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Jamey. Das Kind, das zuviel wußte

Jamey. Das Kind, das zuviel wußte

Titel: Jamey. Das Kind, das zuviel wußte
Autoren: Jonathan Kellerman
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Ich stellte meinen Wagen auf dem fast leeren Parkplatz ab und ging auf den Eingang zu: eine Doppeltür aus mattem Stahl, die in eine Glaswand eingesetzt war. Sie war verschlossen. Ich drückte auf die Klingel.
    Ein Wachmann spähte durch das Glas, kam herangeschlurft und steckte seinen Kopf aus der Tür. Er war in mittleren Jahren, schmerbäuchig, sogar im Dunkeln konnte ich die blauroten Adern auf seiner Nase erkennen.
    »Was wollen Sie?« Er zog seine Hosen hoch.
    »Ich bin Dr. Delaware. Einer meiner Patienten, James Cadmus, hat mich angerufen, er scheint in einer Krise zu sein, ich möchte sehen, wie es ihm geht.«
    »Ach, den meinen Sie.« Der Mann blickte mich finster an und ließ mich herein.
    »Hier entlang, Doktor.«
    Er führte mich durch einen leeren Empfangsraum, der in einem faden Blaugrün und Grau gehalten war und in dem es nach verwelkten Blumen roch. Er ging nach links auf eine Tür mit der Aufschrift STATION C zu, entriegelte sie und ließ mich durch. Wir kamen in eine unbesetzte Pflegestation, die mit PCs und dem Monitor der Hausüberwachungsanlage ausgestattet war. Der Wachmann durchquerte den Raum und wandte sich nach rechts. Wir betraten einen kleinen Flur, dessen helle Wände von blaugrünen Türen unterbrochen wurden; in jede dieser Türen war ein Guckloch eingelassen. Der Mann deutete auf eine Tür, die offen stand.
    »Gehen Sie da hinein, Doktor.«
    Der Raum war ungefähr zwei mal zwei Meter groß und nicht sehr hoch, die Wände waren mit weißem, weichem Schaumstoff bedeckt. Den meisten Platz nahm ein Krankenbett ein, an dem lederne Schlingen befestigt waren. Nur ein einziges Fenster war hoch in einer Wand angebracht. Es war undurchsichtig wie altes Plexiglas und mit einem Stahlgitter gesichert. Alle Einrichtungen, von der Kommode bis zum Nachttisch, waren eingebaut, festgebolzt und mit blaugrünem Schaumstoff bezogen. Auf dem Boden lag ein zerknüllter Schlafanzug.
    Drei Personen in steifem Weiß befanden sich im Raum. Eine korpulente blonde Frau, Mitte vierzig, saß mit aufgestütztem Kopf auf dem Bett. Neben ihr stand ein großer untersetzter Schwarzer mit Hornbrille. Eine zweite Frau, jung, dunkelhaarig und sinnlich, so etwas wie Sophia Lorens jüngere Schwester, stand etwas abseits von den anderen. Beide Frauen trugen Schwesternhauben, der Mann war mit einem zugeknöpften Kittel bekleidet.
    »Hier ist sein Arzt«, verkündete der Wachmann, worauf mich die drei verdutzt anstarrten. Die Korpulente hatte ein verheultes Gesicht und wirkte verängstigt. Der große Schwarze kniff verwundert die Augen zusammen und versank wieder in Lethargie.
    Die Schöne blitzte mich wütend an, stieß den Schwarzen zur Seite und fuhr mit geballten Fäusten und wogendem Busen auf uns los.
    »Was zum Teufel hat das zu bedeuten, Edwards?«, herrschte sie den Wachmann an. »Wer ist dieser Mann?« Dessen Schmerbauch fiel gleich einige Zentimeter in sich zusammen.
    »Äh … er hat gesagt, er sei der Arzt von Cadmus, Mrs. Vann, und, äh … da habe ich …«<
    »Das war ein Missverständnis.« Ich lächelte sie an. »Ich bin Dr. Delaware, wir telefonierten vorhin miteinander.«
    Sie sah mich verblüfft an und wandte sich dann wieder dem Wachmann zu.
    »Dies ist eine geschlossene Abteilung, Edwards. Sie ist aus zwei Gründen geschlossen.« Sie lächelte ihn kühl und herablassend an. »Ist Ihnen das bekannt?«
    »Ja, Ma’am …«<
    »Welche Gründe sind das wohl, Edwards?«
    »Äh, um die Klapsmü…, um die Sicherheit zu gewährleisten, Ma’am, und, äh …«<
    »Um die Patienten drin und Fremde draußen zu halten!« Sie funkelte ihn wütend an. »Sie sind wohl heute Nacht etwas aus dem Tritt.«
    »Ja, Ma’am, ich dachte, seit der Junge …«
    »Sie haben für heute Nacht genug gedacht«, blaffte sie zurück. »Gehen Sie wieder auf Ihren Platz!«
    Der Wachmann sah verschnupft in meine Richtung.
    »Soll ich ihn wieder mit…«
    »Gehen Sie, Edwards!«
    Er sah mich hasserfüllt an und schlurfte los. Die Korpulente auf dem Bett legte ihr Gesicht in die Hände und fing an zu heulen. Mrs. Vann bedachte sie mit einem verächtlichen Seitenblick, schwenkte ihre schwarze Mähne in meine Richtung, und sie reichte mir eine feingliedrige Hand.
    »Hallo, Dr. Delaware.«
    Ich versuchte, meine Gegenwart zu erklären.
    »Sie sind sehr engagiert, Doktor, man kann Ihnen keinen Vorwurf machen.« Sie lächelte kalt.
    »Ich bin Ihnen sehr dankbar, wie geht es …«<
    »Man durfte Sie nicht einlassen. Edwards wird sich dafür
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