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Inside WikiLeaks

Titel: Inside WikiLeaks
Autoren: Daniel Domscheit-Berg
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ohnehin gar nichts. Auch die mehreren Tausend Dokumente unterschiedlicher Güte, die wir derzeit in einer sicheren Umgebung zwischengelagert haben, werden wir nicht antasten. Wir können höchstens an die Quellen, die auf die Veröffentlichung ihrer Dokumente warten, appellieren, sie erneut an einen unserer Partner einzusenden.
    WikiLeaks soll weiter publizieren, wachsen und gedeihen. Wir denken nur, dass WL nicht die einzige dieser Plattformen für Whistleblowing sein darf. Es gibt ohnehin genug Unrecht in der Welt, um mehr als eine solcher Plattformen ausreichend auszulasten.
    Bei OpenLeaks gibt es zum Glück auch keinen »Founder«. Ich möchte auch nie wieder über diese Frage diskutieren müssen. Es gibt viele Menschen, die zur Entwicklung der Idee beigetragen haben, und sie alle sind Urheber. Genau wie alle, die nun helfen, OpenLeaks aufzubauen. Neben dem Architekten und Herbert aus Island sind ein paar alte Freunde von WL jetzt auch bei OL . Außerdem melden sich Menschen aus aller Welt, die ihr Wissen ins Projekt einbringen wollen. Die Community ist erwacht und hungrig nach der Arbeit an einer guten Sache.
    Natürlich sind wir auch bei OpenLeaks nicht immer alle einer Meinung, und wir diskutieren häufig. Wie bei WL sind hier viele starke Charaktere beteiligt. Es ist klar, dass wir uns intern auch noch festere Strukturen zulegen müssen: Wer darf was entscheiden, wer ist für welchen Bereich verantwortlich? Und wollen wir am Ende tatsächlich Schere, Stein, Papier spielen, um nicht handlungsunfähig zu werden, wenn wir in einer strittigen Frage einmal beim besten Willen keinen Konsens finden? Selbst wenn man anfangs noch ohne diese Regeln auskommt, haben wir bei WL gelernt, dass man diese Fragen nicht ewig vor sich herschieben darf. Was mich wirklich glücklich macht, auch wenn es gar nicht so großartig klingt, ist, dass bei unseren internen Differenzen jeder mal klein beigibt.
    2011 wollen wir auch helfen, eine Stiftung zu gründen. Es soll dabei nicht nur um OL gehen, die Arbeit der Stiftung soll breiter ansetzen. Wir erleben derzeit einen Kulturwandel, der große Bereiche unserer Gesellschaft umfasst. Was die Informationsfreiheit und das Whistleblowing im Internet betrifft, stehen wir noch ganz am Anfang. Die Stiftung soll sich dieser Herausforderungen annehmen und Modelle für den zukunftsweisenden digitalen Geheimnisverrat entwickeln.
    Transparenz braucht eine starke Lobby. Die Stiftung soll neben OpenLeaks auch andere Projekte unterstützen. Im Beirat dieser Stiftung sollten Experten aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen sitzen. Natürlich werden wir alle Strukturen und die Finanzen der Stiftung transparent machen.
    Außerdem möchten wir unser Wissen teilen. Dies ist der vermutlich wichtigste Teil der ganzen Unternehmung. Dazu werden wir alle unsere Erfahrungen mit OpenLeaks niederschreiben und in einer öffentlichen Wissensdatenbank bereitstellen. Wir hoffen auf viele Freiwillige aus der ganzen Welt, die uns dabei unterstützen werden. Informationen zu rechtlichen Grundlagen, zum Whistleblower-Schutz oder zu Präzedenzfällen sollen sich dort finden, für so viele Länder und nationale Gesetzgebungen wie möglich. Egal ob Initiativen oder potentielle Whistleblower: Wer auch immer in Sachen Transparenz von unten selbst aktiv werden möchte, soll sich hier mit den nötigen Informationen versorgen können.
    Die Prominenz von WikiLeaks (vor allem die von Julian, aber auch die unserer Arbeit) hat das Thema Whistleblowing endlich salonfähig gemacht. Ob es ein Recht auf Geheimhaltung gibt oder ob gewisse Dinge nicht von Whistleblowern ans Licht gebracht werden müssen – diese Fragen sind in der Mitte unserer Gesellschaft angekommen. Der Hype um WikiLeaks hat sicherlich wesentlich dazu beigetragen. Trotzdem ist es an der Zeit, ihn zu überwinden, um sich auf die wirklich wichtigen Themen und Inhalte konzentrieren zu können. Man darf sich nicht täuschen lassen, weder von bunten Magazinstories noch von großbuchstabigen Titelzeilen: Viele gute Artikel und Berichte zu den Leaks wurden weniger wahrgenommen als die persönlichen Verstrickungen der Beteiligten.
    OpenLeaks kann man durchaus als nüchterne Infrastruktur betrachten. Wir verstehen uns als strukturell arbeitende Ingenieure, nicht als Medienstars oder global-galaktische Weltenretter. Man kann uns sogar langweilig finden. Uns würde das nicht stören. Hauptsache, das System funktioniert.

Nachwort
    Heute, im Januar 2011, bin ich an dem
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