet nicht mehr so viel und lässt nicht mehr alles fallen.
    Sie spielen auch nicht den ganzen Tag Computerspiele. An den meisten Tagen hört man von unten mindestens eine Stunde lang nur noch Dads Ächzen und Stöhnen und dazu das Surren des Hometrainers. Sie bringen ihn wieder in Form. Er hat in der vergangenen Woche schon fünf Pfund abgenommen. Man sieht es fürs Erste nur an seinem weniger aufgedunsenen Gesicht, aber er hat auch einen viel wacheren Blick.
    Nichts, was ich von Brian Dunphy wusste, hat mich auf so was vorbereitet. Es ist nicht so, dass ich viel auf Tratsch gebe. Aber wenn alle Geschichten, die du hörst, in die gleiche Richtung weisen, musst du natürlich annehmen, dass sie einen Funken Wahrheit enthalten. Wenn es danach geht,kann Brian als Sohn eines Polizisten tun und lassen, was er will, ohne jemals Konsequenzen befürchten zu müssen, auch nicht wenn er trinkt oder kifft. Er hat sein Abschlusszeugnis, sucht sich trotzdem keinen Sommerjob, ist aber immer bei Kasse. Und er ist ein notorischer Fremdgänger, der immer nur eins im Sinn hat, und das ist bestimmt nicht Liebe.
    Als Jill gestern Abend kam, weil wir uns zusammen einen Film auf DVD anschauen wollten, habe ich ihr erzählt, dass er jetzt so oft hier ist. Ich weiß nicht, warum ich’s getan habe. Vielleicht brauchte ich mal eine Pause von der Geschichte mit ihrer schwangeren Schwester und ihren spießigen, ach so religiösen Eltern, die das Ganze nicht auf die Reihe kriegen.
    »Pass auf dich auf, Eala!«, sagte sie und schaute kurz von ihren Fingernägeln auf, die sie gerade lackierte. Sie ist kein dummes Modepüppchen, aber sie steht gerade auf Pink und den ganzen Schnickschnack, der dazugehört. »Er braucht wieder eine Braut und wird’s bei dir versuchen.«
    »Seh ich aus, als hätt ich sie nicht mehr alle?«, fragte ich und tat so, als würde ich die DVD-Hülle studieren, damit sie nicht sah, wie ich aus keinem mir erklärlichen Grund rot wurde.
    »Ich sag’s dir nur. Er ist schon seit ein paar Monaten mit keiner mehr zusammen«, sagte Jill. »Jedenfalls nicht dass irgendjemand wüsste. Obwohl er natürlich auch ein raffinierter Trickser ist – ich hab’s auf die harte Tour lernen müssen.«
    »Huhu, wahrscheinlich stecken alle mit ihm unter einer Decke«, sagte ich.
    »Ich mein’s ernst, Eala. Du willst nichts mit ihm anfangen, glaub mir.«
    Es war Jill, wie sie mir am meisten auf den Senkel geht. Die Drama Queen. Man hätte denken können, sie wäre fünfunddreißig und dreimal geschieden. Heute Abend sollte ich eigentlich mit ihr im Kino sein, Freitagabend war immer unser Kinoabend. War. Das letzte Mal ist schon eine ganze Weile her. Sie fragt immer, ich erfinde Ausreden, und Mam wundert sich. »Hast du vielleicht Lust, dich zwei Stunden lang in irgendwelche dämlichen romantischen Komödien zu setzen?«, lautet meine Standardantwort.
    Die Wahrheit ist, dass ich überhaupt nicht mehr das Haus verlassen möchte. Es ist, als müsste ich vierundzwanzig Stunden am Tag darauf lauern, wenigstens ein paar Minuten mit Dad zu ergattern. Nicht nur dass er jede wache Minute mit Sean und Brian verbringt, er besteht auch noch darauf, dass Sean bei ihm im Zimmer schläft. Er möchte nachts nicht allein sein. Ich sollte es Sean nicht übel nehmen, aber ich muss es irgendjemandem übel nehmen.
    »Bist du wütend über das, was passiert ist?«, hat mich Fiona Sheedy ein paar Tage, bevor Dad nach Hause kam, gefragt.
    Wir saßen im Wohnzimmer, und ich tat so, als würde ich ein Sudoku lösen, während sie und Mam sich unterhielten. Es war eins dieser abgekarteten Spiele, wo Mam nach ein paar Minuten plötzlich nach Tom sehen ging, obwohl er, wie wir beide wussten, friedlich in seinem Bettchen lag und schlief. Ich war echt sauer, aber ich blieb sitzen. Sean hatte sich verdrückt, wie immer, wenn
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