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In alter Freundschaft - Kriminalroman

In alter Freundschaft - Kriminalroman

Titel: In alter Freundschaft - Kriminalroman
Autoren: Grafit
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hinterher.
    Der Rastafari funkelte ihn an und sagte etwas Unfreundliches. Armin redete, beide Hände zu Hilfe nehmend, auf Chantal ein, die sich neben dem braunen Lockenmenschen an das Geländer drückte. Dann bekam Armin einen Schlag vor die Brust, sodass er mehrere Meter zurücktaumelte. Ich fing ihn auf und hielt ihn an den Armen fest.
    »Du Arschloch!«, brüllte Armin.
    »Halt die Klappe und komm raus!«, flüsterte ich.
    Armin versuchte, mich abzuschütteln, aber ich zerrte ihn die Treppe hinunter. Der Rastafari beobachtete uns mit ausdruckslosem Gesicht.
    »Warum hast du das gemacht?«, herrschte mich Armin an, als wir auf der Straße standen.
    »Du hättest verloren«, sagte ich.
    Ich nahm seinen Arm und schleppte ihn weiter, vorbei an Sex-Shops, Kleinkunstbühnen, auf denen kopulierende Paare zu sehen waren, und vielen Fenstern mit offenen oder geschlossenen Vorhängen.
     
    Die Prinsengracht befindet sich im Innenstadtbezirk Amsterdams und wird von herrschaftlichen Häusern umstanden, in denen früher die Kaufleute ihr Silber zählten. Vom Treiben und Siechtum des Rotlichtbezirks, der nur ein paar Straßen entfernt lag, war hier nichts mehr zu spüren.
    Der kurze Spaziergang hatte Armin ernüchtert. Er zeigte auf eine kleine Nussschale, die im dreckigen Wasser dümpelte.
    »Meine Fluchtburg. Klein, aber gemütlich.«
    Wir gingen über einen Holzsteg und befanden uns in dem geräumigen Schiffsaufbau, der durch keine Wände geteilt war. Eine vergilbte Polstergarnitur mit Tisch, zwei Betten und ein paar Küchengeräte bildeten die Inneneinrichtung. Der kleine Holzofen sah so aus, als würden die Winter hier eisig werden.
    »Was möchtest du trinken?«, fragte Armin.
    »Kaffee«, sagte ich.
    Armin machte sich an einem Gaskocher zu schaffen, und bald mischte sich Kaffeeduft unter den modrigen Kanalgeruch.
    »Wie gefällt's dir?«, fragte Armin, als wir in den Kaffeetassen rührten.
    »Nicht schlecht für den Sommer, aber im Winter würde ich in das Haus des Christlichen Vereins Junger Männer überwechseln.«
    »Ich habe nicht vor, bis zum Winter zu bleiben.«
    Ich nahm einen Schluck Kaffee. »Das Beste wäre, du würdest mit mir nach Münster kommen und deine Aussage machen.«
    »Ja.« Armin lehnte sich zurück. »Ich komme. Aber erst in einigen Tagen. Ich fühle mich noch nicht stark genug.«
    »Wofür?«
    »Für die Wahrheit. Du hast mir doch die ganze Zeit misstraut. Und du hattest recht: Ich habe Ines umgebracht.«
    Die Luft im Hausboot wurde schlagartig ein paar Grad kühler. »Ich hatte gehofft, dass ich mich irre«, sagte ich.
    Armin stützte seinen Kopf in die Hände. »Du glaubst nicht, wie grausam sie sein konnte. Sie hat mit diesen Typen rumgemacht und ich sollte den Verständnisvollen spielen. Offene Zweierbeziehung und so. In Wahrheit ging es ihr darum, dass ich leide. Ich weiß nicht, wofür sie sich an mir gerächt hat. Ich habe ihr nichts getan, ehrlich. Klar, am Anfang habe ich versucht, ihr Spiel mitzuspielen, um sie eifersüchtig zu machen. Aber später war ich viel zu kaputt dazu. Und wenn ich wirklich am Ende war und Schluss machen wollte, dann war sie plötzlich nett zu mir. Es sollte alles anders und besser werden. Drei oder vier Wochen ging das gut. Dann kam der nächste Typ oder ein alter, den sie schon mal abgelegt hatte. Ein Tritt in die Eier ist nichts gegen die Qualen, die ich durchlebt habe. Sie hat mich rasend gemacht. Ich konnte nicht mehr arbeiten, ich konnte nicht mehr schlafen. Ich hatte nur noch einen Gedanken: Ines. Ich bin ihr nachgeschlichen, ich habe mir an Scheiben die Nase plattgedrückt. Ich habe mich gefragt, was diese Typen haben, das ich nicht habe. Und das Schlimmste war: Ich habe nichts entdeckt. Sie ist mit jedem hergelaufenen Arschloch ins Bett gegangen, mit schmuddeligen Pennern und blasierten Lackaffen. Und mir hat sie seit einem Jahr die kalte Schulter gezeigt. Ich war außer mir, ich war nicht mehr ich selbst.«
    »Warum hast du dich nicht von ihr getrennt?«
    Armin schaute mich empört an. »Das kann nur jemand fragen, der so etwas noch nie durchgemacht hat. Wenn du in diesem Zustand bist, spielt Vernunft keine Rolle. Wir waren aneinandergekettet auf Leben …«
    »… und Tod«, sagte ich.
    Bis auf die entfernten Geräusche der Großstadt herrschte Stille.
    »Das alles rechtfertigt nicht, dass ich sie umgebracht habe«, sagte Armin langsam. »Ich weiß das und ich werde mich stellen.«
    »Dann komm mit!«
    »Nein. Nicht sofort. Ich brauche noch ein paar
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