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Im Licht der roten Erde

Im Licht der roten Erde

Titel: Im Licht der roten Erde
Autoren: Di Morrissey
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man.
Seit ich als Richter in den Ruhestand gegangen bin, bin ich bloß noch ein kleiner Anwalt. Alistair ist ein Kronanwalt. Vor Gericht muss ich ihm den Vortritt lassen.«
    Er gluckste, doch Jennifer nickte weise und schloss seine Hand über dem Ei. »Es gehört dir. Du bist ein besonderer
law man
«, sagte sie, wohl wissend, dass das Protokoll beachtet werden musste.
    Später ging sie zu Alistair und reichte ihm ein zweites Ei. »Verwahr es gut, es wird dich zur Buschuniversität zurückbringen.«
    »Oh, ich komme ganz bestimmt zurück. Endlich habe ich das Gefühl, ein richtiges Ziel im Leben zu haben. Ihr habt mich an der Kandare, wie man so schön sagt. Ich werde den Fall erfolgreich zu Ende bringen, Jennifer. Mein Beitrag zur Verwirklichung der Buschuniversität wird vermutlich mein berufliches Denkmal sein.«
    Mick machte sich auf den Weg zu Ardjani und setzte sich neben ihn an den Fluss. »Es war schon etwas verdammt Besonderes, hier zu sein.«
    Ardjani erwiderte nichts und blickte ihn nur an, wartend, ohne Fragen zu stellen. Mick überlegte, wie er seine Sätze formulieren sollte. »Ardjani, ich bin ein alter Kerl, obwohl immer noch ein bisschen Antrieb in mir steckt. Trotzdem weiß ich, dass meine Zeit naht. Es gibt da einen Schriftsteller, den ich bewundere, Morris West … als er schon in seinen Achtzigern war, hat er darüber geschrieben, wie er nach dem Erklimmen eines hohen Berges hinter sich blickt auf all das Land mit seinen unterschiedlichen Eigenschaften, das er einmal für sich beansprucht hat, während vor ihm ein dunkles Tal liegt.«
    Ardjani verstand. »Wir alten Männer wissen, wann unsere Zeit naht – meine Knie sind nicht mehr gut, ich kann nicht mehr so leicht auf Bäume klettern, und bald muss ich meine letzten Zeremonien mit den alten Frauen abhalten.«
    »Ich habe nicht viel getan, um mich auf diese so bedeutsame Reise vorzubereiten, tut mir leid.« Mick zögerte, dann fuhr er fort: »Doch wenn meine Zeit kommt, möchte ich hierher zurückkehren. Ich möchte nicht in eine Kiste in irgendeiner Friedhofsreihe gesteckt werden in einer Gegend, die ich nicht kenne oder die mir nicht gefällt. Ich möchte, dass meine Knochen hierhergeschickt werden, zu deinen Leuten. Werden sie sich um mich kümmern?«
    Ardjani ließ sich Zeit mit seiner Antwort. Ruhig erwog er Micks Bitte, und als er schließlich sprach, tat er es mit Respekt und Zuversicht. »Ich werde mit unseren Leuten reden. Du bist jetzt einer von uns, du kannst unser Land mit uns teilen. Wir werden eine spezielle Zeremonie für dich abhalten, Richter Mick.« Er zwinkerte. »Vielleicht wird jedoch nicht Ardjani bei deiner Zeremonie singen, vielleicht geht Ardjani schon vor dir zu den Ahnengeistern. Wir werden uns dort treffen, das steht fest. Aber vorher wirst du noch viele Male zur Buschuniversität kommen.«
    Mick streckte die Hand aus und schüttelte Ardjanis lange, geschmeidige Finger. Worte waren jetzt überflüssig.
    Einer nach dem anderen verabschiedeten sie sich. Beth war die Letzte. Sie setzte sich ans Flussufer, an die Stelle, an denen die Frauen ihren Angelegenheiten nachgingen, und legte die Handflächen flach auf die Erde. Dann schloss sie die Augen und sagte laut: »Ich habe alles getan, was mir möglich war. Jetzt lass die Zukunft beginnen.«
     
    Beth nahm Abschied von den Barradja-Ältesten, als diese gerade das Mittagessen vorbereiteten. Anschließend ging sie zurück zum Lager und entfachte ein Feuer aus frischen Blättern, um ihren nun verlassenen Zeltplatz zu räuchern. »Das war eine ganz besondere Zeit, wir hinterlassen Wohlwollen und die Hoffnung, dass wir wieder willkommen geheißen werden.«
    Alle nahmen an der schlichten Rauchzeremonie teil, und Veronica fragte: »Kommen sie nicht zum Abschied herüber?«
    »Habt ihr euch denn nicht alle persönlich verabschiedet?« Als keine Antwort erfolgte, fuhr Beth fort: »Das ist eine weitere Sitte der Barradja, an die ihr euch gewöhnen müsst: Sie kennen keinen Abschied. Sie gehen davon aus, dass ihr zurückkehrt. Und ihr werdet eines Tages zurückkehren, es gibt also keinen Grund, Abschied zu nehmen. Das ist unser Brauch, nicht ihrer. Indem sie sich an ihre eigene Gepflogenheit halten und eben nicht herüberkommen und Abschied nehmen wie die Weißen, machen sie uns ein großes Kompliment.«
    Zufrieden mit dieser Erklärung, begannen alle, ihr Handgepäck zusammenzusuchen. Susan und Andrew fuhren zu Andrews Cessna zurück, die bei den Wards stand. Susan konnte die
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