Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jade-Augen

Jade-Augen

Titel: Jade-Augen
Autoren: Jane Feather
Vom Netzwerk:
glänzten, stand vor ihm, hielt einen bösartigen Dolch auf eine Weise in den Händen, die deutlich machte, daß sie ihn zu gebrauchen wußte und im Bedarfsfalle nicht zögern würde.
    »Wer, zum Teufel, bist du?« hörte er sich selbst ein wenig heiser fragen.
    »Und wer, zum Teufel, bist du?« kam die prompte Antwort. Die grünen Augen suchten den See und die ihn umgebenden Bäume ab. »Die Soldaten der Feringhee reisen normalerweise nicht allein. Es ist ein wenig gefährlich dieser Tage, nicht wahr?«
    Der Spott in ihrer Stimme war unüberhörbar und er spürte, wie sich seine Nackenhaare verdrießlich sträubten. Wie sehr auch immer er im verborgenen mit der Ablehnung der britischen Militärpräsenz seitens der Afghanen sympathisierte, so war er doch ein Offizier dieser Armee und durfte eine Unterstellung von Feigheit, ob unausgesprochen oder unverblümt, nicht ohne Widerspruch hinnehmen.
    Aber wie hatte ein Gentleman seinen Ärger einer splitternackten, mit einem Dolch bewaffneten Frau gegenüber zum Ausdruck zu bringen?
    Er rang noch immer mit diesem Zwiespalt, voller Unbehagen angesichts des Spotts in ihren grünen Augen, als sie erneut das Wort ergriff. »Du solltest hier lieber verschwinden. Sie werden dich töten, wenn sie dich entdecken.«
    »Wer?« Er war noch immer ein Opfer seiner eigenen Verwirrung und sah undeutlich, daß er sich auf erschreckende Weise im Nachteil befand, was eigentlich nicht der Fall sein sollte – ein Leutnant aus Königin Victorias Armee derart in Verlegenheit. Sicherlich gäbe es eine Möglichkeit, ihr den Dolch zu entwinden. Aber um das zu tun, würde er sie berühren müssen und er glaubte nicht, daß ihm das unter den gegebenen Umständen in schicklicher Weise gelingen würde.
    »Das geht dich nichts an«, antwortete sie. »Aber ich gebe dir mein Wort, wenn sie dich hier so mit mir finden, werden sie dich töten. Und es wird ein einzigartig unangenehmer Tod sein – etwas, worin sie große Erfahrung haben.« Ihr Ton klang sachlich, aber er bemerkte eine plötzliche Anspannung in dem geschmeidigen Körper. »Geh«, befahl sie.
    »Einen Augenblick!« Er entdeckte ein zwingendes, wenn auch verspätetes Verlangen, sich Gewißheit zu verschaffen. »Ich weiß nicht, wer du bist oder welches Recht du hast, dich hier aufzuhalten, wenn ich keines habe. Vor allem aber sehe ich keinen Grund, warum ich fortlaufen sollte. Mir scheint es eher, daß augenblicklich du die Gefährdete bist.« Er gestattete es seinem Blick, ihren Körper hinunterzuwandern, und fühlte einen Stich der Genugtuung, als sich eine zarte Röte auf ihren Wangen zeigte. »Mach keinen Fehler – ich will deine Reize nicht verunglimpfen, aber englische Damen enthüllen sich gewöhnlich nicht vor fremden Männern. Und wenn du keine englische Dame sein solltest, was bist du dann?«
    Sie bewegte sich so schnell, daß er nicht wußte, wie es geschehen war, aber die Spitze ihres Dolches stach in seinen Hals und brachte sein Blut zum Fließen. Die grünen Jade-Augen waren dabei so kalt wie Stein. »Wer ich bin und was ich bin, hat nichts mit dir zu tun, europäischer Hund!« murmelte sie. »Ich lebe nicht nach deinen Gesetzen und ordne mich nicht deinen Etiketten unter.«
    »Gott verdammt! Aber du bist genauso wie ich ein Feringhee« ,rief er und griff abrupt nach dem Gelenk der Hand, welche die Klinge an seinen Hals hielt. Er war zu wütend, um sich vorher Gedanken über das Risiko zu machen, das er einging, und es zahlte sich aus. Sie trieb die Spitze nicht tiefer in sein Fleisch, wie sie es leicht hätte tun können. Statt dessen weiteten sich ihre Augen vor Überraschung vermischt mit einer Spur von Ärger. So standen sie eine Weile still, seine Finger umklammerten ein schmales, zerbrechliches Handgelenk und ihr nackter Körper war seinem so nah, daß ihre Brüste gegen seinen Uniformrock rieben, als sie scharf die Luft einsog.
    »Du bist keine Afghanin, keine Perserin, keine Inderin«, fuhr er fort und suchte bedachtsam seinen Vorteil auszunutzen. »Und das, Miss, macht dich zu einem ebensolchen europäischen Ungläubigen wie mich. Und ich sage dir, daß die jungen Damen dort, wo ich herkomme, nicht mit bloßer Haut herumlaufen und Messer auf unschuldige Fremde richten.« Er gab ihr Handgelenk so plötzlich frei, wie er es ergriffen hatte, trat zurück und strich den grob behandelten Kragen seines Rocks glatt, wobei er sie wachsam im Auge behielt.
    Ein Ausdruck von Unsicherheit hatte sich in den jadegrünen Blick
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher