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Jim Knopf und die Wilde 13

Jim Knopf und die Wilde 13

Titel: Jim Knopf und die Wilde 13
Autoren: Michael Ende
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einseitig,
gewissermaßen nur vom Wasserstandpunkt aus. Es beunruhigt sie sehr, wenn irgend
etwas sich nicht von diesem Wasserstandpunkt aus verstehen läßt. Aber wenn es
ihnen dann zuletzt doch gelingt, das, was ihnen unverständlich ist, sozusagen
zu verwässern, dann sind sie für gewöhnlich sehr erleichtert. Man darf ihnen
das nicht übelnehmen, denn sie sind im übrigen sehr nette Leute. Und außerdem
machen es viele Menschen auf ihre Weise ebenso. „Und wer seid ihr beide?“
fragte die Seejungfrau neugierig weiter.
    „Ich bin Lukas der Lokomotivführer“,
antwortete Lukas, „und das hier ist mein Freund Jim Knopf, ebenfalls
Lokomotivführer. Ihm gehört die kleine Lokomotive, die hinter uns herschwimmt.“
    „Entschuldigt bitte, daß ich so
neugierig bin“, sagte die Seejungfrau, „aber es ist sehr wichtig für uns
Meerleute, ob ihr beiden vielleicht auch etwas vom elektrischen Strom und
Magneten und solchen Dingen versteht?“
    „Wir sind zwar Dampflokomotivführer“,
erwiderte Lukas, „aber ein wenig verstehen wir trotzdem auch von Elektrizität
und sowas.“
    „Das ist ja wundervoll!“ jubelte die
kleine Seejungfrau. „Das muß ich sofort meinem Papa erzählen. Bitte, wartet
doch einen Augenblick! Ich bin gleich wieder da.“
    Und weg war sie.
    Die beiden Freunde hatten kaum Zeit
sich zu wundern, da erschien die Seejungfrau schon wieder an der
Wasseroberfläche und rief: „Erschreckt nicht! Es ist nur mein Papa!“
    Und dann gab es plötzlich ein ungeheures
Gepruste und Geplansche, und das Meer türmte sich ganz in der Nähe auf wie zu
einem Berg, so daß Emma gefährlich ins Schwanken geriet. Dann tauchte ein
Gesicht auf, so riesenhaft, als ob es einem Walfisch gehörte. Es war ebenso
grün und durchsichtig wie das der kleinen Seejungfrau. Auf dem kahlen Schädel,
der über und über mit Seetang und Muscheln bewachsen war, saß eine gewaltig
große, gläserne Krone. Die Augen quollen hervor und waren kugelig, aber sie
glänzten ebenso golden und geheimnisvoll wie bei einer Kröte. Von der Oberlippe
des unvorstellbar breiten Mundes hing ein langer Schnurrbart herab wie bei
manchen Fischen. Kurz, es war ein Anblick, bei dem Jim vor Schreck wirklich
nicht wußte, ob er lachen oder weinen sollte. Lukas aber ließ sich wie
gewöhnlich seine Verwunderung kein bißchen anmerken.

    „Darf ich euch miteinander bekannt
machen?“ sagte die Seejungfrau. „Das, lieber Vater, sind Herr Lukas der
Vikomolivführer und Jim Knopf. Und dies“, fuhr sie fort, wobei sie sich an die
Freunde wandte, „ist mein Papa, Lormoral, der König dieses Meeres.“ Lukas nahm
höflich seine Mütze ab.
    „Sehr erfreut, Sie kennenzulernen,
König Lormoral.“
    „Papa“, fuhr das Meermädchen fort,
„diese beiden Fremden verstehen etwas von Elektrisch und Magneten und solchen
Dingen. Sie sind nämlich Kikomotivführer.“
    „Guuuut“, ließ sich jetzt der Meerkönig
mit einer ganz tiefen, gurgelnden Stimme vernehmen, „dann kommt gleich einmal
mit hinunter auf den Meeresgrund und seht nach, was da nicht in Ordnung ist.“
    „Das wird nicht gehen“, antwortete
Lukas bedächtig, „so leid es uns tut, König Lormoral.“
    Der Meerkönig runzelte die Brauen, und
da es sich bei ihm um Brauen von der Größe einer Gartenhecke handelte, war es
ein bedrohlicher Anblick.
    „Warum nicht?“ grollte er. Es hörte
sich an, als ob ein Walfisch rülpst.
    „Weil wir dabei ertrinken würden,
Majestät“, meinte Lukas freundlich, „und damit wäre Ihnen doch nicht geholfen.“
    „Stimmt“, gurgelte der Meerkönig.
    „Wo fehlt’s denn eigentlich?“
erkundigte sich Lukas.
    Jetzt mischte sich wieder die kleine
Seejungfrau ins Gespräch: „Das Meeresleuchten geht nicht mehr. Es ist immer
gegangen, aber seit über einem Jahr scheint irgend etwas kaputt zu sein.“
    „Jaaaa“, rülpste der Meerkönig, „eine
verdrießliche Geschichte! Heute ist nämlich große Festbeleuchtung vorgesehen,
zum Andenken an meinen Ur-ur-ur-ur-urgroßvater Gurumusch. Unter seiner
Herrschaft wurde die Anlage für das Meeresleuchten gebaut.“
    „Ich muß erst ein paar Fragen stellen“,
sagte Lukas. „Woher kam denn früher das Licht für das Meeresleuchten?“
    „Um solchen Firlefanz habe ich mich nie
gekümmert“, grollte der Meerkönig unwirsch. „Das Licht war eben einfach da, und
jetzt ist es plötzlich nicht mehr da.“
    Wieder mischte sich die kleine
Seejungfrau in die Unterhaltung: „Meine Urgroßtante Gurgula hat den
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