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Imperator

Imperator

Titel: Imperator
Autoren: Stephen Baxter
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Britannier sind , Tochter – ein paar Generationen später, aber trotzdem Britannier …«
    Nennius’ neuester Plan hatte mit einer Prophezeiung zu tun, wie er sagte, einer verloren gegangenen und nun teilweise wiedergefundenen Prophezeiung, die verkündet worden war, sich aber nicht erfüllt hatte – einer Prophezeiung, die vielleicht die Welt geprägt hätte. Er glaubte, dass der Schlüssel zur Rekonstruktion dieses Rätsels und vielleicht sogar zur Wiederentdeckung der Prophezeiung selbst in Britannien lag. Wegen der Sage, die sich mit diesem alten Mann verband, musste Isolde also nun eine Reise über die Grenzen des Imperiums hinaus antreten.
    Isolde hatte schon vor langer Zeit gelernt, dass ihr Widerworte nichts nützten. Ihr ganzes Leben war von den Ambitionen ihres Vaters bestimmt worden, und so war es auch jetzt. Doch als sie ein Gallien durchquerten, in dem man nur germanische Worte vernahm, und dann im Ledersegel-Boot eines blonden sächsischen
Händlers mit schlechten Zähnen in See stachen, fühlte sie sich schrecklich verwundbar. Sie war eine schwangere Frau, die nur von einem zerstreuten alten Mann begleitet wurde. Darüber hinaus hob sich ihr Magen jedes Mal, wenn das Boot rollte und schaukelte. Der Händler bot ihr eine Arznei an, einen kalten Tee aus germanischen Kräutern, aber Nennius untersagte ihr, ihn auch nur zu probieren.
    Sie versuchte sich einzureden, dass sie bei ihrem Vater in Sicherheit war, aber das hatte sie schon als kleines Kind nicht geglaubt. Dafür schenkte er ihr einfach nicht genug Aufmerksamkeit.
    Isoldes Mutter war jung gestorben, und sie selbst hatte schon als kleines Mädchen gesehen, wie weltfremd Nennius war. Er mochte ein geachteter Denker und Mönch sein, berühmt für seine Freundschaft mit dem großen Theologen Pelagius, aber es gab Tage, an denen er seine Hose nicht richtig herum anziehen konnte. Tatsächlich war Isolde mit dem Gedanken groß geworden, dass sie in ihrer Beziehung die Erwachsene war.
    Isolde war ihm für kurze Zeit entronnen, als sie einen jungen Mann namens Coponius geheiratet hatte, der aus einer alten Römerfamilie stammte. Aber sein gutes Aussehen hatte über seine schlechte Konstitution hinweggetäuscht. Nur einen Monat, nachdem Isolde festgestellt hatte, dass sie schwanger war, war er ihr von einer der hässlichen kleinen Seuchen entrissen worden, die in den letzten Jahren an der römischen Bevölkerung genagt hatten. Deshalb war Isolde nichts
anderes übrig geblieben, als zu ihrem Vater nach Hause zurückzukehren, eine neunzehnjährige Witwe mit einem Kind unter dem Herzen. Nennius war keineswegs herzlos; Isolde wusste, dass ihr Vater sie liebte. Aber da er immer dem einen oder anderen Traum nachhing – und jetzt geradezu platzte vor Entschlossenheit, diese außergewöhnliche Reise quer durch die bekannte Welt zu unternehmen –, war in seinem Kopf kein Platz für Isolde.
    Das Boot landete bei einem Ort namens Rutupiae, wo ein grimmig aussehendes Kastell über einem guten Naturhafen aufragte. Das Kastell hatte schon bessere Zeiten gesehen. Seine ausgeklügelten Schutzgräben waren von Müll verstopft, und die Blendsteine seiner massiven Mauern zerbröselten unter dem Angriff der ätzenden Meeresbrise. An manchen Stellen sah es so aus, als wären sie herausgebrochen und entwendet worden.
    Nennius war aufgeregt, denn hier, so behauptete er, hätten die römischen Invasoren vor Jahrhunderten zum ersten Mal den Fuß auf die Insel gesetzt. Der einzige Römer aus solchen unvordenklichen Zeiten, von dem Isolde jemals gehört hatte, war Julius Caesar, und als sich herausstellte, dass nicht er es gewesen war, der Britannien erobert hatte, verlor sie das Interesse.
    Jedenfalls gab es hier jetzt keine Kaiser, aber dafür wimmelte es von Sachsen. Diese Germanen, die in Ansammlungen kleiner Holzbauten außerhalb der Wall-und Grabenanlage des Kastells lebten, wickelten den spärlichen Handelsverkehr mit dem Kontinent ab.
Das alte Kastell, das errichtet worden war, um ihre Piraten-Vorfahren zu vertreiben, nutzten sie als Lager und Aufbewahrungsort, und wie in Gallien hörte man auch hier nur germanische Sprachen.
    Isolde und ihr Vater entdeckten eine kleine Holzkirche an der nordwestlichen Ecke des Kastells, in der es einen hübschen Taufstein aus wiederverwendeten roten römischen Dachziegeln gab. Sie sprachen Dankgebete für ihre bisher ohne Zwischenfälle verlaufene Reise. Dann kehrten sie zu dem kleinen Kai zurück und standen unsicher beieinander,
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