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Im Herzen der Koralleninsel: Ein Südseeroman (German Edition)

Im Herzen der Koralleninsel: Ein Südseeroman (German Edition)

Titel: Im Herzen der Koralleninsel: Ein Südseeroman (German Edition)
Autoren: Inez Corbi
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Neuendettelsau heiratswillige Frauen suchten, die bereit seien, ihren Männern in die junge Kolonie von Kaiser-Wilhelms-Land zu folgen. Und wie sie schließlich den ersten Brief eines gewissen Conrad Felby aus Simbang erhalten hatte, dem sie sofort zugetan war. Sie schrieben sich öfter, bis Isabel schließlich einwilligte, seine Frau zu werden.
    »Eine sehr mutige Entscheidung.« Herr von Faber nickte anerkennend und fuhr sich mit einem Taschentuch über das schweißglänzende Gesicht. »Ich bewundere Sie dafür.«
    Daran ist nichts Bewundernswertes, dachte Isabel und konnte sich gerade noch zurückhalten, den Kopf zu schütteln. Sie war schlichtweg geflüchtet aus der Heimat, die ihr in letzter Zeit wie ein Gefängnis erschienen war.
    »Aber wieso haben Sie sich überhaupt darauf eingelassen?«, fragte Henriette. »In Deutschland gab es doch sicher genug fesche Mannsbilder, die Sie heiraten wollten?«
    In der plötzlichen Stille war der Regen, der auf das Dach trommelte, überlaut zu hören.
    Isabel schluckte. »Nein«, sagte sie leise. »Niemanden.«
    Das stimmte nicht ganz. Den einen oder anderen hatte es schon gegeben. Aber keiner von ihnen wollte eine Frau mit ihrem Makel heiraten. Sie zögerte, dann gab sie sich einen Ruck und erzählte weiter. Sie fasste sich kurz, ging nur flüchtig ein auf die vielen Wochen, die sie im Bett hatte verbringen müssen, als sie als Achtjährige an Kinderlähmung erkrankt war, und die langen Jahre, die sie Schienen an den Beinen hatte tragen müssen, um ihre geschwächten Gliedmaßen wieder zu stärken. Sie hatte wieder richtig laufen gelernt, aber ihr rechtes Bein blieb ein wenig verkürzt und schwächer.
    »Tatsächlich?« Herr von Faber sah sie erstaunt an. »Das ist mir überhaupt nicht aufgefallen.«
    »Das ist … sehr freundlich von Ihnen«, erwiderte Isabel. Sie glaubte ihm kein Wort. Jeder mit Augen im Kopf musste es doch sofort bemerken.
    »Bei mir liegt die Sache natürlich etwas anders. Eine fehlende Hand lässt sich weniger gut verbergen.« Er hob den Armstumpf und offenbarte dabei einen frischen Soßenfleck auf seiner Weste. »Wollen Sie wissen, wie ich sie verloren habe? Es war in Deutsch-Südwest.«
    Isabel war überaus dankbar, dass er mit seiner Geschichte von ihr ablenkte. »Haben Sie etwa mit einem Löwen gekämpft?«
    Er lachte. »Nein, aber vielleicht sollte ich allmählich eine entsprechende Geschichte erfinden. Jeder erwartet, dass es ein Löwe war, der mich angefallen hat und dem ich heldenhaft gegenübergetreten bin. Zu meiner Schande muss ich jedoch gestehen, dass es kein wildes Tier war, sondern eine lächerliche kleine Wunde, die ich mir beim Zeltaufbau zugezogen hatte. Nun, ich will Sie nicht mit der ganzen gruseligen Geschichte erschrecken. Am Ende mussten sie mir jedenfalls den halben Arm abnehmen, und ich schied aus dem Dienst als Kolonialoffizier aus.« Er nahm einen tiefen Schluck aus seinem Glas. »Wenig später bin ich bei der Neuguinea-Kompagnie gelandet. Mein Schwager und meine liebe Schwester wollten mich begleiten, und hier sind wir nun.«
    Herr von Fabers Schwager? Das hieß also, Henriettes Mann? Was war mit ihm? War er womöglich ebenfalls verstorben? Isabel überlegte, ob es angebracht war nachzufragen, als Henriette ihr zuvorkam.
    »Mein Mann«, sagte sie mit ausgewählter Betonung, »befindet sich schon seit längerer Zeit auf einer Forschungsreise. Kiso«, wandte sie sich dann an die schwarze Frau, die wie ein Schatten im Hintergrund gewartet hatte, »du kannst jetzt das Dessert auftragen.«
    Kiso hob den Kopf, machte aber keine Anstalten, den Raum zu verlassen. »Mi no save, misis.«
    Henriette verdrehte die Augen, dann sagte sie langsam: » Bringim switpela kaikai . – Sie wollen unsere schöne deutsche Sprache einfach nicht verstehen«, erklärte sie kopfschüttelnd, als Kiso verschwunden war.
    »In welcher Sprache sprechen Sie mit ihnen?«
    »Es nennt sich Tok Pisin, ein grässlicher Plantagen-Jargon, der sich wie ein Lauffeuer fortpflanzt. Ein Kauderwelsch aus Englisch, Deutsch und ihren Eingeborenensprachen.«
    Isabel nickte interessiert. »Wie bedankt man sich?«, erkundigte sie sich, und Henriette erläuterte es ihr.
    Als Kiso kurz darauf zurückkam und kleine Schüsseln mit Ananaskompott verteilte, blickte Isabel sie an. » Tenkyu« , sagte sie und glaubte, in Kisos schwarzen Augen Freude aufblitzen zu sehen, bevor diese wieder die Lider senkte.
    »Wenn Sie möchten«, wandte Henriette sich an Isabel, »kann ich Ihnen
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