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Im Herzen der Koralleninsel: Ein Südseeroman (German Edition)

Im Herzen der Koralleninsel: Ein Südseeroman (German Edition)

Titel: Im Herzen der Koralleninsel: Ein Südseeroman (German Edition)
Autoren: Inez Corbi
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geschehen war? »Ist er tot?«, brachte sie kaum hörbar über die Lippen.
    Dr. Weinland bejahte. »Er ist gestern gestorben. Aber in seinen letzten klaren Momenten war es ihm offenbar ein Bedürfnis, seine Seele zu erleichtern. Er hat zugegeben, seinen Kompagnon umgebracht zu haben.«
    »Der Herr sei gepriesen!«, stieß Bruder Lorenz aus.
    »O Gott …« Sie konnte nur noch flüstern. Das hieß … Noah hatte den Mord tatsächlich nicht begangen! Er war unschuldig!
    »Aber was … wieso hat Gründler es getan?« Bruder Lorenz wirkte verwirrt.
    »Um zu verhindern, dass sein Betrug aufflog, wenn ich es richtig verstanden habe«, sagte Dr. Weinland. »Er hatte wohl so einiges auf dem Kerbholz. Unter anderem wurde er wegen Scheckbetrugs, Urkundenfälschung und Raub gesucht.«
    Isabel war schwindelig vor Erleichterung. »Was ist mit Noah? Wie … wie geht es ihm? Was passiert jetzt mit ihm? Wird er freigelassen?«
    Dr. Weinland hob die Schultern. »Freigelassen? Nein, das glaube ich nicht. Ich vermute, er wird sich noch wegen Ihrer Entführung verantworten müssen. Aber so leid es mir tut, jetzt muss ich mich wirklich verabschieden …«
    Sie erhob sich. »Würden Sie mich mitnehmen? Ich muss dringend mit Herrn von Faber reden.«
     

24.
    Noahs nackte Zehen fanden kaum Halt auf dem winzigen Mauervorsprung, während er sich mit beiden Händen an den Gitterstäben festhielt, um einen Blick durch das Zellenfenster zu werfen. Er sah nicht mehr als einen wolkenlosen Himmel, ein paar wogende Palmkronen und einen verlassenen Hof, der als Exerzierplatz für die Polizeisoldaten von Finschhafen genutzt wurde.
    Er stieß sich von der Wand ab und sprang hinunter auf den Boden. Hatten sie ihn hier vergessen? Nicht, dass er unbedingt wild darauf wäre, einen weiteren Vertreter der deutschen Justiz zu sehen, aber allmählich wurde es ungemütlich. Heute Morgen war nicht wie sonst ein Polizeisoldat gekommen, um ihm Brot und Tee zu bringen, und die Flasche Wasser, die man ihm gestern zugeteilt hatte, war auch schon lange geleert. Der Soldat hatte ihm erzählt, unter der Finschhafener Bevölkerung sei es zu mehreren schweren Krankheitsfällen gekommen. Hing es damit zusammen, dass man ihn hier ignorierte? Er hatte Durst, verdammt noch mal! Wenigstens etwas zu trinken brauchte er! Er hatte mehrmals versucht, durch Rufen auf sich aufmerksam zu machen, aber niemand hatte darauf reagiert.
    Vor der Tür waren Geräusche zu vernehmen. Na endlich! Er wartete darauf, dass sich die Klappe in der schweren Zellentür öffnete und man ihm etwas hineinreichte. Stattdessen hörte er, dass jemand einen Schlüssel in die Tür steckte und aufschloss. Sechs einheimische Polizeisoldaten mit rotem Lendentuch und Schirmmütze betraten seine Zelle, jeder von ihnen mit einem Seitengewehr bewaffnet. Hinter ihnen drängte sich zu Noahs Überraschung auch noch der einarmige Stationsleiter Berthold von Faber, verschwitzt wie stets. In seiner Hand hielt er einen Revolver.
    Noah blieb an der Wand stehen. Diese Männer waren sicher nicht hier, um ihm etwas zu essen zu bringen.
    »Was soll das?«, fragte er misstrauisch.
    Obwohl alle Polizeisoldaten Deutsch verstanden und er die Frage auch auf Tok Pisin wiederholte, hielt niemand es für nötig, ihm zu antworten.
    »Nicht vorne!«, sagte von Faber, als einer der Männer vortrat, um Noah Handschellen anzulegen. »Auf dem Rücken!« Offenbar hatte er aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt.
    Ein ungutes Gefühl machte sich in Noahs Magen breit. »Werde ich jetzt dem Richter vorgeführt?«
    »Der Richter ist gestorben«, sagte von Faber und nickte den Männern zu. »Abführen!«
    Mit jeweils drei Soldaten vor und hinter ihm brachte man Noah aus der Zelle hinaus ins Freie und brachte ihn hinter das Gebäude.
    »Stehen bleiben!«
    Sie waren auf dem staubigen Exerzierplatz angekommen. Hinter Noah erhob sich die Wand des Gefängnisses, über sich konnte er vergitterte Fenster ausmachen. Aus einem davon hatte er gerade noch hinausgeschaut.
    Bevor er wusste, wie ihm geschah, hatte einer der Polizisten ihm ein Tuch um die Augen gebunden. Sein Herz begann, laut zu pochen.
    »Was haben Sie vor?«
    »Finschhafen wird evakuiert. Und nachdem niemand mehr hier ist außer mir, der das Gesetz vertritt, bleibt mir keine andere Wahl, als dich erschießen zu lassen.«
    »Was?« Noahs Herz setzte einen Schlag aus, bevor es loshämmerte. Mühsam würgte er den Klumpen Angst in seiner Kehle hinunter, sein Mund war staubtrocken. »Das …
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