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Inversionen

Inversionen

Titel: Inversionen
Autoren: Ian Banks
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sich über das Hinterteil des Mannes. Sie verzog das Gesicht, rümpfte die Nase und stellte sich dann neben die Gerätschaft, legte eine Hand an die Eisenbänder des stuhlartigen Gestells und drehte dieses unter widerwilligem Quietschen um, bis der Mann sich in einer herkömmlichen Sitzstellung befand. Dem Anschein nach war der Kerl in einem schrecklichen Zustand. Sein Gesicht war grau, die Haut an einigen Stellen verbrannt, sein Mund eingesackt und sein Kiefer offenbar gebrochen. Kleine Blutrinnsale waren jeweils unter beiden Ohren angetrocknet. Die Ärztin streckte die Hände zwischen den Eisenbändern hindurch und versuchte, eines der Augen des Mannes zu öffnen. Er gab ein entsetzliches tiefes Stöhnen von sich. Man hörte eine Art Saugen, Reißen, und der Mann stieß ein jämmerliches Ächzen aus, das wie ein ferner Schrei klang, bevor es in ein abgehacktes, rhythmisches Blubbern überging, das vielleicht Atmen war. Die Ärztin beugte sich vor, um dem Mann ins Gesicht zu sehen, und ich hörte, wie sie leise um Luft rang.
    Nolieti schnaubte. »Sucht Ihr das?« fragte er die Ärztin und hielt ihr eine kleine Schale hin.
    Die Ärztin sah die Schale kaum an, lächelte den Foltermeister jedoch dünn an. Sie drehte den Eisenstuhl in seine vorherige Lage und machte sich wieder daran, das Hinterteil des Mannes im Käfig zu betrachten. Sie zog einige blutgetränkten Lumpen weg und verzog wieder das Gesicht. Ich dankte Gott, daß er von mir abgewandt war, und betete, daß das, was immer die Ärztin zu tun beabsichtigte, nicht meine Mithilfe erforderte.
    »Wo soll das Problem liegen?« fragte die Ärztin Nolieti, der für einen Augenblick aus der Fassung geraten zu sein schien.
    »Na ja«, sagte der Foltermeister nach einer Pause. »Er hört einfach nicht auf, aus dem Arsch zu bluten, oder?«
    Die Ärztin nickte. »Anscheinend habt Ihr die Schürhaken zu kalt werden lassen«, sagte sie scheinbar ungerührt, kauerte sich nieder, öffnete ihre Tasche und stellte sie neben die Abflußmulde aus Stein.
    Nolieti stellte sich neben die Ärztin und beugte sich über sie. »Wie das passiert ist, geht Euch, verdammt noch mal, nichts an, Frau«, raunte er ihr ins Ohr. »Ihr sollt diesen Scheißer wieder soweit herstellen, daß er verhört werden und uns verraten kann, was der König wissen will.«
    »Weiß der König davon?« fragte die Ärztin, und als sie aufblickte, war ein Ausdruck unschuldigen Interesses in ihrem Gesicht. »Hat er das hier angeordnet? Weiß er überhaupt etwas von der Existenz dieses Unseligen? Oder war es Wachkommandant Adlain, der meinte, das Königreich könnte zu Schaden kommen, wenn dieser arme Teufel nicht leiden würde?«
    Nolieti richtete sich auf. »All das geht Euch nichts an«, sagte er mürrisch. »Macht Eure Arbeit, und verschwindet.« Er beugte sich wieder zu ihr hinab und brachte seinen Mund an ihr Ohr. »Und macht Euch keine Gedanken um den König und den Wachkommandanten. Hier bin ich der König, und ich sage Euch, Ihr tut gut daran, Euch um Eure Arbeit zu kümmern und es mir zu überlassen, mich um meine zu kümmern.«
    »Aber das betrifft meine Arbeit«, entgegnete die Ärztin gleichmütig, ohne den bedrohlichen Rumpf des Mannes über sich zu beachten. »Wenn ich weiß, was ihm angetan wurde und wie das gemacht wurde, bin ich vielleicht eher in der Lage, ihn zu behandeln.«
    »Oh, ich könnte es Euch zeigen, Doktor«, sagte der Foltermeister, wobei er augenzwinkernd zu seinem Gehilfen aufblickte. »Und wir haben besonders nette Behandlungsmethoden, die wir ausschließlich den Damen vorbehalten, nicht war, Unoure?«
    »Nun, wir haben keine Zeit zu flirten«, sagte die Ärztin mit einem stählernen Lächeln. »Sagt mir einfach, was Ihr mit diesem armen Schwein gemacht habt.«
    Nolietis Augen verengten sich zu Schlitzen. Er stand auf und zog einen Schürhaken, umgeben von einer Funkenwolke, aus dem Kohlebecken. Seine gelb glühende Spitze war breit, wie die Klinge eines kleinen flachen Spaten. »Neuerdings behandeln wir sie damit«, sagte Nolieti lächelnd, und sein Gesicht war von dem sanften gelborangefarbenen Schein erhellt.
    Die Ärztin sah den Schürhaken an, dann den Foltermeister. Sie ging in die Hocke und berührte etwas am Hinterteil des Mannes im Käfig.
    »Hat er stark geblutet?« fragte sie.
    »Wie ein Mann beim Pissen«, sagte der Foltermeister und zwinkerte wieder seinem Gehilfen zu. Unoure nickte schnell und lachte.
    »Dann solltet Ihr das da besser drin lassen«, murmelte die
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