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Jenny und der neue Vater

Jenny und der neue Vater

Titel: Jenny und der neue Vater
Autoren: Anna Martach
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Weinen.
    Der Schlüssel fiel dem Mann aus der Hand, und ein unschöner Fluch kam über seine Lippen. Endlich aber hatte er die Tür offen, und sofort schlug ihm Rauch entgegen. Björn hustete. Draußen hörte er Sirenen, die näherkamen, hier drinnen aber war nur noch das Prasseln der Flammen.
    „Jenny!“ Er konnte vor lauter Husten seine eigene Stimme kaum noch verstehen, wie sollte das Mädchen ihn dann hören? Er verfluchte den Zeitverlust, ging aber trotzdem in die Gästetoilette, die sich direkt hier neben dem Eingang befand, durchtränkte zwei Handtücher mit Wasser und hielt sich seines davon vor den Mund, sofort fiel ihm das Atmen etwas leichter.
    „Jenny!“, brüllte er noch einmal.
    Da, war da nicht wieder das leise Weinen? Durch den Rauch konnte er kaum etwas erkennen, und man verlor wirklich rasch die Orientierung. Draußen hielten die Sirenen vor dem Haus, auf jeden Fall war jetzt Hilfe da. Aber bis die Feuerwehrleute hier waren, konnte es zu spät sein. Er musste Jenny jetzt und sofort finden.
    Björn tastete sich voran. Der Baum hatte sich mit einigen Ästen und unzähligen Blättern im Zimmer ausgebreitet, Möbelstücke umgeworfen und Einrichtungsgegenstände wie Holzklötze wahllos verteilt. Aber Björn war jetzt sicher, dort hinten aus einer Ecke etwas zu hören.
    „Jenny!“, rief er wieder und hatte dann endlich das heftig zitternde Kind erreicht. Die Hitze im Raum war kaum noch auszuhalten, und Jenny war schon halb ohnmächtig, allein gehen konnte sie sicher nicht mehr. Björn nahm sie einfach über die Schulter, damit er mit einer Hand auch weiterhin das feuchte Tuch vor dem Gesicht behalten konnte. Das fehlte noch, dass auch er jetzt zuviel Rauch einatmete und selbst hier zusammenbrach.
    Jenny auf seiner Schulter stöhnte. Björn besaß einen guten Orientierungssinn und bekam vor allem keine Panik; ohne zu zögern fand er die Tür. Als er dann durch das Treppenhaus die Haustür erreichte, kam ihm aufgeregt und weinend Renate Hoffmann entgegen, dicht gefolgt von einem Feuerwehrmann in voller Ausrüstung, der die Frau erst einmal daran hindern wollte, einfach in das Haus hineinzustürzen.
    Als sie Björn mit dem Mädchen erblickte, fiel sie fast in Ohnmacht. „Ich war doch nur einkaufen. Wer hätte denn denken sollen, dass so etwas passiert? Mein Gott, die arme Jenny. Sie ist doch nicht tot?“
    Ihr Jammern klang hoch und schrill in Björns Ohren, als er jetzt langsam das Mädchen von der Schulter nahm und auf den Rasen legte, während er selbst schwer atmend nach Luft rang.
    Der Feuerwehrmann gab seinen Kollegen ein Zeichen, und einer von ihnen kam mit einer kleinen Sauerstoffflasche und einer Atemmaske, die er Jenny auf den Mund drückte.
    In diesem Augenblick begann es in Strömen zu regnen. Wie ein Wasserfall kam es herunter, und die dicken Tropfen platzten in das rußverschmierte bleiche Gesicht von Jenny. Sie schlug die Augen auf, ihre Hände tasteten umher, dann schaute sie sich verwirrt um.
    „Wo ist Othello?“, fragte sie undeutlich, und ihre Augen öffneten sich weit vor Angst.
     
    *
     
    Es fiel zunächst gar nicht auf, dass Björn das Geschäft verlassen hatte. Doch irgendwann suchte Kirsten das geliebte Gesicht, fand es nicht und ging dann in sein Büro. Auch dort war der Mann nicht zu finden.
    „Wo ist der Chef?“, fragte sie ihre Kollegin. Die lächelte etwas verlegen. „Der wollte sich davon überzeugen, dass es deiner Tochter gut geht und ist eben hinübergegangen.“
    „Du meine Güte, er macht sich ja mehr Gedanken als ich. Ich hatte doch nur so ein komisches Gefühl. Aber er ist wirklich lieb.“
    „Du weißt gar nicht, wie viele Glück du hast“, seufzte die Kollegin, allerdings ohne Neid. „Wenn ich dann denke, dass ich meinen Mann stets mit sanfter Gewalt dazu bringen muss, dass er sich aufrafft, um mit dem Kindern zu spielen, glaube ich, dass du das große Los gezogen hast. Aber ich gönne es dir, du hast es wohl schwierig genug gehabt in deiner Ehe.“
    Kirsten hatte nur in Andeutungen über ihre Zeit vorher gesprochen. Aber ihre Kolleginnen waren nicht dumm, die konnten sich ihren Teil denken.
    Kirsten lächelte glücklich.
    „Das Leben könnte perfekt sein, wenn mein Noch-Ehemann jetzt auch endlich Ruhe gäbe. Aber ich denke, er wird irgendwann zur Vernunft kommen, wenn er merkt, dass es endgültig aus ist.“
    „Männer brauchen immer ein bisschen länger“, stimmte die Kollegin zu. Dann hoben beide Frauen plötzlich die Köpfe. Von irgendwoher kamen
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