Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

In den Waeldern des Nordens - V3

Titel: In den Waeldern des Nordens - V3
Autoren: Jack London
Vom Netzwerk:
Dingen befolgt. Und ich war stark und hatte Macht. Nächst Tant latch war ich der Größte. Da kam der Fremdling, und ich sah, daß er listig und weise und groß war. Und weil er weiser und größer war als ich, wurde es klar, daß größerer Vorteil von ihm kommen würde als von mir. Und ich hatte dein Ohr, Tant latch, und du lauschtest meinen Worten, und der Fremdling erhielt Macht und Stellung und deine Tochter Thom. Und der Stamm gedieh unter den neuen Gesetzen in den neuen Tagen, und so wird er weiter gedeihen, solange wir den Fremdling in unserer Mitte haben. Wir sind alte Männer, wir beiden, o Tant latch, du und ich, und dies ist eine Sache des Kopfes und nicht des Herzens. Hör meine Worte! Laß den Mann hierbleiben.«
    Ein langes Schweigen herrschte. Der alte Häuptling grübelte mit der gewichtigen Sicherheit eines Gottes, und Chugungatte schien sich in die Nebel eines hohen Alters zu hüllen. Keen sah verlangend auf das Weib, aber sie achtete nicht darauf, sondern hielt ihre Augen starr auf das Gesicht ihres Vaters geheftet. Der Wolfshund schob wieder den Vorhang beiseite, faßte in der Stille Mut und kroch auf dem Bauche näher. Er schnupperte neugierig an Thoms gleichgültiger Hand, spitzte Chugungatte gegenüber herausfordernd die Ohren und kroch vor Tant latch zusammen. Der Speer fiel rasselnd zu Boden, der Hund sprang mit einem erschrockenen Heulen beiseite, schnappte in die Luft und erreichte mit einem neuen Sprung den Eingang.
    Tant latch sah von einem Gesicht auf das andre und betrachtete jedes lange und sorgfältig. Dann hob er den Kopf mit rauher Königswürde und sprach sein Urteil in kaltem, ruhigem Tone: »Der Mann bleibt. Laßt die Jäger zusammenrufen. Schickt einen Läufer in das nächste Dorf mit dem Befehl, die Krieger zu schicken. Ich will den neuen Fremdling nicht sehen. Sprich du mit ihm, Chugungatte. Sag ihm, daß er gleich gehen soll, wenn er in Frieden gehen will. Kommt es aber zum Kampfe, so tötet, tötet, tötet bis zum letzten Mann, aber gebt mein Wort kund, daß nichts Böses unserm Manne widerfahren darf – dem Manne, den meine Tochter geheiratet hat. – Es ist gut.«
    Chugungatte erhob sich und stolperte hinaus; Thom folgte ihm. Als Keen sich aber im Eingang bückte, hielt Tant latchs Stimme ihn zurück: »Keen, es ist gut, auf mein Wort zu hören. Der Mann bleibt. Sorge dafür, daß ihm nichts Böses widerfährt.«
    Infolge des strategischen Unterrichts von Fairfax kam der Stamm nicht wild und lärmend angestürzt. Vielmehr herrschte große Zurückhaltung und Selbstbeherrschung, die Krieger begnügten sich damit, schweigend, von Deckung zu Deckung kriechend, vorzurücken. Unten am Flusse und teilweise durch eine kleine Lichtung geschützt, lagen zusammengekauert die Crees und die Reisenden. Ihre Augen konnten nichts sehen und ihre Ohren nur undeutlich hören, aber sie fühlten das Leben, daß durch den Wald pulste, die undeutlichen, unbestimmbaren Bewegungen eines vorrückenden Heeres.
    »Verflixt!« brummte Fairfax. »Sie hatten noch nie Pulver gerochen, aber ich hab’ es sie gelehrt.«
    Avery van Brunt lachte, klopfte seine Pfeife aus und steckte sie samt dem Tabaksbeutel sorgfältig ein. Dann lockerte er das Jagdmesser in der Scheide an seiner Hüfte.
    »Wartet nur«, sagte er, »wir wollen euch die Suppe schon versalzen.«
    »Wenn sie an meine Lehre denken, greifen sie uns in einzelnen Abteilungen an.«
    »Mögen sie. Unsere Magazingewehre sind bereit. Sie wollen es – gut! So möge das erste Blut fließen! Eine Extraration Tabak, Lom!«
    Lom, einer der Crees, hatte eine ungedeckte Schulter entdeckt und ihren Besitzer mit einer brennenden Kugel über seine Entdeckung belehrt.
    »Wenn wir sie nur zum Losbrechen reizen könnten«, murmelte Fairfax. »Wenn wir sie nur zum Losbrechen reizen könnten.«
    Van Brunt sah hinter einem entfernten Baum einen Kopf hervorlugen und brachte den Mann durch einen schnellen Schuß zu Fall. Er zappelte im Todeskampf auf dem Boden. Michael erledigte einen dritten, und Fairfax beteiligte sich mit den übrigen ebenfalls am Spiel und feuerte, sobald jemand sich eine Blöße gab oder ein Busch sich bewegte. Beim Lauf über eine kleine Niederung, wo es keine Deckung gab, blieben fünf Eingeborene auf ihren Gesichtern liegen, und links, wo die Deckung nur spärlich war, wurde ein Dutzend getroffen. Aber trotzdem behielten sie ihre trotzige Hartnäckigkeit und näherten sich vorsichtig und ruhig, ohne Hast, aber auch ohne Zögern.
    Zehn
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher