Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Indische Naechte

Titel: Indische Naechte
Autoren: Mary Jo Putney
Vom Netzwerk:
verlagerte. Die Höhle verengte sich rasch, und er stieß sich den Kopf, als die Decke sich unerwartet senkte. Fluchend krümmte er sich zusammen, weil er Sterne sah, dann sagte er sich mit Galgenhumor, daß Sterne immerhin besser als totale Dunkelheit waren.
    Er ließ sich auf Hände und Knie fallen. Der Boden wurde immer feuchter, und der Gang verengte sich immer weiter, bis er auf dem Bauch weiterkriechen mußte.
    Er hielt inne, als eine weitere Welle der Panik über ihn hereinbrach. Was, wenn der Tunnel eine
    Sackgasse war und er nicht mehr fähig sein würde, sich vor oder zurück zu bewegen? Doch dann erinnerte er sich selbst an den schwachen Luftzug, biß die Zähne zusammen und zwang sich vorwärts. Zentimeter für Zentimeter robbte er in die steinerne Röhre hinein.
    Folgte dem Luftzug.
    Obwohl fast zwanzig Leute den Berg nach Höhlen durchkämmten, waren es die Fledermäuse, die ihnen den Weg wiesen. David sah ein paar auffliegen, hastete sofort dorthin und rief anschließend die anderen herbei.
    Als Laura ihn erreichte, war David bereits so weit in die Höhle eingedrungen, um feststellen zu können, daß sie in den Berg hineinführte. Wenn der Zugang auch weit tiefer lag als der von Ians Höhle, bestand immerhin eine Chance, daß die beiden verbunden waren. Sie musterte die kleine Öffnung zufrieden. Iqbal.
    Eine kurze, heftige Diskussion folgte. David bezweifelte, daß es klug war, bei Abenddämmerung hineinzugehen, zudem alle durch einen langen, anstrengenden Tag erschöpft waren. Müdigkeit förderte Unfälle. Laura konterte, daß es zumindest nichts ausmachte, ob es Tag oder Nacht war, denn drinnen würde es ohnehin stockfinster sein.
    David, hin- und hergerissen zwischen der Sorge um seinen Bruder und gesundem Menschenverstand, gab ihr in diesem Punkt recht und setzte sich augenblicklich in Bewegung. Zu Lauras Überraschung sagte Zafir: »Ich komme mit.«
    Sie war so gerührt, da er so offensichtlich den Gedanken, eine Höhle zu betreten, verabscheute.
    Höhlen förderten den Aberglauben, sie waren die Brutstätten böser Mächte. Da die einheimischen Ulanen Ian nicht kannten, glaubte sie nicht, daß sich sonst noch jemand freiwillig melden würde.
    Kuram hockte am Boden und hörte ihnen zu. »Alles was eine Schlange von Mohmand kann, kann ein Afridi schon längst«, sagte er. »Ich komme auch mit.«
    »Wirklich?« fragte David. »Es kann gefährlich werden.« Doch beide bestätigten ihren Entschluß. »Also gut. Jeder von uns nimmt zwei Reservekerzen und eine, die brennt. Dann Zündhölzer, die wasserdicht verpackt sind, zudem Proviant, Wasser und Seile.«
    Laura schickte für seine Erfahrung ein stilles Dankgebet zum Himmel. Sie wäre nicht so umsichtig gewesen. Nach einigen Minuten waren die Vorbereitungen getroffen, David kroch zuerst in die Höhle, Laura folgte.
    Die Höhle war groß genug, um aufrecht zu stehen. »Erwarte kein Wunder, Laura«, sagte David. »Die Chance, daß wir Erfolg haben, ist gering.«
    Der Tunnel schien endlos. An manchen Stellen war er so eng und niedrig, daß Ian sich kaum durchquetschen konnte. Wasser tropfte herab, und als er sich leicht abwärts neigte, spürte er einen kleinen Bach unter seinem Bauch. Endlich hob sich die Decke ein wenig, und er konnte wieder auf allen vieren kriechen.
    Die verbesserten Bedingungen machten ihn unvorsichtiger. Plötzlich hing seine Hand im Nichts, und er wäre kopfüber in die Leere gestürzt, wenn seine Linke nicht in einen Spalt gegriffen hätte.
    Er zog sich zurück, vergrub den Kopf in seinen Armen und wartete, bis sein Herzschlag sich beruhigt hatte. Dann tastete er mit den Handflächen auf dem Boden herum. Die Öffnung ging von Wand zu Wand. Er warf ein paar Steinchen ins Leere, und ein paar Sekunden verstrichen, bis er den leisen Aufschlag hörte. Der Abgrund war tief genug, um ihn zu töten.
    Konnte er hinunterklettern? Er beugte sich ein wenig vor und tastete die Wand darunter ab, aber sie war glatt und eben. Dann warf er einen Kiesel nach vorn. Er hörte das Klackern an der gegenüberliegenden Wand. Wie weit war es?
    Er warf weitere Steine mit unterschiedlicher Kraft, um grob die Entfernung abzuschätzen. Es konnten acht bis zehn Fuß sein, und der Tunnel schien auf der anderen Seite weiterzuführen. Er konnte springen — aber in vollkommener Dunkelheit, ohne zu Sehen, wo er landete?
    Nun, er hatte keine große Auswahl. Wenn er einen schnellen Tod wollte, würde der Sturz ins Leere ihm den sicher verschaffen. Besser als
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher