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Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen

Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen

Titel: Inspektor Jury laesst die Puppen tanzen
Autoren: Matha Grimes
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on the rocks«, bestellte sie bei dem Schönling von einem Barkeeper. Mit fragendem Blick dann zu Jury: »Und Sie?«
    So viel zum Thema Etikette. »Das Gleiche. Ohne Eis. Mögen Sie es etwa mit Eis? Ich hielt das immer für eine amerikanische Geschmacksverirrung.«
    »Doch. Leben Sie hinterm Mond? Eis ist ›in‹.«
    Er griff in ein Schälchen mit gemischten Nüssen und ließ eine Handvoll im Mund verschwinden. Schwungvoll schob der Barkeeper zwei Stumpengläser in ihre Richtung. Als Aguilar nach ihrer Tasche greifen wollte, die sie über die Stuhllehne gehängt hatte, legte ihr Jury die Hand auf den Arm und schüttelte den Kopf.
    »Lassen Sie mich mal.« Er zog die Brieftasche hervor. Der Barkeeper nannte eine Summe, mit der man den Tower von London hätte renovieren können, und Jury klatschte einen Schein auf die Theke.
    Sie erhob ihr Glas. »Wie bei einem richtigen Rendezvous. Danke.«
    Der Tonfall war natürlich hämisch, trotzdem lächelte er.
    Sie zog Billy Maples’ Führerschein aus der Manteltasche. »Haben Sie den mal hier im Lokal gesehen?«
    Der Barkeeper warf einen kurzen Blick darauf, schüttelte den Kopf. »Glaub nicht.«
    »Sind Sie schon den ganzen Abend hier?«
    Er nickte. »Um sechs hab ich angefangen.«
    Jurys Meinung nach war der Barkeeper einer von der Sorte, die die Polizei schon aus Prinzip anlog. Das hatten die so im Blut. »Wie heißen Sie?«
    »Matt.«
    Typisch, was sonst. Jury nahm den Führerschein und hielt ihn ihm dicht vor die Nase. »Er kommt oft hierher. Wie wär’s, wenn wir noch mal hinschauen.«
    Matts Blick glitt von Jury zu Aguilar und wieder zurück. »Sind Sie von der Polizei?« Als Jury nickte, fuhr Matt fort: »Wieso suchen Sie ihn? Was hat er denn ausgefressen?«
    »Nichts«, erwiderte Aguilar. »Er ist tot.«
    Matts flinker Blick ging von Aguilar zurück zu Jury, als wüsste der, was tot in diesem Fall zu bedeuten hatte. »Ermordet?«
    »Wie kommen Sie darauf?«
    Nun gewann er etwas von seiner vorherigen Unbekümmertheit zurück. »Na, Sie sind doch von der Polizei. Wegen eines Herzstillstands würden Sie doch nicht herkommen.«
    »Im Zetter gegenüber, das kennen Sie doch sicher, da hat man uns gesagt, er wäre heute Abend hier gewesen. Also, wer hat sonst noch hier gearbeitet? Ich meine, außer Ihnen und den üblichen Partymusikanten?« Sie deutete mit dem Kopf in Richtung Band – Gitarre, Schlagzeug, Keyboard –, die etwas spielte, was nicht direkt als Musik zu bezeichnen war.
    »Versuchen Sie’s doch mal bei Ty Haigh. Das ist einer von den Jungs an der anderen Bar, gleich am Eingang. Der kennt ihn vielleicht.« Matt warf einen Blick auf den Führerschein, der immer noch auf der Theke lag.
    Aguilar glitt von ihrem Barhocker.
    Mit unbewegter Miene frage Jury: »Möchten Sie tanzen?«
    Das trug ihm einen Blick ein, der er so bald nicht vergessen würde. Er spreizte die Hände. »Sie waren diejenige, die was von Rendezvous sagte.«
    »Ja, das ist Billy Maples«, sagte Ty Haigh, dessen muskulöse Arme in einem ärmellosen Unterhemd prangten, »Freund von mir. Kenn ihn seit etwa einem Jahr.« Er war damit beschäftigt, den Draht um den Korken einer Champagnerflasche zu lockern. »Wieso?« Das breite Lächeln machte sein Gesicht noch attraktiver.
    Jury fragte sich, ob gutes Aussehen eines der wichtigsten Kriterien war, wenn man hier arbeiten wollte.
    Ty fügte hinzu: »Hat er etwa Ärger?«
    Aguilar schob den Führerschein wieder ein und sagte: »Nein. Der kriegt keinen Ärger mehr.«
    »Soll heißen?« Ty hatte aufgehört zu lächeln.
    Jury hasste diesen raschen Mienenwechsel seit jeher und machte es kurz. »Tut mir leid. Er ist tot.«
    »Oh, Gott«, stieß Ty atemlos hervor.
    »Kannten Sie ihn gut?«, wollte Jury wissen.
    Ty nickte zögernd, schien es sich dann aber anders zu überlegen oder war sich vielleicht doch nicht wirklich sicher, wie gut er Billy Maples kannte. Er sagte: »Ich bin Künstler. Mit dem Job hier verdiene ich mir das Geld für Leinwand und Farben, sonst nicht viel. Die Galerie, das ist die in der Nähe von Smithfield Market, Melville Gallery. Dort war heute eine Vernissage, die haben meine Arbeiten gezeigt. Auf die Art hab ich ihn auch kennengelernt, ich meine, Billy. Er stiftet dort eine Menge Geld. Er ist – er war – ein sehr großzügiger Mensch. Auf Billy konnte man sich immer verlassen. Ach, Gott.« Er stellte die Ellbogen auf der Theke auf, stützte den Kopf in die Hände. »Ich kann’s nicht fassen.« Jury glaubte, er würde gleich
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