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Im Schatten des Drachen

Im Schatten des Drachen

Titel: Im Schatten des Drachen
Autoren: A. Leuning
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Drängen hin und angesichts der hervorragenden Ergebnisse seiner Zwischenprüfungen - eine zusätzliche Finanzspritze zu seinem Stipendium locker gemacht hatten; und nicht zuletzt für das Austauschprogramm, das die DCU mit seiner Universität in Karlsruhe verband, und das ihm dieses Experiment überhaupt ermöglicht hatte.
    Ein Experiment mit sich selbst. Er wollte sehen, ob er sich zurechtfand in der Fremde - und ob er hier endlich sich selbst fand, trotz der Fremde. Als er sein Gepäck auf dem Förderband heranrollen sah, zögerte er kurz ob der Endgültigkeit seines Vorhabens. Für die nächsten Wochen und Monate war das alles, was zu ihm gehörte: ein paar Klamotten, sein Laptop und die Ideen in seinem Kopf. Zusätzliche Klamotten konnte er kaufen, und der Rechner würde sich in den nächsten Monaten mit neuen Daten und Ideenskizzen füllen. Auch wenn viele Leute anderer Meinung waren und seine Begeisterung nicht nachvollziehen konnten: die Mathematik war bei weitem keine tote und starre Wissenschaft. Sie lebte in allem, was einen umgab, von der Kasse im Supermarkt bis zum Staumeldesystem auf der Autobahn. Und es war eine faszinierende Wissenschaft, deren Logik zu erforschen, zu analysieren und auszuprobieren ihn mehr als reizte. Aber würde er an der fremden Universität jemanden finden, mit dem er seine Ideen teilen und bereichern konnte? Der plötzliche Zweifel versetzte ihm einen scharfen Stich in der Magengegend, und er keuchte leise auf, als er seinen schweren Rucksack schulterte.
       
     
    Der plötzliche, stechende Schmerz in meinem linken Bein ließ mich auffahren, und ich beugte mich unwillig schnaubend nach unten, um es ein wenig zu massieren. Der gestrige Flug war trotz seiner Kürze sehr anstrengend gewesen. Aber was ist schon leicht, wenn alles anders ist, als es einmal war.
    Für den Zugangsschlauch am Frankfurter Terminal war ich mehr als dankbar gewesen; die Gangway in Dublin jedoch hatte mir mit ihren schmalen, tiefen und vom Regen halsbrecherisch glatten Plastikstufen schier unüberwindbare Schwierigkeiten gemacht. Noch schwieriger war es gewesen, sie unter den vermeintlich wissendes Mitleid heuchelnden Blicken der Flugbegleiterin zu meistern, Schritt für Schritt, die Schuhsohle nur halb auf die Stufen setzend, um dem Fehltritt nicht auch noch eine Fehlstellung folgen zu lassen. Ich hatte auch nicht auf mein Vorrecht gepocht und einen Sitzplatz an einem der Notausgänge verlangt, wo der Gang breiter war und somit mehr Beinfreiheit herrschte. Stattdessen hatte ich irgendwo in der Mitte des Flugzeuges am Gang gesessen, wo ich es in Kauf nehmen musste, dass mein Bein aufgrund der angewinkelten Haltung schon nach wenigen Minuten schmerzte wie die Hölle. Bei einer Notwasserung wäre ich der letzte gewesen, der die rettenden Türen erreichte, sofern das Flugzeug beim Aufprall auf die betonharte Wasseroberfläche nicht gleich in der Mitte entzweigebrochen wäre. In diesem Fall allerdings wäre ich ausnahmsweise mal als erster rausgekommen ...
    Meine Gedanken glitten ins Absurde. Diese ganze Reise war absurd, und nicht zum ersten Mal fragte ich mich, warum ich mir das alles eigentlich antat. Weil mein Psychologe es mir empfohlen hatte? Der Arsch. Weil Josefine es mir geraten hatte? Süßes Schwesterherz. Weil ich selbst es wollte? Ich stand auf und holte mir einen Drink aus der Minibar.
    Wie lange ich in Dublin bleiben wollte, wusste ich noch nicht, und normalerweise hätte ich mir besser ein B&B außerhalb der Stadt suchen müssen. Einen längeren Hotelaufenthalt mitten in der Stadt konnte ich mir von meinem mageren Gehalt als angestellter Verkäufer einer der reichsten Supermarktketten der Welt eigentlich nicht leisten. Rasch spülte ich die aufkommende Bitterkeit über das, was hätte sein können und das, was tatsächlich eingetreten war, mit dem ersten Schluck Whiskey hinunter. Beides brannte in meiner Kehle wie Feuer. Zur Beruhigung ließ ich die bernsteinfarbene Flüssigkeit einige Runden in meinem Glas kreisen, während mir ein paar wirklich gute Unterkünfte in den Sinn kamen. Doch die befanden sich nicht in Dublin, und außerdem hätte ich mich dort ebenso fremd gefühlt wie in der Sterilität dieses Hotels. Nichts war mehr beruhigend vertraut, alles beängstigend anders.
       
     
    Das Bett war bei meiner Rückkehr frisch gerichtet, der Baderaum gewischt, alles aufgeräumt und gelüftet. Ich hasste die Vorstellung, dass hier irgendjemand tagsüber ein- und ausging, herumräumte und
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