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Ivanhoe

Ivanhoe

Titel: Ivanhoe
Autoren: Walter Scott
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Eingriff diesen Kampf stören dürfe. Dann nahm der Großmeister Rebekkas Handschuh, warf ihn in die Schranken und tat den verhängnisvollen Ruf: »Laisser aller!«
    Die Trompeten schmetterten und in vollem Rosseslauf prallten die Ritter gegeneinander. Wie alle erwartet hatten, stürzte das müde Roß Ivanhoes und sein Reiter vor dem kräftigen Rosse und der festgeführten Lanze des Templers zu Boden. Aber obgleich Ivanhoes Lanze kaum den Schild Bois-Guilberts berührt zu haben schien, wankte der Templer doch zum Erstaunen aller Zuschauer im Sattel, verlor den Steigbügel und fiel in die Schranken. Ivanhoe machte sich rasch von seinem Pferde frei und zog sein Schwert, um seinen Nachteil wieder gut zu machen, aber sein Gegner stand nicht wieder auf. Wilfried setzte ihm den Fuß auf die Brust und hielt ihm die Spitze des Schwertes an die Kehle. Er stellte ihm die Wahl zu sterben oder sich für besiegt zu erklären. Bois-Guilbert antwortete nicht.
    »Tötet ihn nicht, Herr Ritter,« rief der Großmeister, in die Schranken herabsteigend. »Tötet nicht Leib zugleich und Seele ohne Beichte und Absolution. Wir erkennen ihn für besiegt.«
    Er befahl, dem Besiegten den Helm abzunehmen. Brians Augen waren geschlossen. Noch lange lag die dunkle Röte auf seinem Gesicht, und als sie ihn verwundert ansahen, schlug er die Augen auf, aber ihr Ausdruck war stier und leer – und mit einem Male verschwand die Röte, und Totenblässe überzog sein Gesicht. Die Lanze seines Feindes hatte ihn nicht beschädigt – er war als ein Opfer seiner eigenen unbezähmbaren Leidenschaften gestorben.
    »Das ist fürwahr ein Gottesurteil!« rief der Großmeister und sah gen Himmel. »Fiat voluntas tua!« 

Achtunddreißigstes Kapitel.
    Als kaum das erste Erstaunen vorüber war, erklangen Hufschläge und eine große Anzahl Reiter kam im Galopp hereingesprengt, daß der Boden unter dem Gestampf erbebte, der schwarze Ritter jagte in die Schranken, und ihm nach eine Schar von Bewaffneten und darunter einige Ritter in voller Rüstung.
    »Ich komme zu spät,« sagte der schwarze Ritter, um sich blickend. »Ich hatte mir Bois-Guilbert für mich selber ausersehen. – Ivanhoe, war das recht von dir, ein solches Wagestück zu unternehmen, da du dich doch kaum im Sattel halten kannst?«
    »Der Himmel hat diesen stolzen Mann zum Opfer auserkoren,« erwiderte Ivanhoe, »ihm sollte nicht die Ehre werden, von Eurer Hand zu fallen.«
    »Friede sei mit ihm,« sprach Richard und sah ernst auf den Leichnam, »sofern er Frieden finden kann. Er war ein tapferer Ritter und ist ritterlich in seiner stählernen Rüstung gefallen. Aber wir dürfen keine Zeit verlieren. Bohun, walte deines Amtes.«
    Ein Ritter trat vor aus Richards Gefolge, legte Albert von Malvoisin die Hand auf die Schulter und sprach: »Ich verhafte Euch wegen Hochverrates.«
    Bisher hatte der Großmeister in stummem Erstaunen über den Einbruch so vieler Ritter dagestanden. Jetzt rief er:
    »Wer wagt es, einen Ritter des Tempels im Bezirk seines eigenen Präzeptoriums zu verhaften und in wessen Auftrag geschieht eine so kühne Beleidigung?«
    »Ich vollziehe die Verhaftung,« versetzte der Ritter, »ich, Heinrich Bohun, Graf von Essex, Lord Connetable von England.«
    »Und er verhaftet Malvoisin,« setzte der König hinzu, »auf Befehl Richard Plantagenets, der hier steht. Konrad Mont-Fitchet, es ist ein Glück für Euch, daß Ihr nicht als mein Untertan geboren seid, aber, Malvoisin, du stirbst mitsamt deinem Bruder Philipp, ehe noch die Welt eine Woche älter ist.« »Ich widersetze mich deinem Urteil,« sagte der Großmeister.
    »Stolzer Templer,« antwortete Richard, »das ist unmöglich. Schaut auf und seht die königlich-englische Standarte statt dem Banner des Tempels von Euern Türmen wehen. Seid weise, Beaumanoir, und leistet keinen unnützen Widerstand. Eure Hand liegt im Rachen des Löwen. Löst Euer Kapitel auf und zieht mit Euerm Anhang zum nächsten Präzeptorium, sofern Ihr noch eines findet, das noch nicht hochverräterischer Umtriebe gegen den König von England bezichtigt worden ist. Sonst wenn Ihr wollt, mögt Ihr hier bleiben, unsere Gastfreundschaft genießen und Zeuge sein, wie wir Gerechtigkeit üben.«
    »Ich sollte Gast sein in dem Hause, wo ich zu befehlen habe?« erwiderte der Großmeister. »Nimmermehr! – Ritter und Knappen und Anhänger des heiligen Tempels, bereitet Euch vor, der Fahne Beauséant zu folgen!« Der Großmeister sprach mit einer Würde, die selbst den
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