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In stiller Wut: Kriminalroman (German Edition)

In stiller Wut: Kriminalroman (German Edition)

Titel: In stiller Wut: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Christiane Fux
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nach Frankfurt. Sie hatten sich darauf geeinigt, dass ein Zwischenstopp an diesem Drehkreuz wahrscheinlicher war, als ein Flug nach Wien oder Palma de Mallorca, die etwa zeitgleich starteten. Die Anzeigetafel sprang auf »Boarding« um.
    »Es geht los«, sagte Theo.
    Sie gingen zu dem angezeigten Gate hinüber.
    »Es macht nichts, wenn sie dich sieht«, sagte Hadice. »Im Gegenteil, vielleicht macht sie das nervös und sie will abhauen. Dann schnappe ich sie mir.«
    »Mit dem Bein?« Theo blickte zweifelnd auf Hadices geschienten Knöchel.
    »Wie auch immer. Es sind ja genug Leute hier im Einsatz. Hauptsache, du hältst dich raus.«
    »Okay.« Theo positionierte sich direkt neben dem Schalter, an dem eine Bodenstewardess routiniert den Strichcode der Bordkarten scannte.
    »Vergiss nicht, sie ist eine Verwandlungskünstlerin. Achte auf ihre Figur, ihre Haltung, ihre Art, sich zu bewegen.«
    »Hadice, ich hab die Frau vielleicht eine Minute gesehen, bevor sie mir eins übergebraten hat.«
    »Das reicht. Das menschliche Gedächtnis ist ein Hochleistungscomputer. Folge einfach deiner Intuition.«
    Aber Theos Intuition rührte sich bei keinem der an Bord gehenden Passagiere. Je kürzer die Schlange wurde, desto unbehaglicher fühlte er sich. Hatte er Carlotta Sörgel bereits verpasst?
    Hadice stand etwas abseits und scannte die Passagiere auf auffällige Verhaltensweisen hin. So bemerkte sie eine schlanke junge Frau, die beim Näherrücken der Schlange immer langsamer wurde. Sie kramte in ihrer Handtasche. Kurz bevor sie am Schalter war, scherte sie plötzlich aus und entfernte sich hastig. Sofort war Hadice zur Stelle.
    »Polizei! Bitte weisen Sie sich aus.«
    Die Frau machte einen Schritt zur Seite und wollte sich an Hadice vorbeidrängen. Die Kommissarin packte sie am Arm. Sie sträubte sich und brachte die Polizistin aus dem Gleichgewicht, sodass sie gemeinsam zu Boden stürzten.
    Die Frau brach in Tränen aus.
    »Oh no, no, no. I’ve forgotten my boarding pass on the toilet«, jammerte sie.
    »Shit.« Hadice starrte die Frau resigniert an.
    Nur etwa zwanzig Meter von ihnen entfernt saß eine elegante Businessfrau an einem Bartresen und beobachtete die Szene. Sie lächelte amüsiert, holte einen Schminkspiegel hervor und zog sich die Lippen nach. Dann machte sie sich auf den Weg zu ihrem Gate. Doctora Justine Moreno arbeitete seit vier Jahren an der Universidad de Buenos Aires. Seit zwei Jahren war sie mit dem viel älteren Professor Paolo Moreno verheiratet, der ihr Lehrer im Bereich Anatomie gewesen war. Sie hatte nichts dagegen gehabt, seinen Namen anzunehmen und bei der Gelegenheit auch ihren zweiten Vornamen als Hauptnamen in den Pass eintragen zu lassen: Justine, was so viel bedeutete wie »die Gerechte«. Sie fand den Namen ausgesprochen passend. Nur Paolo nannte sie noch Carlotta.
    Sie nahm ihren kleinen Handkoffer und ging direkt an Theo vorbei, der herbeigelaufen war, um Hadice auf die Beine zu helfen. Ihre Blicke kreuzten sich.
    »Theo, könntest du meine verdammte Handtasche für mich aufheben!« Hadice sah ihn finster an.
    Theo wandte den Blick von der attraktiven Brünetten ab und bückte sich.
    Justine Carlotta Moreno ging davon. Sie sollte nie mehr nach Hamburg zurückkehren.

EPILOG
    Hanna erwachte davon, dass sie Theo unten in der Küche telefonieren hörte. Sie krabbelte gähnend aus dem Bett und schlüpfte in das Hemd, das sich Theo nach seiner Rückkehr vom Flughafen ausgezogen und achtlos auf den Boden hatte fallen lassen. Barfuß stieg sie die Treppe nach unten. Sie umschlang ihn von hinten mit den Armen und legte ihre Wange an seinen nackten Oberkörper.
    Er streichelte mit der freien Hand ihren Arm. »Vielen Dank, das ist sehr freundlich, dass Sie mich informiert haben.« Er beendete das Gespräch, löste Hannas Arme und drehte sich zu ihr um.
    »Das war eben die Ärztin von der Tropenklinik.«
    »Nathalie?« Hanna hob besorgt die dichten Augenbrauen. Sie verstand nicht, warum er lachte.
    »Du wirst es nicht glauben: Nathalie hat nicht die Tollwut, sondern einen ganz banalen grippalen Infekt!«
    »Und die Tollwutinfektion?«
    »Es gibt nur eine Erklärung: Carlotta muss ihr rechtzeitig das Antiserum gespritzt haben. Vermutlich, als sie noch mal zu uns rein ist.«
    »Das heißt wohl, Nathalie hat ihr genau das gesagt, was sie hören wollte.«
    »Scheint so.«
    »Sie stirbt also nicht.«
    »Nein – vorläufig jedenfalls nicht.«
    Während Theo Kaffee machte, trat Hanna auf die Terrasse. Sie
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