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Jakobsweg - Ein Weg nicht nur für Gscheitles

Jakobsweg - Ein Weg nicht nur für Gscheitles

Titel: Jakobsweg - Ein Weg nicht nur für Gscheitles
Autoren: Ulrich Gast
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Berghöhenrückens. Neben der Frühlingsstimmung bot der Weg auch noch fantastische Aussichtspunkte.
    Als ich so mit einem freundlichen Gruß auf den Lippen an zwei rastenden Damen mittleren Alters vorbei schritt, sprach mich eine der Damen auf Französisch an, worauf ich zu verstehen gab, dass ich nichts verstehe. Welche Sprache ich denn spreche, wollte sie auf Englisch wissen. Meine Antwort bestand aus einem einzigen Wort nämlich Deutsch. Sogleich merkte die andere der beiden Damen an: „Sind Se än Schwob? An Ihrer Sproch merkt mors. Wo kommä Se denn her?“ Als ich ihr Schwaigern zur Antwort gab, stellte sich heraus, dass sie in derselben Ortschaft wie unser Altbürgermeister Herr Haug aufgewachsen war. Nach einem netten Wortwechsel verabschiedete ich mich und setzte meinen Weg fort.
    Als ich vor einer riesigen Sude (Pfütze) mit einem weiten Morastfeld stand und mir wie so viele die günstigste Überquerungsroute zeitaufwendig überlegte, fragte plötzlich ein Herr auf Englisch, ob denn hier eine Pfütze wäre. Kaum hatte ich ihm seine Frage bejaht, hatte er bereits zur Hälfte den Pfützen- und Schlammbereich durchschritten. Dieser Mann führte mir anschaulich vor Augen, wie rasch man ein Problem meistern kann, indem man die Situation erfasst, sich schnell für eine der Lösungsmöglichkeiten entscheidet und sogleich entsprechend handelt, zumal diese Vorgehensweise nicht automatisch merklich nachteilig sein muss, d.h. in diesem Falle, zu keinen dreckigeren Schuhen und Hosenbeinen führen muss. Vielmehr birgt dieses Verhalten in sich den Vorteil, dass man weniger aus seinem Wanderrhythmus heraus kommt und hierdurch kräftemäßig ausdauernder sein müsste. So meinte ich jedenfalls!
    Auch fing ich entgegen meiner seitherigen Gepflogenheit nunmehr erstmalig zuerst mit meiner Mundart ein Gespräch an und wich erst bei mangelnder Resonanz hernach auf Englisch oder äußerst gebrochenes Spanisch aus. Als angeblich mangelnde Höflichkeit, wie es mir anerzogen wurde, wollte ich dieses nicht länger akzeptieren. Vielleicht beherrscht mein Gegenüber besser Deutsch als ich Englisch, wodurch der Gesprächsfluss und damit eine Unterhaltung erleichtert werden dürfte. Des Öfteren schon hatte ich auf eine englische, französische oder spanische Frage mit der Gegenfrage geantwortet: „Sprechen Sie Deutsch?“ Manches Mal erhielt ich hierauf zur Antwort, dass dieses die Angelegenheit erheblich erleichtere. Also! Nun soll Schluss sein mit dem ständigen Gefallenwollen gegenüber Anderssprachigen! Wir Deutschen und insbesondere wir Schwaben scheinen in der Tat lieber Informationsmängel, die aus mangelnden Fremdsprachenkenntnissen resultieren, hinzunehmen, um ja nicht als unhöflich angesehen zu werden, anstatt couragiert jedoch höflich nach Deutschkenntnissen nachzufragen. Was allerdings nicht heißen soll, nunmehr die gebührende Hilfsbereitschaft vermissen zu lassen.
    Obgleich ich mich trotz meinen gelegentlich gedanklichen Ausschweifungen bemühte, äußerst bewusst den Weg zurückzulegen, musste ich mich wohl streckenweise zu sehr auf den sudeligen Weg konzentriert haben, so dass ich erst nach Überschreiten der Passhöhe von Erro bemerkte, wieder einmal eine Sehenswürdigkeit nämlich den so genannten Rolandfelsen, eine über zwei Meter lange Steinplatte, die der Schriftgröße des Helden im Rolandlied entsprechen soll, verpasst zu haben. Künftig werde ich derartige Versäumnisse nicht mehr erwähnen.
    Jedenfalls war ich nicht achtlos an der gotischen Brücke des Dorfes Zubiri vorbei gegangen, von der es heißt, dass die im Bogenpfeiler eingemauerten Reliquien einer Heiligen unter Anwendung eines bestimmten Ritus zur Vorsorge gegen Tollwut mit beitragen könne. In Zubiri, das ca. 11 km von Viscarret entfernt liegt, hatte ich eine Schlafstatt in der hiesigen Pilgerherberge bezogen und mich erstmalig im Herbergsgästebuch wie folgt verewigt:
     
„ 09/05/04 „Contra frustram eurem“
Getreu diesem Wahlspruch habe ich bereits zwei Tage mit winterlichen Temperaturen auf dem Ibañeta-Pass zu kämpfen gehabt, so dass sich wie heute angedeutet die Witterungsvoraussetzungen für den weiteren Weg nur bessern können, so hoffe ich doch. Ansonsten könnten womöglich alle zuhause Recht behalten, die meinten, ich würde mangels Kondition dieses nicht schaffen. Ulrich / Schwaigern / Württemberg“
     
    Obgleich mein Tagesbericht nunmehr abgeschlossen und auch das Übrige erledigt war, war ich trotz meinem Hunger gehalten, bis
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