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Inspector Alan Banks 08 Der unschuldige Engel

Titel: Inspector Alan Banks 08 Der unschuldige Engel
Autoren: Peter Robinson
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kann es kaum glauben: Onkel Michael ist verliebt in mich! Er behauptet, er würde mich lieben, seit ich zwölf bin. In Montclair hat er mir sogar einmal heimlich beim Ausziehen zugesehen. Er meint, ich sehe aus wie Botticellis Venus! Das ist ein bisschen übertrieben, finde ich. Ich weiß noch, dass ich das Bild in den Uffizien gesehen habe, als Mami und ich letztes Jahr in Florenz waren, und ich sehe kein bisschen wie sie aus. Vor allem ist mein Haar kürzer und hat eine andere Farbe. Ich wusste überhaupt nicht, dass sich Onkel Michael mit Literatur und Kunst auskennt. Manches, was er geschrieben hat, klingt sehr poetisch. Und es dreht sich alles um mich. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Im Moment bleibt es mein kleines Geheimnis. Er ist ja eigentlich gar nicht mein richtiger Onkel, sondern nur der Freund meines Dads, deshalb ist es wohl in Ordnung, wenn er in mich verliebt ist; es ist kein Inzest. Aber es ist komisch, denn ich kenne ihn ja schon immer. Oje, ich habe ganz vergessen zu sagen, woher ich das weiß! Gestern Abend haben John und ich Onkel Michaels Wagen gestohlen, weil er letzte Woche, als wir gegrillt haben, so scheußlich zu ihm war (jetzt weiß ich, warum: Onkel Michael muss eifersüchtig gewesen sein!!). Tja, und Onkel Michael hatte seinen Computer auf dem Rücksitz liegen gelassen. Wir haben ihn mit zu John genommen (und Gott sei Dank war seine übel riechende Mutter nicht da - bei der kriege ich echt eine Gänsehaut). Diese ganzen technischen Dateien habe ich nicht öffnen können, aber um das Passwort für sein Textverarbeitungsprogramm herauszufinden, habe ich nur ungefähr eine Viertelstunde gebraucht. Es war natürlich MONTCLAIR. Danach war es leicht. Onkel Michael trägt alles in seinen Computer ein, sogar seine Einkaufslisten! Nachdem ich fertig war, habe ich seine Festplatte neu formatiert. Daran wird er es merken!
     
    Banks legte das Tagebuch zur Seite und ging zum Fenster. Vormittag an einem heißen und feuchten Junitag. Der gepflasterte Marktplatz war bereits voller Autos und Busse. Er fragte sich, ob dieser Sommer so heiß wie der letzte werden würde. Er hoffte nicht. Natürlich gab es im Eastvaler Polizeirevier keine Klimaanlage; soweit er wusste, gab es in ganz Eastvale keine. Man musste sich mit offenen Fenstern und Ventilatoren begnügen - kein großer Nutzen, wenn kein Windhauch wehte und die Luft heiß war.
      Selbstverständlich war das Tagebuch kein Beweismittel. Deborah Harrison hatte ein paar von Michael Claytons privaten Dateien gelesen und herausgefunden, dass er sexuell von ihr besessen war. Das musste nicht heißen, dass er sie getötet hatte. Doch als sich Banks wieder hinsetzte und weiterlas, wurde ihm allmählich klar, dass es kaum einen Zweifel an Claytons Schuld geben konnte.
      Das Telefon klingelte. Banks nahm ab, und Sergeant Rowe teilte ihm mit, dass ein Detective Sergeant Leaside aus Swiss Cottage mit ihm sprechen wollte.
      Banks runzelte die Stirn, der Name sagte ihm nichts. »Stellen Sie ihn durch.«
      Leaside meldete sich. »Es geht um eine Frau namens Michelle Chappel«, sagte er. »Ich habe im Polizeicomputer erfahren, dass sie in einen Fall verwickelt war, den Sie kürzlich bearbeitet haben, stimmt das?«
      Banks spannte sich an. »Ja. Warum? Was ist passiert?«
      »Sie ist überfallen worden, Sir. Ziemlich schlimme Körperverletzung. Fleischwunden und Prellungen, versuchte Erdrosselung.«
      »Vergewaltigung?«
      »Nein, Sir. Ich dachte nur ... Ihr Nachbar hat uns eine Beschreibung des Verdächtigen gegeben ...« Er las die Beschreibung vor.
      »Ja«, sagte Banks, nachdem er geendet hatte. »Verflucht und zugenäht! Das klingt nach Owen Pierce. In Ordnung; danke, Sergeant. Wir werden nach ihm Ausschau halten.«
     
    * II
     
    Nach seiner Nacht in der Zelle war Ive Jelacic schlecht gelaunt. Banks hatte ihn nach oben in ein Verhörzimmer gebracht und dort fast eine Stunde allein gelassen, bevor er und Gristhorpe mit der Befragung begannen. Den Kassettenrecorder schalteten sie nicht ein.
      »Tja, Ive«, sagte Banks, »Sie stecken jetzt in großen Schwierigkeiten, ist Ihnen das klar?«
      »Schwierigkeiten? Ich nichts getan.«
      »Woher haben Sie das Tagebuch?«
      »Welches Tagebuch? Ich nie gesehen. Sie wollen mir anhängen.«
      Banks seufzte und rieb seine Stirn. Er merkte, dass es wieder einer dieser Tage werden würde. »Ive«, sagte er geduldig, »sowohl Mile Pavelic als auch Vjeko Batorac haben Sie mit dem
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