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Jeans und große Klappe

Jeans und große Klappe

Titel: Jeans und große Klappe
Autoren: Evelyn Sanders
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jesacht, zum Studieren bin ick sowieso zu dämlich. Außerdem soll ick ja mal den Laden von Opa übernehmen, und der braucht keenen Tischler mit Latein!«
    Wieso es Hardy vom heimischen Kreuzberg ins schwäbische Randersau verschlagen hatte, habe ich nie herausbekommen. Es hatte irgend etwas mit der kranken Oma und den türkischen Gastarbeitern zu tun.
    Sven wurde zwar von Saschas Freundeskreis akzeptiert und mischte manchmal kräftig mit, aber er hatte auch seine eigenen Kumpane, die von Sascha jedoch rundweg abgelehnt wurden:
    »Die Typen kannste alle abhaken! Sieh dir doch bloß mal den Jochen an, das ist der mit den Hexenmetern. Dauernd redet der so geschwollen!«
    »Es handelt sich um Hexameter, und darunter versteht man ein griechisches Versmaß, du hoffnungsloser Ignorant!« Sven führte mal wieder sein fortgeschrittenes Alter ins Treffen.
    »Na, wenn schon. Und diese andere Flasche hat doch auch 'ne Meise, Breitmaul, oder wie der heißt.«
    »Der heißt nicht Breitmaul, der heißt Breitkopf!« berichtigte Sven.
    »Ist doch auch egal. Breitmaul würde übrigens viel besser passen, der Kerl kann doch den Spargel quer fressen!«
    Der Konversation unter Brüdern mangelt es oft an Eleganz. Davon abgesehen hatte Sascha sogar recht. Der Knabe Breitkopf besaß in der Tat einen ungewöhnlich großen Mund. Außerdem züchtete er Kakteen. Dieser Pflanzengattung hatte Sven bisher noch keine Beachtung geschenkt, und so stürzte er sich mit Feuereifer in ein neues Forschungsgebiet. Seitdem haben wir auch Kakteen. Bei der letzten Zählung waren es 82.
    Svens Freunde traten relativ selten in Erscheinung. Einmal, weil sie am entgegengesetzten Ende des Ortes wohnten, zum anderen, weil Sven lieber zu ihnen ging. »In diesen Kindergarten hier kann man doch keinen halbwegs normalen Menschen einladen!«
    Stefanie zog eine Weile mit Katharina herum, freundete sich mit einer rothaarigen Isabell, danach mit einer flachsblonden Kirsten an und lief schließlich mit fliegenden Fahnen zu Angela über. Es dauerte nicht lange, und die beiden klebten zusammen wie Pech und Schwefel. Stefanie schlief bei Angela, Angela schlief bei Stefanie. Wenn Angela ihre Oma besuchte, stiefelte Stefanie mit. Wenn Stefanie zum Zahnarzt ging, wurde sie von Angela begleitet. Trug Angela einen roten Pullover, dann zog Stefanie auch einen an. Wenn Angela ihren alljährlichen Heuschnupfen bekam und in unseren Sesselecken ihre benutzten Taschentücher deponierte, räumte Steffi sie bereitwillig weg. Die beiden hingen aneinander wie siamesische Zwillinge und würden es vermutlich heute noch tun, wenn Angela nicht nach München verzogen wäre. Die Freundschaft ging an beiderseitiger Schreibfaulheit zugrunde. Oder an Herrn Minister Gscheidle, der bei der Festsetzung von Telefongebühren nicht das Mitteilungsbedürfnis von Elfjährigen berücksichtigt hatte.
    Nicole und Katja erklärten sämtliche Besucher des Kindergartens zu ihren Freunden, reduzierten diese Anzahl so nach und nach auf ein rundes Dutzend und entschieden sich schließlich für Bettina und Andrea.
    Womit die handelnden Personen endlich komplett wären!

3
    »Mami, was kostet eigentlich ein Anorak?« Sascha feuerte seinen Ranzen neben den Kühlschrank, angelte sich eine Kohlrabiknolle vom Tisch und kaute geräuschvoll darauf herum.
    »Mindestens fünfzig Mark, meistens mehr. Weshalb interessiert dich das überhaupt? Du hast doch erst im Frühjahr einen neuen bekommen«.
    »Der ist jetzt aber weg!«
    »Was heißt weg?«
    »Na ja, im Fundbüro war er nicht, und am Bahnhof hat ihn auch niemand abgegeben, also ist er weg!«
    Jetzt reicht es allmählich! Als wir für unsere Knaben den gehobeneren Bildungsweg planten, hatten wir natürlich gewisse Kosten einkalkuliert. Monatskarten, Kakaogeld, Turnhemden mit Schulemblem und ähnliche Dinge, die nicht unter die Rubrik Lehrmittelfreiheit fallen. Dann kamen noch Arbeitshefte dazu, in die man etwas hineinschreibt und die man deshalb selber kaufen muß, Zirkelkästen, Aquarellfarben…, von den regelmäßigen Unkostenbeiträgen für den Werkunterricht oder die Zeichenstunden ganz zu schweigen. Rolf stellte fest, daß Bildung teuer ist, und erhöhte zähneknirschend das Haushaltsgeld.
    Nicht eingeplant waren allerdings die zusätzlichen Kosten für Gebrauchsartikel, die im Zug liegenblieben und dann auf Nimmerwiedersehen verschwanden. Ausgenommen einen Regenschirm, von dem aber schon zwei Speichen gebrochen waren und den der ehrliche Finder deshalb wohl auch
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