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Issilliba - Aaniya, das Mädchen, das mit den Fliegen sprechen konnte (German Edition)

Issilliba - Aaniya, das Mädchen, das mit den Fliegen sprechen konnte (German Edition)

Titel: Issilliba - Aaniya, das Mädchen, das mit den Fliegen sprechen konnte (German Edition)
Autoren: K. C. Schmelz
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antworten sollte. In der Ferne erspähte er jetzt die zehn Busse, die wie jeden Morgen ziemlich pünktlich dran waren.
    Nachdem sich alle Arbeiter in die schon gut gefüllten Fahrzeuge gedrängt hatten, setzte die Kolonne ihren Weg durch das weite Land fort. Sie kamen vorbei an dichten Wäldern, vorbei an großen weiten Flächen, auf denen in den frühen Morgenstunden schon die restliche Landbevölkerung zu Gange war und die Mais- und Kornfelder, die Kartoffel- und Gemüseäcker bewirtschaftete. Hier und da kamen sie an einer anderen Siedlung vorbei und nahmen weitere Männer und Frauen auf, die für die Stadt bestimmt waren. Mike erspähte nirgendwo Kinder, aber er wunderte sich nicht darüber. Für die Kleinen hatte der Unterricht in den Ausbildungsstätten schon längst begonnen. Frühestens mit sechzehn durfte man in die Stadt. Mike wusste nicht, ob er das gut fand oder nicht. Er wusste nur, dass er heute ziemlich müde war.
    Endlich erreichten die Busse die große Autobahn, die das einfache Land an die Stadt Ossegor anband. Nach einer Weile fuhren sie an einem großen See vorbei, den Mike nur aus dieser Entfernung kannte. Auf großen Schildern stand: Recreation Area - Zutritt nur für Städter.
    Mike hatte nichts dagegen, dass er dort nicht hin durfte. Er besaß sowieso kein Fahrzeug, das ihn von zu Hause an das wundervoll in der Morgensonne glitzernde Wasser hätte bringen können.
    Nach etwas über einer Stunde endlich erreichten sie den Stadtrand. Die Busse ließen die prachtvollen Villen hinter sich, die hier in größeren Abständen eine nach der anderen aus dem Boden schossen, und fuhren weiter in die Stadtmitte, wo die vielen Firmen ihren Sitz hatten. Nach zehn Minuten hielten die Busse und ließen die ersten Arbeiter am Krankenhaus und am Altenheim aussteigen, dann ging die Fahrt weiter zu den großen Maschinenhallen, die in der jungen Sommersonne silbern funkelten. Hier verließen Gerd und Steve den Bus.
    „Bis heut Abend, Mike“, rief Gerd noch, bevor sich die Türen hinter ihm wieder schlossen.
    Bald kam auch Mike an die Reihe. An der Stadtbibliothek stiegen er und seine Schreinerkollegen aus und machten sich sofort an die Arbeit. Werkzeuge mussten sie nicht mit sich herum schleppen. Die stellten ihnen die Städter zur Verfügung.
    Der Tag verlief wie gewohnt. Mike und die anderen Arbeiter montierten Hunderte von Holzbrettern, aßen mittags ihre Butterbrote, die sie von zu Hause mitgenommen hatten und freuten sich dabei stets auf den Feierabend.
    Am Nachmittag fiel Mike das erste Mal ein Stadtbewohner auf, der aus den Räumen, in denen nicht gearbeitet wurde, zu ihnen herüber kam und ihnen bei der Arbeit zusah. Das hatte Mike schon oft erlebt. Städter, die anscheinend nichts zu tun hatten und die ihnen auf die Finger schauten. Oft neidisch, manchmal verachtend. Aber Mike störte sich nicht an diesen beiden Versionen von Stadtmensch. Doch der große Mann mit dem kräftigen Körperbau und dem dunkelbraunen Dreitagebart hatte irgendetwas an sich, das Mike aus seiner Ruhe brachte. War dieser Fremde nicht schon gestern mal da gewesen. Und den Tag zuvor?
    Irgendwie fand Mike, dass der Unbekannte, der vor allem ihn interessiert zu beobachten schien, überhaupt nicht in die Stadt passte. Mit seinen gutmütigen Gesichtszügen und der einfachen Kleidung hätte er sich auch unter die Landbevölkerung mischen können, ohne aufzufallen. Außerdem sah er Mike ähnlich mit seinen braunen, leicht strubbligen Haaren.
    Als all die anderen Arbeiter ihr Handwerkszeug aufräumen gingen, sammelte Mike noch schnell den Holzverschnitt zusammen. Der Fremde kam näher und begutachtete die neue Decke.
    „Gute Arbeit, mein Junge“, lobte der Mann, den Mike auf Mitte dreißig schätzte.
    „Danke, geehrter Herr“, erwiderte Mike und wollte sich gerade wieder nach einem Holzstück bücken, da hielt ihn der Unbekannte am Arm zurück. Überrascht blickte ihm Mike ins Gesicht. Seine blauen Augen hatten einen ganz eigenartigen, ja erwartungsvollen Ausdruck.
    „Du brauchst nicht ‚geehrter Herr‘ zu mir sagen. - Wie heißt du?“
    „Mein Name ist Mike“, antwortete Mike verwirrt. Noch nie hatte ein Städter mit ihm so nett gesprochen. Und eine Anrede ohne ‚geehrter Herr‘ war doch gar nicht erlaubt.
    „Gut, Mike. Ich möchte dir etwas schenken, weil du so eine hervorragende Arbeit machst. Aber niemand darf davon erfahren, hörst du, niemand.“
    „Aber Herr, ich darf doch nichts von euch Städtern annehmen“,
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