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Inspector Alan Banks 03 Ein unvermeidlicher Mord

Titel: Inspector Alan Banks 03 Ein unvermeidlicher Mord
Autoren: Peter Robinson
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einzige Zusatz außer Seths Werkstatt, ein Schuppen am hinteren Ende des Gartens, war ein Kalksteinvorbau mit einem Schieferdach. Jenseits des hinteren Gartenzaunes, ungefähr fünfzig Meter östlich des Haupthauses, stand eine alte Scheune, die Seth gerade renovierte, als sie ihn kennen lernte. Er hatte sie in ein oberes Studioapartment, in dem der Künstler Rick Trelawney mit seinem Sohn lebte, und eine Einzimmerwohnung im Erdgeschoss aufgeteilt, die von Zoe Hardacre und ihrer Tochter bewohnt wurde. Paul, ihr neuester Mieter, hatte ein Zimmer im Haupthaus.
      Obwohl die Einrichtung der Scheune moderner war, bevorzugte Mara das Bauernhaus. Die Eingangstür führte direkt in das geräumige Wohnzimmer, einen sauberen und gepflegten Ort, der mit allem möglichen Krimskrams eingerichtet war: Einem Perserimitat, einem neu gepolsterten Sofa aus den fünfziger Jahren sowie einem großen Tisch und vier Stühlen aus weißer Kiefer, die Seth eigenhändig getischlert hatte. Große Kissen aus grobem Stoff lehnten der Gemütlichkeit halber an den Wänden.
      An der Wand gegenüber dem Steinkamin hing ein riesiger Wandteppich mit einer chinesischen Landschaft. Gewaltige Berge waren darauf zu sehen, deren schneebedeckte Gipfel über den Kiefernwäldern nadelscharf in den Himmel ragten. Auf halber Höhe bewegten sich vereinzelte Grüppchen von Menschen einen gewundenen Pfad hinauf. Mara schaute sich das Bild häufig an. In dem Zimmer gab es kein Deckenlicht. Die Stehlampen stellte sie nur schwach ein und ergänzte sie mit dicken roten Kerzen, denn sie mochte die Schatten, die die Flammen auf den Wandteppich und die weiß getünchten Steinwände warfen. Sie kuschelte sich mit Vorliebe in einen alten Schaukelstuhl in der Nähe des Fensters, den Seth restauriert hatte. Von dort konnte sie deutlich das Windspiel hören, während sie Wein trank und las.
      Früher hatte sie Kerouac, Burroughs, Ginsberg, Carlos Castaneda und all die anderen verschlungen, doch mit achtunddreißig fand sie deren Werke peinlich pubertär. Mittlerweile bevorzugte sie wieder die Klassiker, an die sie sich aus ihrem Studium erinnerte. Diese langatmigen, viktorianischen Romane hatten etwas an sich, was zu einem so einsamen und ruhigen Ort wie Maggie's Farm passte.
      Jetzt wollte sie sich hinsetzen und in Die Mühle am Floß versinken. Eine selbst gedrehte Old Holborn und ein Glas Barsac würden es noch gemütlicher machen. Und vielleicht etwas Musik. Sie ging zur Stereoanlage, wählte Holsts The Planets aus, die Seite mit »Saturn«, »Uranus« und »Neptun«, machte es sich dann im Schaukelstuhl bequem, um im Kerzenlicht zu lesen. Die anderen waren alle auf der Demo, und bestimmt würden sie auf dem Rückweg auf ein oder zwei Bier im Black Sheep in Relton Halt machen. Die Kinder schliefen oben im Gästezimmer, also musste sie nicht rüber zur Scheune hasten, um nach ihnen zu sehen. Es war jetzt halb zehn. Sie würde wohl noch ein paar Stunden für sich haben.
      Aber sie schien sich nicht konzentrieren zu können. Das Prasseln draußen hörte auf. Es wurde abgelöst von dem gleichmäßigen Tropfen des Regens aus den Dachrinnen, vom Vorbau und den Bäumen, die Maggie's Farm vor den strengen Westwinden schützten. Das Windspiel klang nun wie Warnglocken. Irgendetwas lag in der Luft. Wenn Zoe zu Hause wäre, hätte sie sicherlich wieder mit ihren Geschichten von übersinnlichen Kräften angefangen - wahrscheinlich lag es am Mond.
      Mara schüttelte mit einem Achselzucken ihr Unbehagen ab und widmete sich wieder ihrem Buch. »Und dies ist die Mühle von Dorlcote. Ich muss eine oder zwei Minuten hier auf der Brücke verharren und sie anschauen, auch wenn die Wolken bedrohlich wirken und es schon spät am Nachmittag ist...« Es ging nicht, sie war nicht in der richtigen Stimmung. George Eliots Zauber wirkte heute Abend einfach nicht. Mara legte das Buch nieder und konzentrierte sich auf die Musik.
      Als gegen Ende von »Neptun« der entrückte Chor einsetzte, öffnete sich die Eingangstür mit einem Knarren und Paul hetzte herein. Seine Armeejacke war dunkel vom Regen und die enge Jeans klebte ihm an den spindeldürren Beinen.
      Mara runzelte die Stirn. »Du bist früh zurück«, sagte sie. »Wo sind die anderen?«
      »Keine Ahnung.« Paul war außer Atem, seine Stimme klang zittrig. Er zog seine Jacke aus und hängte sie an den Haken an der Tür. »Ich bin ganz allein über die Heide zurückgerannt.«
      »Aber das sind mehr als sechs
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