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Jenseits der Eisenberge (German Edition)

Jenseits der Eisenberge (German Edition)

Titel: Jenseits der Eisenberge (German Edition)
Autoren: Sandra Gernt
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abnehmen.“
    „Das weiß ich. Nehmt sie und gebt sie den Priestern, sie wissen, was sie damit tun müssen.“
    „Und dann, was geschieht dann?“ Maggarn zögerte. War dies nur ein harmloser Talisman, vielleicht ein Geschenk von diesem Kirian, das von den Priestern gesegnet worden war? Reine Sentimentalität also? Oder steckte mehr dahinter? Und konnte dieses mehr Irtrawitt schaden oder nicht?
    „Ich weiß es nicht“, wisperte Lys verzweifelt. „Ich habe seine volle Bedeutung nie verstanden. Die Priesterin sagte bloß, ich müsse es um jeden Preis bewahren.“
    „Warum vertraust du es dann mir an?“, fragte Maggarn, dem sich alle Haare sträubten. Priester und deren Macht waren ihm unheimlich …
    „Ich vertraue Euch nicht. Aber ich weiß, dass Ihr ein ehrlicher Mann seid und Eure Versprechen haltet.“
    Lys befreite sich von ihm. Kraft war in seine Stimme zurückgekehrt, und der Blick, mit dem er Maggarn nun musterte, loderte vor eisigem Feuer. Er schien direkt in Maggarns Seele zu sehen, durch all die Masken hindurch, mit denen er sich zu schützen versuchte.
„Ich weiß, ich verlange das Unmögliche. Ihr habt keinen Grund, mir zu helfen, Ihr würdet das hier weder für Euch selbst noch für Kumien tun, sondern für einen Sklaven, der nicht einmal das Recht haben dürfte, Euch beim Namen zu nennen.“ Er kniete vor Maggarn nieder, nicht aus Schwäche, sondern in einer Geste der Unterwerfung. Mit steifen, sichtbar schmerzlichen Bewegungen streifte er die Kette über den Kopf und hielt sie Maggarn hin.
    „Bitte, helft mir!“
    Seltsam berührt nahm Maggarn sie an sich. „Schade ich damit meinem Fürsten?“, fragte er verunsichert.
    „Nein. Weder ihm noch Euch oder irgendjemandem in diesem Reich außer mir selbst und dem Mann, den ich liebe, könnt Ihr damit schaden oder nutzen.“
    Maggarns Hand zitterte leicht, als sie sich um die Kette schloss, was ihn selbst maßlos irritierte. Es war vom Augenschein her ein solch unbedeutendes und wertloses Ding … Doch ihre Wärme konnte nicht nur von Lys selbst stammen, zumal er nach drei Tagen in diesem Verlies vollständig ausgekühlt war; und sie zu berühren sandte einen Schauder über seinen Rücken.
    „Ich verspreche, dass ich sie den Priestern übergeben werde“, sagte er schließlich und ließ sie in einer sicheren Tasche seines Dienergewandes verschwinden.
    Lys nickte stumm, während vereinzelte Tränen über seine Wange rannen. Maggarn half ihm, sich anzuziehen, legte ihm Eisenfesseln an. Die ganze Zeit über beobachtete er ihn scharf. Der junge Mann schien nun wieder zerbrochen und zerstört, die Kraft, mit der er eben noch gesprochen hatte, war verschwunden, als hätte es sie nie gegeben.
    „Kann ich sicher sein, dass du mir nichts vorspielst?“, fragte er verwirrt. „Dass du mich nicht in Wahrheit missbrauchen willst, um Rache an meinem Fürst zu nehmen?“
    Lys, der mit tief gesenktem Kopf neben ihm stand, gab seltsame Laute von sich, die Maggarn zuerst für Schluchzen hielt, bis er sie erkannte: Lys lachte. Es war ein gequältes, freudloses Lachen.
    „Mein Fluch“, stieß er heftig hervor, „ich habe zu viele Masken. Lasse ich sie fallen und zeige mein wahres Gesicht, glaubt mir niemand.“ Er blickte verzweifelt zu Maggarn. „Ich will keine Rache an Kumien. Ich will nach Hause, ich will aufwachen aus diesem Albtraum. Sonst nichts. Sagt das auch Eurem Bruder.“
    Maggarn erstarrte, dann packte er ihn am Kragen und schüttelte ihn brutal durch.
    „Wer hat dir das verraten?“, zischte er. „Wer weiß, dass er mein Bruder ist? Wem hast du es noch gesagt?“
    Die völlige Verständnislosigkeit in Lys’ Gesicht machte ihn rasend, doch er hielt sich zurück und schlug ihn nicht.
    „Es ist offensichtlich!“, protestierte Lys fassungslos. „Ich … es ist so deutlich, ich wusste nicht, dass es ein Geheimnis ist, ich dachte, man schweigt aus Höflichkeit …“
    „Niemand weiß es, nur ich und Kumien. Zumindest dachte ich das. Woran hast du es erkannt? Wir sehen uns überhaupt nicht ähnlich!“
    „Die Augen … Die Form eurer Augen ist gleich, die Art, wie ihr euch bewegt und den Kopf haltet, wenn ihr nachdenkt. Und wenn Kumien sich verschließt und hart gibt, dann sieht man es sofort.“
    Maggarn ließ ihn los. Lys wollte zurückweichen, stolperte über seine Fußschellen, konnte sich mit seinen auf den Rücken gefesselten Händen nicht abfangen und prallte gegen Maggarns Schulter. Aufschluchzend lehnte er sich an, was Maggarn
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