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Im Netz des Teufels

Im Netz des Teufels

Titel: Im Netz des Teufels
Autoren: Richard Montanari
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trug ein pflaumenblaues Polohemd, eine beigefarbene Freizeithose mit einer messerscharfen Bügelfalte und grüne Wildlederstiefel. Barney, der bunte Dino, nach seinem Einkauf bei L. L. Bean. Er zeigte auf die junge Frau. »Das ist Madison.«
    Michael wagte es nicht, seiner Frau einen Blick zuzuwerfen. Das war unmöglich. Die Zwillinge, die eine neue Freundin witterten, rannten herbei.
    »Oh, das müssen die Geburtstagskinder sein«, sagte Madison und hockte sich hin. Die Mädchen machten auf schüchtern und legten ihre Finger auf die Lippen. Sie waren sich noch nicht im Klaren, welches Geschenkepotential in dieser Frau steckte.
    »Ja, das sind Charlotte und Emily«, erwiderte Abby.
    Madison lächelte, stand wieder auf und tätschelte die Köpfe der Mädchen, als wären sie Schnauzer. »Wie niedlich ! Wie die Brontë-Schwestern.«
    Abby warf Michael einen verzweifelten Blick zu.
    »Stimmt«, sagte Michael. »Die Brontë-Schwestern.«
    Es herrschte einen Moment Stille, die länger andauerte als die nach der Szene, in der Rock Hudson aus dem Schrank stieg.
    »Die Schriftstellerinnen?«, fragte Madison und blinzelte ungläubig mit den Augen. »Die britischen Schriftstellerinnen ?«
    »Sicher«, sagte Abby. »Unter anderem haben sie auch geschrieben ...«
    Die nächste lange Pause.
    »Sturmhöhe? Jane Eyre?«
    »Ja. Ich habe diese Bücher in meiner Jugend verschlungen. Michael auch.«
    Michael nickte und hörte gar nicht mehr auf zu nicken. Er kam sich vor wie ein Wackeldackel am Heckfenster eines Autos mit kaputten Stoßdämpfern.
    Die Mädchen umkreisten die vier Erwachsenen. Michael hörte förmlich die Titelmusik von Der weiße Hai . Die Geschenke von Onkel Wallace waren wie Oscars. Der beste Film kam immer zum Schluss.
    »Möchtet ihr jetzt eure Geschenke haben?«, fragte Wallace.
    »Ja!«, trällerten die Mädchen. »Jaaa!«
    »Sie stehen vor dem Haus.«
    Die Mädchen wollten gerade loslaufen, doch dann warteten sie, bis Wallace sie an die Hand nahm. Sie waren nicht dumm und wussten, wie sie ihren Opfern die größte Beute entlockten. Obwohl Charlotte einmal gesagt hatte, Onkel Wallace würde nach Essiggurken riechen.
    »Er hat gesagt, sie stehen vor dem Haus«, sagte Michael, als die Truppe um die Ecke verschwand. » Sie hat er gesagt.«
    »Ich weiß.«
    »Er hat ihnen keine Fahrräder gekauft. Sag mir bitte, dass er ihnen keine Fahrräder gekauft hat. Wir haben darüber gesprochen.«
    »Er hat es mir versprochen, Michael. Keine Fahrräder.«
    Seinen Töchtern die ersten richtigen Fahrräder zu kaufen, das war eine wichtige Sache, eine Sache zwischen Vater und Töchtern, auf die Michael sich schon riesig freute. Er würde nicht zulassen, dass ein Millionär, der Eau de Essig auflegte, ihm dieses Erlebnis streitig machte.
    Als Michael die Juhuschreie hörte, stieg Verzweiflung in ihm hoch. Kurz darauf rasten seine Töchter in ihren beiden rosaroten, batteriebetriebenen Barbie-Jeeps um die Ecke.
    Mein Gott , dachte Michael.
    Und schon fuhren sie ihre eigenen Autos.

    Zwanzig Minuten später versammelten sich die letzten Gäste in der Einfahrt. Alle bedankten sich, küssten sich auf die Wangen und versprachen, sich bald wieder einmal zu treffen. Quengelige Kids wurden in SUVs gepackt, und die Party war vorbei.
    Charlotte und Emily standen mit einem Stück Kreide auf der Terrasse hinter dem Haus. Sie malten die Felder für das Himmel-und-Hölle-Spiel auf die Steinplatten. Emily fand einen geeigneten Stein im Blumengarten, und die Mädchen spielten ein Spiel. Wie immer ging es nicht um den Sieg. Keines der Mädchen wollte die Schwester in irgendetwas übertrumpfen.
    Als sie keine Lust mehr auf das Spiel hatten, malten sie etwas anderes auf die Steinplatten, die detailgetreue Figur eines großen blauen Löwen mit langem, gewundenem Schwanz. Sie malten, ohne ein Wort zu wechseln.
    Um sechs Uhr ballten sich am Himmel über Crane County, New York, dunkle Wolken zusammen. Ihre Mutter rief sie ins Haus. Die kleinen Mädchen erhoben sich, schauten auf ihre Zeichnung und flüsterten sich etwas zu. Und dann umarmten sie sich mit verschwörerischen Mienen und gingen ins Haus.
    Zwanzig Minuten später begann es zu regnen. Ein dicker Regenguss prasselte auf den Boden und das Gras und erweckte den Frühlingsgarten zum Leben. Es dauerte nicht lange, bis sich auf der Terrasse kleine Pfützen bildeten und das Bild vom Regen weggewaschen wurde.

2. Kapitel

    IM SÜDOSTEN ESTLANDS

    An dem Morgen, als er fortging, herrschte Stille im
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