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Inselwaechter

Inselwaechter

Titel: Inselwaechter
Autoren: Jakob M. Soedher
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Hotel. Es gab nichts Auffälliges über diese Frau zu berichten.
    An der Rezeption hatte Schielin mehr Erfolg. Von einer der Damen erfuhr er von einem Telefonat, das Agnes Mahler am Freitagabend geführt hatte. Sie hatte dabei am Tresen der Rezeption gestanden und Formulare ausgefüllt, als eine Frau zu ihr gekommen war. Agnes Mahler hatte das Telefonat beendet und war mit der Fremden für einige Zeit in eine Ecke des Empfangs gegangen. Von dem Gespräch der beiden hatte die Rezeptionistin nichts mitbekommen, denn sie hätten es unterdrückt geführt. Es sei jedoch der Gestik und Köperhaltung wegen deutlich zu spüren gewesen, dass es in angespannter und gereizter Stimmungslage stattgefunden habe.
    »Handelte es sich um einen Hotelgast … ich meine diese Frau, die zu Frau Mahler gekommen ist?«, fragte Lydia.
    »Nein. Nicht unser Hotelgast. Ich meine sie aber auf der Frühstücksterrasse drüben im Bayerischen Hof gesehen zu haben.«
    Schielin war skeptisch. Es waren so viele Gäste in der Stadt und gerade im Hafen war viel los. In dieser Masse jemanden zu erkennen, war schwer vorstellbar. »Sie sind sich da sicher«, fragte er, »bei den vielen Leuten, die hier sind?«
    »Ja, es ist viel los. Aber es gibt nur wenige mit einer solchen Frisur«, antwortete sie nüchtern und beschrieb die bislang noch Unbekannte als etwa vierzigjährige, hagere Frau, mit dichtem, lockigem Strohschopf. Sie meinte, dass die Beschreibung genügen würde, um drüben im Hotel erfolgreich zu sein.

    Inzwischen war der größte Teil der Tische draußen auf den Terrassen entlang der Hotelfront des Hafens besetzt. Die Karlsruhe kündete ihre Ausfahrt mit einem lauten Hornsignal an. Eine einsame, plötzliche Böe fegte durch die Blätterkronen der Platanen. Nichts deutete auf das hin, was im Morgengrauen nur wenige Meter von hier geschehen war.
    Lydia Naber studierte die Gesichter der Frühstücksgesellschaft auf der Suche nach einem bleichen Haarschopf. Auch im Hotel Bayerischer Hof stauten sich Ankommende und Abreisende im Foyer. Die Boys hatten alle Hände voll zu tun, die Taxifahrer fuhren ihre Karossen besonders würdevoll vor den Eingang. Lydia Naber passte einen günstigen Augenblick ab, um einen Hotelbeschäftigten abzufangen, der vom Aufzug kam und ein leeres Tablett trug. Schielin stand halbwegs unauffällig seitlich des Eingangs und beobachtete das Foyer. Lydia Naber zeigte mit einer verdeckten Geste ihren Dienstausweis und wiederholte die Beschreibung, die sie erhalten hatte: Frau, um die vierzig, hager, bleicher Strohschopf. Es waren ihre letzten beiden Worte, die den verdutzten Mann nicken ließen. Er wusste nicht recht, was er tun sollte. Lydia Naber bat ihn, jemanden aus dem Hotelmanagement zu holen, was sehr schnell erledigt wurde. Mit professioneller Freundlichkeit leitete eine kurzhaarige Frau Lydia Naber und Schielin in ein abseits gelegenes Büro. Sie reagierte bestürzt auf die bruchstückhafte Schilderung der beiden, aus welchem Grund sie Auskunft über einen Gast benötigten. Ein paar Tastenanschläge und sie hatten einen Namen: Dr. Melanie Schirr.
    Schielin notierte. Lydia fragte: »Seit wann ist diese Frau Doktor Schirr hier im Hotel?«
    »Donnerstagabend«, lautete die sachliche Antwort nach einem kurzen Blick in den Bildschirm.
    »Alleine?«
    »Ja«, kam es etwas zögernd.
    »Ja?«, fragte Lydia lächelnd nach.
    »Frau Doktor Schirr hat ein Einzelzimmer. Es ist aber so, dass sie mit zwei weiteren Personen den Tisch für die Mahlzeiten hat. Ein Doktor Helmut Grohm und eine Frau Doktor Claire Wilms gehören noch dazu. Sie haben auch jeweils Einzelzimmer gebucht.«
    »Wissen Sie etwas über den Hintergrund dieser Leute, außer dass alle einen Doktortitel haben?«, wollte Schielin wissen.
    »Nichts Genaues. Soviel ich mitbekommen habe, handelt es sich um Psychiater oder so. Wissen Sie, ich bin die erste Saison hier. Ich habe nur gehört, dass dieser Doktor Grohm wohl Stammgast hier im Hause ist, jedes Jahr, anlässlich der Psychotherapietage.«
    »Die Psychotherapietage liegen nun aber schon gut zwei Monate zurück«, meinte Lydia Naber, die zu Schielin geblickt hatte, als das Wort Psychiater gefallen war.
    »Sicher. Vielleicht ein Kurzurlaub? Die Zimmerbuchung geht von Donnerstag bis Sonntag.«
    »Irgend etwas Besonderes?«, fragte Lydia.
    »Nein. Gar nichts. Keine Extras, keine Sonderwünsche, kein unangenehmes Benehmen, keine Beschwerden Rundum angenehme Gäste.«
    »Es ist auch keine vorzeitige Abreise geplant?«,
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