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Jetzt mal Butter bei die Fische

Jetzt mal Butter bei die Fische

Titel: Jetzt mal Butter bei die Fische
Autoren: Tom Diesbrock
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des Komparsen sehen.
Früher war alles anders
    Mit einer reaktiven Karrierestrategie ist heute kein Blumentopf mehr zu gewinnen. Aber vor nicht allzu langer Zeit war das noch ganz anders: Viele hundert Jahre war die Arbeitswelt sehr übersichtlich und verlässlich. Wenn damals Ihr Vater Bauer, Bäcker oder Schuster war, wurden Sie natürlich auch Bauer, Bäcker oder Schuster. Jemand aus einer Arbeiterfamilie wurde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Arbeiter. Alles war geregelt. Karriere? Aufstieg? Damit befassten sich nicht sehr viele Menschen. Und die Möglichkeit einer beruflichen Umorientierung, weil einen der Job nicht mehr erfüllte? Wäre wohl eine echte Lachnummer gewesen.
    Schauen wir nur wenige Jahrzehnte zurück, sehen wir eine Arbeitswelt, die äußerlich einige Ähnlichkeit mit der Gegenwart hat. Sie drehte sich vor allem um den Aufstieg. Eltern wollten, dass ihre Kinder weiter kamen als sie selbst – sie sollten es einmal besser haben. Und besser hieß vor allem: ein Maximum an Sicherheit und ein stetig wachsendes Einkommen bis zur wohlverdienten Rente.
    Dafür wurde eine Menge in die Ausbildung investiert. War der Vater noch Handwerker, sollte der Sohn möglichst einen Schreibtischjob bekommen in einem schönen, großen Unternehmen, das ihn dann eines fernen Tages mit einer Betriebsfeier und Lobreden in den Ruhestand entlassen würde. Dann hatte man etwas erreicht. Aufstieg fand in der Regel innerhalb des Unternehmens statt und hieß »Beförderung«. Bevor sich alles um Zielvereinbarungen und Tantiemen drehte, wurde man befördert, wenn man lange genug anständig seine Arbeit gemacht hatte. Drängeln gehörte sich dabei natürlich nicht. Wer ordentlich und fleißig war, wurde schon irgendwann vom gütigen Blick seines Chefs erfasst und ein wenig empor gehoben. Natürlich gab es zu jeder Zeit auch Menschen, die sich dem Mainstream widersetzten und taten, wonach ihnen der Sinn stand. Nur waren sie ganz bestimmt Ausnahmeerscheinungen. So etwas machte man früher nicht!
    Diese Zeiten haben sich ein wenig geändert. Nur haben es viele noch gar nicht gemerkt. Oder wollen es nicht merken.
    Wenn die Anstellung bei einer »guten Firma« einmal ein sicherer Hafen war, lag das auch daran, dass alle Beteiligten davon profitierten. Unternehmen und Märkte wandelten sich eher gemächlich – dazu passten eine Kultur, die auf Konstanz und Planbarkeit setzte, und der lebenslang beschäftigte Vollzeitarbeiter. Die Bindung für das ganze (Berufs-)Leben war im Interesse aller.
    Der Bedarf an unserer Arbeitskraft sieht heute völlig anders aus: In vielen Bereichen braucht man schnell und flexibel einsetzbare Kräfte, die man auch möglichst flott wieder loswerden kann. Die logische Konsequenz sind befristete und projektgebundene Verträge, Leiharbeit, Outsourcing und Offshoring, Teilzeitjobs und ein wachsendes Heer von freiberuflich Arbeitenden.
    Ob es uns gefällt oder nicht: In dieser Arbeitswelt taugt eine reaktive Karrierestrategie wie eine Postkutsche zu einem Formel-1-Rennen.
Noch ein Wort zu toten Pferden
    Eine extreme Form der reaktiven Strategie ist das Reiten von toten Pferden – darüber habe ich ja schon viel geschrieben: Wenn meine Selbstwirksamkeitserwartung gering ist, ich also glaube, wenig für mein berufliches Glück tun zu können, wenn ich Angst vor Veränderungen und ein negatives Bild meiner Fähigkeiten und Optionen habe, halte ich reflexhaft an dem fest, was ich habe. Auch wenn ich in meiner Arbeit kaum Freude und Befriedigung finde, unternehme ich doch nichts, um etwas an meiner Situation zu ändern.
    Wenn Menschen tote Job-Pferde reiten, liegt das fast nie an mangelnden Kompetenzen und Möglichkeiten, sondern an einschränkenden Glaubenssätzen wie: »Ich finde doch niemals einen Job. Ich bin viel zu alt. Ich kann doch eigentlich nichts richtig.« Obwohl sie, wenn man sie sich einmal genauer anschaut, ziemlich unsinnig sind, halten viele Menschen solche Sätze für unumstößliche Wahrheiten. Kein Wunder, wenn man dann lieber bleibt, wo man ist, und Job-Mikado spielt.
    Außerdem löst die Vorstellung von Veränderungen und damit einhergehenden Risiken in den meisten von uns Angst aus. Das ist ganz normal. Und ein Weg, der Angst aus dem Weg zu gehen, ist deshalb die Nicht-Veränderung. »Schuster bleib bei deinen Leisten« ist dann das unumstößliche Gesetz der Karriereplanung. Da wir uns und anderen aber ungern eingestehen, dass wir kalte Füße haben, schieben wir andere,
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