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In Gedanken bei dir (German Edition)

In Gedanken bei dir (German Edition)

Titel: In Gedanken bei dir (German Edition)
Autoren: Barbara Goldstein , Lara Myles
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er hinter sich das Getrappel von Füßen hören.
    Als
er stehen blieb und sich umdrehte, sah er Cassie aus dem Nebel auftauchen. Die
Gefühle in seinem Innern machten ihn fast schwindelig. Er spürte eine
Sehnsucht, die schlimmer zu ertragen war als körperlicher Schmerz.
    Schluchzend
liefen sie die letzten Schritte aufeinander zu, und Cassie warf sich in Nicks
Arme. Sie hielten sich eng umschlungen und machten die letzten Wochen der
Trennung ungeschehen. Sie küssten sich, tastend, suchend nach Gewissheit,
Zärtlichkeit und Liebe, dann wurden ihre Küsse immer leidenschaftlicher und
verzweifelter.
    Cassie
lehnte ihre Stirn an seine Schulter, und so standen sie eine ganze Weile.
Schweigend, voller Erinnerungen und Gefühle.
    Schließlich
löste sie sich aus der Umarmung und blickte Nick mit Tränen in den Augen an.
    Aus
der Nähe sah er die Veränderungen, die er beim Skypen nicht bemerkt hatte. Die
kleinen Falten um ihre Augen hatten sich in den letzten Tagen tiefer
eingegraben, und ihre Mundwinkel hatten ihre kessen Grübchen verloren. Sie
wirkte entschlossener, reifer und abgeklärter als jemals zuvor.
    Ihr
Kind stirbt, dachte Nick. Und ich verlasse sie.
    Cassie
fuhr sich mit dem Handrücken über die Stirn, als hätte sie Fieber. Sie
schluchzte auf, und es zerriss ihm das Herz. Am liebsten hätte er sie wieder in
die Arme genommen, sie festgehalten und nie wieder losgelassen.
    »Australien«,
flüsterte sie, und ihre Stimme verriet ihre Fassungslosigkeit. »Entschuldige,
Nick, ich wollte nicht weinen ...«
    »Schon
gut.« Mit den Fingerspitzen wischte er sanft die Tränen aus ihren Augenwinkeln.
»Ich habe die Leitung eines archäologischen Projektes in Queensland übernommen.
Ein Segler, der am Great Barrier Reef gesunken ist.«
    Sie
senkte den Blick und schaute zu Boden, um die Fassung zurückzugewinnen. Sie
holte tief Luft, überlegte, was sie ihm sagen sollte, dann schaute sie wieder
auf. »Wann geht dein Flug?«
     

12
     
     
    In der Abenddämmerung sah Nick die Reporter und
Fotografen, die vor dem Medical Center warteten, viel zu spät.
    Er
hätte in die Tiefgarage fahren sollen. Die aufwühlende Begegnung mit der Presse
hätte er nun wirklich vermeiden können.
    Langsam
ging er weiter.
    Jetzt
erkannten sie ihn. Sofort ertönten Rufe, Kameras wurden auf ihn gerichtet,
grelle Lichter blendeten ihn, und Reporter mit Notizblöcken und Aufnahmegeräten
rannten auf ihn zu. Dann umringten sie ihn und stellten alle gleichzeitig ihre
Fragen:
    »Dr
Talcott, gibt es Neuigkeiten über Jolie?«
    »Dr
Talcott, wie ist der Zustand der Kleinen? Sie stirbt jetzt, nicht wahr?«
    »Wie
geht es den trauernden Eltern, Dr Talcott?«
    »Werden
Sie Alex und Cassie Lacey in dieser schweren Zeit beistehen, Dr Talcott?«
    Am
liebsten hätte er sich mit erhobenen Ellbogen durch die Reihe der Reporter
gedrängt und wäre in die Klinik gestürmt, wie Cassie es vermutlich vor zwei
Stunden mit gesenktem Kopf getan hatte. Nick hatte lange genug mit Reportern
zusammengearbeitet, um zu wissen, wie diese Szene, unscharf und verwackelt, in
den Nachrichten aussehen würde. Schon Cassies gehetzter, trauriger Blick: Wie
ein Reh im grellen Scheinwerferlicht!
    Nein,
er konnte nicht zulassen, dass so etwas auf Sendung ging. Alex und Cassie
hatten schon genug zu ertragen. Also blieb er stehen und hob die Hände, um den
Reportern zu zeigen, dass er bereit war, ein kurzes Interview zu geben.
    Mikros
wurden ihm entgegengereckt, Kameras wurden auf Schultern gewuchtet, und Nick
beantwortete die Fragen, für die Alex und Cassie jetzt die Kraft fehlte.
    »Jolie
stirbt«, fasste eine Fernsehreporterin schließlich mit warmer Stimme zusammen.
»Wie fühlen Sie sich, Nick? Zwei Jahre lang waren Sie ihr Daddy. Jolies Zustand
nach der Stammzellentransplantation durch ihren Vater Alex Lacey muss doch eine
schreckliche Belastung für Sie sein.«
    Nick
spürte dem Schmerz in seinem Herzen nach. »Seinem Kind beim Sterben zuzusehen,
ist einfach unerträglich. Niemand, der so etwas nicht selbst erlebt hat, kann
auch nur ahnen, was Cassie, Alex und ich seit Wochen durchmachen.«
    »Dr
Talcott, werden Sie ...«
    »Entschuldigen
Sie, ich würde jetzt wirklich gern zu Jolie gehen«, presste er hervor. »Ich
will sie noch mal sehen, bevor ...« Er konnte nicht weitersprechen.
    Die
Reporter wichen zurück und gaben ihm den Weg zum Klinikeingang frei.
    Flackerndes
Kerzenlicht fiel auf welkende Blumensträuße, nebelfeuchte Plüschtiere und
selbst gebastelte Karten mit
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