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Im Schatten der Königin: Roman

Im Schatten der Königin: Roman

Titel: Im Schatten der Königin: Roman
Autoren: Tanja Kinkel
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Schicksal – und das Interesse der Spanier an Informationen, mit denen sie ihren portugiesischen Rivalen eins auswischen konnten. Ich übergab meiner Base daher einige Briefe über die Nordostpassage nach China und Indien, die mir John Dudley während der letzten Wochen an der Spitze des Kronrats überlassen hatte, weil er zu beschäftigt damit war, seinen Staatsstreich vorzubereiten. Meine Aufgabe war es gewesen, Geldgeber für eine Gesellschaft zu finden, die bereit waren, für die Suche nach diesem Seeweg Summen in beträchtlicher Höhe zur Verfügung zu stellen, um mehrere Schiffe auszurüsten.
    John der Jüngere starb zwar dennoch in der Gefangenschaft am Fieber, ehe die Spanier auf unseren Vorschlag eingingen, aber für Ambrose, Robin und Henry war es noch nicht zu spät. Sie wurden freigelassen. Allerdings nicht ohne Bedingungen.
    Binnen kurzem sollte ich mich gemeinsam mit ihnen im französischen Schlamm vor St. Quintin wiederfinden, wo sechstausend Engländer für Philipp von Spanien fochten. Manchmal träume ich noch heute davon, und es sind keine guten Träume. Ich tat damals mein Bestes, um nicht nur meine eigene Haut zu retten, sondern auch auf Janes Jungen achtzugeben. Das war ich ihr schuldig.
    Janes so lange Jahre unerschütterliche Gesundheit war dahin; die Freude, ihre Söhne frei zu sehen, währte nur kurz, und die Angst, sie gleich wieder durch den Krieg zu verlieren, zehrte an ihr. Sie konnte sich von uns allen nur auf dem Krankenbett verabschieden. Margery war aus Kidderminster gekommen, um sie zu pflegen, und gradlinig, wie es ihre Art ist, sagte sie mir, ihrer Meinung nach stünde es nicht gut um Jane. »Sie ist alt genug, um deine Mutter zu sein, Tom«, schloss sie. »Ich glaube, das vergisst du manchmal.«
    »Wenn es ihr so schlechtgeht, dann sollte ich bleiben«, überlegte ich.
    Margery schüttelte den Kopf. »Was, und die Jungen alleine nach Frankreich gehen lassen? Dann sinkt sie mit Sicherheit bereits morgen vor Sorge ins Grab. Wenn zudem einer von ihnen in Frankreich stirbt, dann wirst du für den Rest deines Lebens glauben, du hättest es verhindern können. Ich kenne dich, Tom.«
    Hoffte ich insgeheim trotzdem, Jane würde mich bitten, bei ihr zu bleiben? Doch es ist müßig, darüber nachzudenken; sie drückte meine Hand und flüsterte, wie zu den Zeiten ihrer Bittgänge, die Namen ihrer noch lebenden Söhne vor sich hin. Ambrose, Robin, Henry. Da wusste ich, dass Margery recht hatte.
    »Ich werde mich um sie kümmern«, versprach ich ihr, und Jane lächelte.
    »Das weiß ich. Du bist doch mein Ältester«, murmelte sie. Dieses Lächeln ist es, was mir von ihr am besten in Erinnerung geblieben ist. Wie sich später herausstellte, hatte ich sie an jenem Tag zum letzten Mal gesehen, denn sie starb, während wir in Frankreich kämpften, und nach meiner Rückkehr fand ich nur noch ihr Grab vor. Wenigstens hat sie nie erfahren, dass ich einen weiteren ihrer Söhne verloren habe.

    Ambrose, Robin und Henry waren zu jung, um mit ihrem Vater auf dem Feld gewesen zu sein, wie das bei mir der Fall gewesen war, obwohl sie natürlich wie die meisten jungen Edelleute bereits in Turnieren gefochten hatten. Doch die lange Zeit im Tower hatte sie Kraft und einen Teil ihrer Behendigkeit gekostet. Ein Feldzug bietet keine Gelegenheit, um beides wieder zurückzugewinnen, ehe es ernst wird. Ambrose, der nunmehr Älteste, focht immerhin bedachtsam; Robin und Henry schienen beide beweisen zu wollen, dass dem Henker entkommen zu sein ihnen Unsterblichkeit verliehen hatte. Vielleicht waren es aber auch die höhnischen Bemerkungen von Seiten ihrer Kameraden über die Feigheit ihres Vaters, die sie vorantrieben. John hatte am Ende versucht, durch den Übertritt zum Katholizismus sein Leben zu retten, obwohl es doch die ganze Rechtfertigung für seinen Eingriff in die Thronfolge gewesen war, dass er keine Katholikin auf Englands Thron sehen wollte. »Heute hier, morgen dort, aber nie da, wenn man auf sie zählt«, so spottete mehr als einer im Heer, »so sind die Dudleys.« Oder: »Was ist der Unterschied zwischen einem Wurm und einem Dudley? Aus dem Dreck kommen beide, aber der Wurm hat mehr Rückgrat!«
    Ambrose stellte sich taub, Robin fing Streit mit den Betreffenden an, und Henry, Henry meldete sich freiwillig, um in St. Quintin in vorderster Front zu stehen. Als ich das hörte, schnappte ich mir seinen Befehlshaber und schrie etwas davon, dass Henry einfach nur jung und dumm war und auf keinen Fall so
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