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In den Armen des Meeres

In den Armen des Meeres

Titel: In den Armen des Meeres
Autoren: Brenda Joyce
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verbringen sollten, wie sie es verdient hatten.
    Das Abendessen war immer eine stille Angelegenheit, bei der Gautier sich jovial gab und die meiste Zeit redete. Elysse ihrerseits bemühte sich, so höflich wie möglich zu sein. Es erschien ihr vernünftig, ihre guten Manieren nicht zu vergessen. Weder wollte sie ihren Entführer verärgern, noch wollte sie, dass er ihnen diese kleine Freiheit ihm bei einem ordentlichen Abendessen Gesellschaft zu leisten.
    Nach dem Essen geleitete Gautier sie nach oben und wünschte ihr einen angenehmen Abend, als würde er sie vor dem Portal eines Londoner Hauses absetzen. Wenn er gegangen war und ihre Tür von außen verschlossen hatte, lief sie unruhig hin und her. Sie vermisste Alexi so sehr, dass ihr das Herz wehtat. Aber sie wollte sich nicht der Verzweiflung hingeben. Es bestand durchaus Hoffnung, und daran klammerte sie sich. Irgendwann würde das Lösegeld bezahlt werden. Sie wäre frei, und sie würden wieder zusammen sein. Diese schrecklichen sechs Jahre wären vergessen.
    Gerade wollte sie ihr Kleid aus- und das Nachthemd anziehen, das man ihr gegeben hatte, als sie hörte, dass unten ein Besucher eingetroffen war. Wie ungewöhnlich. Nach dem Abendessen empfing Gautier niemals Gäste. Elysse ging zur Tür und presste das Ohr daran. Sie fragte sich, ob es wohl Neuigkeiten gab, hoffentlich in Bezug auf das Lösegeld. Aber sie wusste auch, dass die Lösegeldforderung ihre Familie vermutlich gerade erst erreichte.
    Sie hörte leise Männerstimmen, aber sie konnte kein Wort verstehen. Dennoch sträubten sich ihr die Nackenhaare. War da nicht eine vertraute Stimme zu hören?
    Elysse wünschte, ihr Herz würde nicht so laut schlagen. Sie holte tief Luft und lauschte angestrengter. Dann erstarrte sie. War das Baard Janssen da unten?
    Einen Moment lang dachte sie, er wäre gekommen, um sie zu retten.
    Gleich darauf schüttelte sie sich, um einen klaren Kopf zu bekommen, und fragte sich, ob er wohl zufällig in der Stadt war. Sie hatte schon von Gautier erfahren, dass Whydah ein bedeutender Hafen für den Sklavenhandel war, und Blair hatte ihr gesagt, dass Janssen mit Sklaven handelte.
    Aber dann verdrängte sie diese Gedanken. Janssen hatte ihr immerhin die Überfahrt besorgt ...
    Die Männer redeten immer noch. Hatte Janssen auch ihre Entführung arrangiert? Konnte er ein solcher Schurke sein? Hatte Alexi sie nicht vor ihm gewarnt, genau wie Blair?
    War das möglich? Sie war entsetzt, und Zorn stieg in ihr auf. Elysse versuchte sich zu zwingen, keine voreiligen Schlüsse zu ziehen. Vielleicht, nur vielleicht, war Janssens Ankunft in Whydah wirklich reiner Zufall, und er war sogar ihr Verbündeter. Sie begann, an die Tür zu schlagen. »Lassen Sie mich raus!«, rief sie. »Lassen Sie mich raus! Janssen! Hier spricht Elysse de Warenne. Ich werde hier gefangen gehalten.«
    Einen Moment später schloss Gautier auf und öffnete die Tür. Er war seltsam bleich. Baard Janssen war bei ihm. In dem Moment, als sie ihm in die Augen sah, wusste sie, dass seine Anwesenheit in Whydah kein Zufall war.
    Er war weder überrascht noch entsetzt, sie zu sehen. »Hallo, Elysse. Für eine Geisel sehen Sie recht gut aus.«
    Der Schock machte sie sprachlos. Er hat das arrangiert.
    »Sie hätten sich ruhig verhalten sollen, Madame«, bemerkte Gautier finster.
    Janssen schüttelte langsam den Kopf. »Aber das hat sie nicht. Sie hat mich gesehen, Laurent.«
    Die Bedeutung dieser Worte entging ihr. »Sie haben das getan!«, rief sie.
    Er ließ den Blick auf unverschämte Weise über sie gleiten. »Sie wollten eine Überfahrt buchen, und ich habe diese hervorragende Möglichkeit genutzt, Elysse.«
    Sie schlug ihm ins Gesicht, so fest sie konnte.
    Er schlug zurück, ebenso hart.
    Der Schlag war so heftig, dass Elysse zurückgeschleudert wurde. Sie flog gegen das Bett und fiel zu Boden. Ihre Wange brannte vor Schmerz. Sie fragte sich, ob wohl irgendetwas gebrochen war. Benommen sah sie auf. Sterne tanzten vor ihren Augen, und da stand Janssen, hoch über ihr.
    Er hat mich geschlagen.
    Er steht jetzt in meinem Schlafzimmer.
    »Janssen«, mahnte Gautier. Sein Tonfall klang entsetzt. »Sie ist eine Lady.«
    »Halten Sie den Mund.« Janssen sah sie an, und sein Blick war unmissverständlich.
    Aus Angst, wieder geschlagen zu werden oder sogar noch Schlimmeres, regte sie sich nicht.
    »Sie sehen ängstlich aus.«
    Sie holte tief Luft. Er würde ihr Gewalt antun.
    »Sie sind ein Vermögen wert, meine Liebe. Und, ja,
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