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Internat Lindenberg - Achtung, es spukt

Internat Lindenberg - Achtung, es spukt

Titel: Internat Lindenberg - Achtung, es spukt
Autoren: Mathias Metzger
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Erdkunde. Und die sollte jetzt etwa ihre neue Klassenlehrerin werden? Auf dem Aushang hatte doch Frau Behrens gestanden und jetzt das!
    „Ausgerechnet Madame Blö-de Kuh“, tuschelte Hanna Leonie zu. Die nickte traurig.
    Madame hatte ihren Spitznamen einem der wenigen guten Einfälle von Angelika zu verdanken. Die hatte letztes Jahr Madame Bleus Namen auf dem Stundenplan am Schwarzen Brett in Madame Bleu de Coup verbessert.
    „Mais ma chérie, das muss ein Missverständnis sein, isch bin garr keine Addeligge!“, hatte die Lehrerin damals zunächst gesagt, nachdem Jessica ihr gepetzt hatte, dass das Gekritzel von Angelika stammte. Es dauerte eine Weile, bis sie durchblickte. So lange, bis sie die Geschichte im Lehrerzimmer zum Besten gab und dort strahlend erzählte, dass ihre Schülerinnen sie in Madame Blöde Kuh umgetauft hatten.
    Ein netter Kollege hatte sie aufgeklärt, doch Madame Bleu selbst ließ sich nichts anmerken und verlor nie wieder ein Wort über die Sache. Das Einzige, was man vielleicht bemerken konnte, war, dass sie daraufhin noch eine Spur würdevoller in den Unterricht geschritten kam. Falls das überhaupt noch möglich war.
    Dass sie nicht vergessen hatte, wem sie ihren Spitznamen verdankte, und dass sie Angelika das nie verzeihen würde, sollte sich allerdings schon bald herausstellen.
    „Frau Behrens ist ‘eute ver’indert“, verkündete Madame Bleu. Die ganze Klasse atmete auf. „Isch ‘abe für ‘eute ihre Vertretung übernommen.“
    Erleichterter Beifall brandete in der Klasse auf. Madame Bleu glaubte, man würde ihr applaudieren, nickte gönnerhaft in die Runde und widmete sich den Formalitäten.
    „Isch wünsche uns allen ein erfolgreisches Schuljahr“, verabschiedete sie sich schließlich nach einer Dreiviertelstunde und ließ noch einen missglückten Witz folgen: „Dieses Jahr müsst ihr noch dursch’alten. Nächstes Jahr werden wir dann gemeinsam anfangen, Französisch zu lernen. Isch freue misch schon darauf!“ Es klang wie eine Drohung. „Aber aktüell darf isch eusch erst einmal euren neuen Englischlehrer ankündigen“, fuhr sie fort. „Es ist zwar eine grässlische Sprache, die er unterrischtet, aber er ist ein ganz sympathischer jünger Mann! Ihr werdet ihn sofort ins ‘erz schließen!“
    Schon in der nächsten Stunde bekamen die Mädchen die Gelegenheit, den Wahrheitsgehalt von Madame Bleus Behauptungen über die Liebenswürdigkeit des neuen Lehrers zu überprüfen. Englisch stand auf dem Stundenplan und in eine Duftwolke von süßlichem Aftershave gehüllt trat Herr Jacobs ins Klassenzimmer.
    „Wenn der Unterricht so langweilig ist, wie der Typ hier aussieht, dann gute Nacht!“, flüsterte Hanna Leonie zu.
    Es war nur zu offensichtlich, was sie meinte. Herr Jacobs trug sein hellbraunes Haar in einer gepflegt gescheitelten, aber langweiligen Frisur. Sein schlanker, fast dürrer Körper steckte in einem gepflegten, aber langweiligen grauen Rollkragenpullover, dazu trug er eine schlammbraune Hose mit messerscharfer Bügelfalte.
    Jung war er, das stimmte, aber ob er sympathisch war, musste sich erst noch herausstellen. Eines war er auf jeden Fall, nämlich unglaublich nervös.
    „Mein Name ist Jacobs, äää h … Sebasti… als o … Herr Jacobs“, begann er umständlich. Unbewusst griff er nach einem Stück Kreide, das auf dem Pult lag, und begann darauf herumzukneten. „My name is Mist…, äää h …“ Er rang nach Worten. „My name is Mister Jacobs“, brachte er schließlich den Satz zu Ende. „Äääh, ich mach jetzt mal auf Deutsch weiter. Also, wir werden dan n … Ich meine, im kommenden Jah r … Das heißt, vielleicht fangen wir mal an mi t … Ääääh, also, wenn wir uns mal vorstellen wolle n …“ Schweiß trat auf seine Stirn. Ohne es zu bemerken, fuhr er sich mit der Hand, in der er die halb zerbröselte Kreide hielt, über das Gesicht und hinterließ an Stirn, Haaransatz und Wangen weiße Spuren.
    „Gut, dass hier keine farbigen Kreiden herumliegen“, tuschelte Leonie. Hanna musste sich Mühe geben, nicht laut loszulachen. Anscheinend gab es wirklich so etwas wie Gedankenübertragung, denn nur Sekundenbruchteile später kam ein Zettel von Sophie angeflogen. Hanna faltete ihn auf und las:
    „Der Mann hätte besser Kunstlehrer werden sollen!“
    Jetzt gab es kein Halten mehr. Leonie und Hanna prusteten laut los. Dabei stand Herr Jacobs maximal zwei Meter Luftlinie von ihnen entfernt.
    Jeder andere Lehrer hätte spätestens jetzt
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