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Im Herzen der Koralleninsel: Ein Südseeroman (German Edition)

Im Herzen der Koralleninsel: Ein Südseeroman (German Edition)

Titel: Im Herzen der Koralleninsel: Ein Südseeroman (German Edition)
Autoren: Inez Corbi
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vergangene Woche am Schwarzwasserfieber erkrankt.«
    »Am Schwarzwasserfieber?«, wiederholte Isabel. Diesen Namen hatte sie noch nie gehört.
    »Eine besonders schwere Form der Malaria.« Bruder Lorenz blickte sie traurig an. »Es tut mir unendlich leid, Schwester Maritz. Bruder Felby ist vor vier Tagen gestorben.«
    Der Aufschrei erstarb in ihrem Mund. Das weiße Rauschen schien plötzlich von überall her zu kommen. Die Menschen vor ihren Augen flimmerten, und der Sonnenschein war auf einmal entsetzlich grell. Immer heller wurde es, immer heller. Sie spürte schon nicht mehr, wie sie auf dem Landungssteg zu Boden sank.
    *
    Zuerst war da der Geruch. Leicht süßlich, wie ein Parfüm von unbekannten Blumen. Er wehte an Isabel vorbei, flüchtig wie eine Sommerbrise, kitzelte ihre Nase und verschwand wieder in der Dunkelheit.
    Dann Stimmen. Leise, geflüsterte Stimmen. Ein Mann? Eine Frau? Sie sprachen miteinander.
    Weitere Geräusche. Ein leises, aber stetiges Auf-und Abwogen, ein Rauschen, regelmäßig wie Meeresbrandung. Das Schnarren von Zikaden, wie ein unermüdliches Konzert. Das nervtötende Surren eines Insekts, heller werdend, verstummend, dann erneut einsetzend.
    Etwas wurde ihr an die Lippen gehalten. »Dringim, misis« , hörte sie jemanden sagen. Der Geschmack einer kühlen, süßen Flüssigkeit auf ihren Lippen, ihrer Zunge. Schlucken.
    Unter sich spürte sie eine weiche Unterlage. Wo war sie? Mühsam öffnete sie die Augen und schloss sie gleich wieder. Sie blinzelte und öffnete abermals vorsichtig ein Auge. Sie lag in einem Bett, und der Himmel über ihr war diesig und neblig. Die Augen fielen ihr wieder zu.
    Als sie erneut die Lider aufschlug, war die Helligkeit einem dämmrigen Zwielicht gewichen. Nur der Nebel war noch da. Sie zwang sich wach zu bleiben, die Augen offen zu halten. Ihr Blick huschte hin und her, suchte nach einem Fixpunkt, bis sie einen fand: Auf ihrem Handrücken saß eine Mücke. Sie war klein und schmächtig, kaum länger als einen halber Zentimeter, der Kopf duckte sich tiefer als der Hinterleib, als würde sie sich verbeugen, und fuhr eine Art Rüssel aus. Im nächsten Moment verspürte Isabel ein Brennen. Sie zog die Hand zurück, und die Mücke verschwand.
    Es war kein Nebel, sondern ein feingewebtes Netz aus Baumwolle, das das ganze Bett wie ein Zelt umgab. Hier und da waren winzige Flickstellen zu sehen. Ein Moskitonetz. Nun, offenbar hatte es seinen Zweck nicht ganz erfüllt.
    Unter dem Netz war es stickig; je länger Isabel das feine Gewebe anstarrte, desto schlechter bekam sie Luft. Und ihr war schrecklich warm. Sie schlug das Laken, das ihren Körper bedeckte, nach unten. Obwohl sie nur ein leichtes Nachthemd trug, war sie nassgeschwitzt. Sie blickte an sich hinab. Was hatte sie da überhaupt an? Das war keines ihrer Nachthemden. Es war aus cremefarbener Seide, mit einem zarten Spitzenbesatz am Ausschnitt und an den Handgelenken, und es spannte ein wenig an den Schultern.
    Wer immer ihr dieses Nachthemd angezogen hatte, schoss es ihr plötzlich siedendheiß durch den Kopf, hatte sie auch ausgezogen. Und sie unbekleidet gesehen. Trotz des langärmeligen Hemdes kam sie sich nackt vor.
    Erst dann kehrte die Erinnerung zurück. Die Ankunft in Finschhafen. Die vielen fremden Eindrücke. Conrad! Schlagartig fiel ihr wieder die furchtbare Nachricht ein, die Bruder Lorenz ihr überbracht hatte.
    Und wo war sie hier überhaupt? Sie gab ein leises, erschöpftes Schluchzen von sich und drehte den Kopf. War sie allein?
    »Ist da jemand?«, fragte sie zaghaft.
    Hinter dem zeltartigen Moskitonetz erhob sich ein Schatten.
    »Yu na slip?« , hörte sie eine tiefe Frauenstimme fragen. Dann hoben zwei dunkle Hände das Netz an, und ein braunes, fülliges Gesicht erschien und begann, auf sie einzureden.
    Erschrocken zog Isabel die Decke wieder über sich. Die schwarze Frau hievte ihren gewaltigen Körper nun ganz unter das Moskitozelt und zog das baumwollene Netz hinter sich wieder zu. Isabel konnte zunächst kaum etwas von ihrem Wortschwall verstehen, doch dann glaubte sie einzelne Wörter zu erkennen, die vage an Englisch erinnerten.
    »Do you speak English?« , fragte sie hoffnungsvoll. »Oder … vielleicht sogar Deutsch? Wo bin ich hier? Bitte … verstehen Sie mich?«
    Die Frau sah sie ruhig an, dann nickte sie. »Wetim, misis. Lukluk misis.« Damit verschwand sie.
    Hatte sie das richtig verstanden? Wollte die Frau jemanden holen? Vorsichtig setzte Isabel sich im Bett auf und zog
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