Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In den Fängen der Macht

In den Fängen der Macht

Titel: In den Fängen der Macht
Autoren: Anne Perry
Vom Netzwerk:
»Wie bitte?«
    »Er ist zum Tauchen«, erklärte Hester. »Im Fluss. Ich bin nicht sicher, was er dort zu finden hofft.«
    »Wasser und Schlamm«, erwiderte Mrs. Patrick säuerlich.
    »Um Himmels willen, warum tut er denn so etwas?« Sie sah Hester aus zusammengekniffenen Augen an, als ob sie den Verdacht hegte, man hätte sie bezüglich Mr. Monks Beruf angelogen. Hester war darauf bedacht, sich Mrs. Patricks Dienste zu erhalten. Seit sie regelmäßig ins Haus kam, war das Leben insgesamt viel angenehmer geworden. »Er versucht immer noch herauszufinden, wer Mr. Alberton in der Mordsache Tooley Street umbrachte«, erklärte sie zögernd.
    Mrs. Patricks Augenbrauen waren immer noch hochgezogen und ein wenig schief, und ihr Mund wirkte äußerst skeptisch.
    »Es gab noch andere Gewehre«, fuhr Hester fort, nicht sicher, ob sie die Sache verschlimmerte oder zum Positiven wendete.
    »Irgendetwas wurde am Hayes Dock auf einem Prahm den Fluss hinunterbefördert. Vielleicht wurden mit der Fracht die Erpresser bezahlt.«
    Mrs. Patrick hatte nicht die Absicht gehabt, zuzugeben, dass sie den Fall verfolgt hatte. Sie missbilligte es, über derlei Dinge zu lesen, aber die Worte entschlüpften ihr, bevor sie ihre ganze Bedeutung realisierte. »Deshalb hatten sie ja eigentlich Mr. Monks Dienste in Anspruch genommen, nicht wahr?«
    »Ja, das stimmt«, nickte Hester.
    »Wenn Sie mich fragen, diese Erpresser existieren gar nicht.«
    Mrs. Patrick strich die Schürze über ihren schmalen Hüften glatt.
    »Ich glaube, Mr. Alberton war es selbst, und vermutlich verkaufte er die Flinten an die Piraten!«
    »Das würde keinen Sinn ergeben«, erwiderte Hester.
    »Wenn es keinen Erpresser gab, hätte er die Gewehre ja verkaufen können, an wen er wollte.«
    »An den Höchstbietenden«, sagte Mrs. Patrick düster.
    »Geld, merken Sie sich meine Worte, das wird der Grund für alles sein… die Geldgier, sie ist die Wurzel allen Übels.« Mit diesen Worten drehte sie sich um, ging in die Küche und widmete sich erneut ihren Pflichten.
    Hester blieb noch eine Viertelstunde sitzen und ließ sich die Sache durch den Kopf gehen, dann begab sie sich in die Küche und erklärte Mrs. Patrick, dass sie ausgehen würde und nicht sagen konnte, wann sie zurückkehren würde.
    »Sie werden doch wohl nicht den Fluss entlanglaufen?«, fragte Mrs. Patrick ein wenig aufgeregt.
    »Nein, das mache ich nicht«, versicherte Hester. »Ich werde mir die Sache mit der Erpressung noch einmal überlegen, etwas genauer vielleicht.«
    Mrs. Patrick seufzte, dann wandte sie ihre Aufmerksamkeit wieder der Spüle zu, aber ihre steifen Schultern gaben beredte Auskunft über ihr mangelndes Verständnis und ihre Missbilligung. Sie war sich offensichtlich keineswegs sicher, ob es weise gewesen war, diese Stellung anzunehmen. Zweifellos war sie jedoch höchst interessant, und sie würde sie im Moment auf keinen Fall aufgeben, es sei denn, ihre eigene Sicherheit oder ihre Reputation würden bedroht werden.
    Hester machte sich noch einmal auf den Weg zu Robert Casbolt. Sie hoffte, ihn zu Hause anzutreffen. Wenn nicht, würde sie sich einen Termin in seinen Geschäftsräumen geben lassen müssen oder eventuell dort warten, bis er von seinen Geschäften zurückkehrte, die ihn aus dem Haus geführt hatten.
    Glücklicherweise war er zu Hause und las. Ein alter Diener teilte ihr mit, Mr. Casbolt freue sich, sie zu sehen, woraufhin er sie nicht in das goldene Zimmer führte, in dem sie schon einmal mit ihm gesprochen hatte, sondern in einen Raum im oberen Stockwerk, der, wenn das überhaupt möglich war, sogar noch hübscher war. Große Flügeltüren öffneten sich auf einen Balkon hinaus, von dem aus man einen wunderschönen Blick auf den Garten hatte, der im Moment voller Blumen war und still in der Sonne lag. Der Raum war gänzlich in weichen Erd und Cremetönen gehalten, außerordentlich beruhigend, und Hester fühlte sich augenblicklich wohl.
    Casbolt hieß sie willkommen, lud sie ein, sich in einen der Sessel zu setzen, von dem aus sie über den Garten blicken konnte und neben dem ein herrlicher italienischer Bronzelöwe thronte.
    »Das ist ein wundervoller Raum!«, rief sie bewundernd. Der Raum strahlte eine Atmosphäre aus, als wäre er ein Ort weit abseits des gewöhnlichen Lebens.
    Er freute sich. »Gefällt er Ihnen?«
    »Mehr als das«, sagte sie aufrichtig. »Er ist…
    einzigartig!«
    »Ja, das ist er«, stimmte er schlicht zu. »Ich verbringe hier meine Zeit, wenn ich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher