Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Visier des Verlangens

Im Visier des Verlangens

Titel: Im Visier des Verlangens
Autoren: Courtney Milan
Vom Netzwerk:
für geistig unzurechnungsfähig erklären wollte, barg das Risiko, dass ihre Aussagen gegen ihn vor Gericht keine Gültigkeit hatten. Falls es ihm gelang, sie für geistesgestört zu erklären, wäre sein Triumph vollständig. Er wäre nicht nur weiterhin ihr Ehemann, sondern auch ihr Vormund und Pfleger, der völlig über ihre Person und ihr Vermögen bestimmen konnte.
    Zum ersten Mal seit Tagen huschte ein Lächeln über Neds Gesichtszüge.
    Alle Welt wusste, dass es nur drei Möglichkeiten gab, eine Ehe aufzulösen.
    Und alle Welt irrte sich. Diese Feststellung würde auch Harcroft heute Abend machen.

24. KAPITEL
    K ate war sich keineswegs sicher, dass ihr Plan erfolgreich sein würde, als sie in Louisas Begleitung an Neds Seite das Haus der Gastgeber betrat, die zu einer musikalischen Soiree geladen hatten. Ihre Rolle war detailgenau besprochen und eingeübt worden, die darin bestand, Harcroft so lange wie möglich von Louisa fernzuhalten, um ihn ungeduldig und wütend zu machen, bis er hoffentlich die Beherrschung verlor und die Maske fallen ließ.
    Diese Aufgabe entwickelte sich zu einem komplizierten Versteckspiel, das ständig durch andere Gäste gestört wurde. Die legten es nämlich auf eine Begegnung zwischen Lord und Lady Harcroft an, bei der sie sprühende Funken zu sehen hofften. Kate führte Louisa unter allerlei Vorwänden von einem Salon in den nächsten, Minuten später gefolgt von Harcroft. Einmal erhaschte Kate einen Blick auf den Lordkanzler, prächtig herausgeputzt in Gala und ordensgeschmückter Brust. Die goldenen Streifen an den Ärmeln seines Uniformrocks funkelten im Strahlenglanz der Kronleuchter.
    Würdevoll nickte er Kate und Louisa zu, aber es war noch zu früh, um einander zu begegnen. Im Übrigen gehörte der Lordkanzler zu Neds Aufgabenbereich. Also führte sie Louisa eilends in den nächsten Salon.
    Erst als Harcroft deutliche Zeichen des Unmuts zeigte – steile Stirnfalte, schmale Lippen und geballte Fäuste in weißen Glacéhandschuhen –, brachte Kate die Freundin an ihren letzten Zufluchtsort.
    Da alle Gäste sich im Musiksaal und den angrenzenden Salons aufhielten, war der Ballsaal leer und unbeleuchtet. In einer entfernten Ecke war ein Wandschirm aufgestellt, hinter dem eine schmale Tür in den Dienstbotentrakt führte. Die Freundinnen eilten durch den Saal, und Louisa verschwand hinter dem Paravent. Kate wandte sich den offenen Flügeltüren zu.
    Hinter sich hörte sie, wie die kleine Tür geöffnet wurde.
    Es dauerte ein paar Sekunden, bevor Harcroft ihre Gestalt in der Dunkelheit ausgemacht hatte. Kate sah seine Silhouette im beleuchteten Rahmen der hohen Flügeltüren. Er richtete den Blick auf sie und wiegte den Kopf hin und her. Dann erst näherte er sich mit klappernden Absätzen auf dem polierten Parkett.
    „Ja, wen haben wir denn da?“ Harcroft klang müde und gelangweilt. „Richtig, Kathleen Carhart. Sie sind wohl mächtig stolz auf sich, wie? Vermutlich freuen Sie sich jeden Morgen diebisch, mich hintergangen zu haben, was? Aber Ihr Triumph ist nicht von Dauer, glauben Sie mir.“
    „Was soll dieser Unsinn, Harcroft?“ Kate machte sich nicht die Mühe, leise zu sprechen. Sie vernahm den Nachhall ihrer Stimme in dem großen leeren Saal und hoffte, dieser Wortwechsel wurde auch von anderen gehört. „Wieso hintergangen?“ Er kann nicht hinter den Wandschirm sehen, beschwichtigte sie sich. Sie musste einfach darauf vertrauen, dass alles nach Plan verlief.
    „Sie spielen also schon wieder die Unschuldige.“ Er trat einen weiteren Schritt auf sie zu. „Sie haben mich und meine Ehe zum öffentlichen Gespött gemacht. Ein Einkaufsbummel in Paris! Welcher Hohn. Sie haben etwas Heiliges in den Schmutz gezogen. Mir alles genommen, was mir lieb und teuer war.“
    Er näherte sich immer noch. Kate wich langsam zurück, und stieß beängstigend rasch gegen die Wand.
    „Harcroft, beruhigen Sie sich. Setzen Sie sich und ruhen Sie sich ein wenig aus.“
    Er packte sie am Handgelenk und verdrehte ihr den Arm.
    „Tun Sie das nicht.“ Kate bemühte sich, gefasst zu bleiben, obwohl ihr der Puls schmerzhaft gegen die Schläfen pochte. Niemand konnte sie sehen. Sie konnte nur hoffen, dass man hörte, was in dem leeren Saal vorging. „Harcroft, lassen Sie mein Handgelenk los. Sie müssen keine Gewalt anwenden.Nicht schon wieder. Wir können in Ruhe über alles reden.“
    „Ich habe wohl nicht hart genug zugeschlagen beim letzten Mal.“
    Er hob die Faust. Kate duckte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher